Gesamtzahl der Seitenaufrufe

Dienstag, 21. Juli 2015

Rückwirkungsverbot und Handlungsspielraum des Gesetzgebers 1. Den Inhalt geltenden Rechts kann der Gesetzgeber mit Wirkung für die Vergangenheit nur in den verfassungsrechtlichen Grenzen für eine rückwirkende Rechtsetzung feststellen oder klarstellend präzisieren. 2. Eine nachträgliche, klärende Feststellung des geltenden Rechts durch den Gesetzgeber ist grundsätzlich als konstitutiv rückwirkende Regelung anzusehen, wenn dadurch eine in der Fachgerichtsbarkeit offene Auslegungsfrage entschieden oder eine davon abweichende Auslegung ausgeschlossen werden soll

Entscheidungsanmerkung Rückwirkungsverbot und Handlungsspielraum des Gesetzgebers 1. Den Inhalt geltenden Rechts kann der Gesetzgeber mit Wirkung für die Vergangenheit nur in den verfassungsrechtlichen Grenzen für eine rückwirkende Rechtsetzung feststellen oder klarstellend präzisieren. 2. Eine nachträgliche, klärende Feststellung des geltenden Rechts durch den Gesetzgeber ist grundsätzlich als konstitutiv rückwirkende Regelung anzusehen, wenn dadurch eine in der Fachgerichtsbarkeit offene Auslegungsfrage entschieden oder eine davon abweichende Auslegung ausgeschlossen werden soll (Amtliche Leitsätze). GG Art. 20 Abs. 2 und 3, Art. 100 Abs. 1 KAAG §§ 43 Abs. 18, 40a Abs. 1 KStG § 8b Abs. 3 a.F. BVerfG, Beschl. v. 17.12.2013 – 1 BvL 5/081 I. Problemstellung 1. Zum Fall Das Bundesverfassungsgericht hat mit der vorliegenden Entscheidung die Dogmatik des Rückwirkungsverbots um eine neue Konstellation erweitert. Auf eine Vorlage des Finanzgerichts Münster nach Art. 100 GG (konkrete Normenkontrolle) erklärt der Erste Senat eine steuerrechtliche Vorschrift für verfassungswidrig und nichtig. Mit der nun verworfenen Bestimmung hatte der Bundesgesetzgeber die Anwendung allgemeiner Regelungen des Körperschaftssteuerrechts für Kapitalanlagegesellschaften sicherstellen wollen. Steuerrechtlich ging es dabei um den Ausschluss von Abschreibungen als Abzugsposten im Rahmen der Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens, verfassungsrechtlich um die Frage, ob eine als „Klarstellung“ ausgewiesene gesetzliche Regelung auch auf vergangene Sachverhalte angewendet werden kann. Der Senat bestimmt mit seinem Beschluss, der mit 5:3 Stimmen ergangen ist, das Verhältnis zwischen Gesetzgeber und (Fach-)Rechtsprechung neu: Die Veränderung einer gesetzlichen Regelung gilt nun auch für den Fall einer „Klarstellung“ grundsätzlich als konstitutiv. Wenn sie auf vergangene Sachverhalte Anwendung finden soll, unterliegt sie damit den hohen Anforderungen, die das Rückwirkungsverbot stellt; ein konkreter Vertrauenstatbestand des betroffenen Bürgers ist dafür nicht erforderlich. Im Ergebnis wird die Deutung geltenden Rechts in einer Art zeitlich-räumlichen Trennung alleine der Gerichtsbarkeit vorbehalten. Gegen diese formale Zuordnung der Aufgaben von Judikative und Legislative wendet sich das Sondervotum des RiBVerfG Masing. Er weist auf die subjektiv-rechtliche 1 Entscheidung abrufbar unter: http://www.bverfg.de/entscheidungen/ls20131217_1bvl0005 08.html.

 http://www.zjs-online.com/dat/artikel/2014_3_812.pdf

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen