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Sonntag, 26. Oktober 2014

als Diskussionsmaterial nochmals das obsiegende Urteil des OLG Frankfurt vs Solarworld........

4 U 97/14
2 18 O 429/13
Landgericht Frankfurt am Main
Verkündet am 17.9.2014
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit
%
hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main
durch die Richter am Oberlandesgericht % und % ,
und die Richterin am Landgericht %
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17.09.2014
für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt
am Main – 18. Zivilkammer – vom 25.04.2014 teilweise abgeändert und
insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 50.000, nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem
22.08.2013 abzüglich am 05.03.2014 gezahlter EUR 2.892, und am
12.03.2014 gezahlter EUR 641,46 zu zahlen gegen Aushändigung von:
48 Bonds 5.2285 % X AG %, Valor ..., ISIN: A und
365 Aktien X AG, Valor ..., ISIN: B.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung
durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des aus dem Urteil voll
streckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstre
ckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollsteckenden Betrages leis
tet.
Streitwert für das Berufungsverfahren: EUR 46.466,54
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt im Wege der Teilklage von der Beklagten Rückzahlung eines
Teils des Nennbetrages von seitens der Beklagten ausgegebenen Anleihen in der
Form einer Schuldverschreibung (Schuldverschreibung 2011/2016) sowie Rechtsan
waltskosten, nachdem sie die Anleihen gekündigt hat. Die Klägerin erwarb die streit
gegenständlichen Schuldverschreibungen im Nennwert von EUR 202.000, nach Be
kanntwerden der Notwendigkeit von Restrukturierungsmaßnahmen zu Beginn des
Jahres 2013 zum damaligen Marktpreis in Höhe von 22 % des Nennwertes. Die Par
teien streiten um die Wirksamkeit der Kündigungen. Unstreitig ist die aufgrund Mehr
heitsbeschluss vom 05.08.2013 beschlossene Umsetzung des Sanierungskonzepts
mittlerweile durch Vollzug erfolgt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach und Streitstandes wird gemäß § 540
Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils des
Landgerichts Frankfurt am Main, die keiner Änderung oder Ergänzung bedürfen, Be
zug genommen.
Das Landgericht Frankfurt am Main hat die Klage abgewiesen und ausgeführt, die
Klägerin habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung des Kapitals,
da sie das Vertragsverhältnis nicht wirksam außerordentlich gekündigt habe.
Zu keinem Zeitpunkt habe der Klägerin ein Kündigungsrecht aus § 9 Abs. 1 a der
Anleihebedingungen zugestanden, da die Beklagte die zum 13. bzw. 15.07.2013 fäl
ligen Zinsforderungen rechtzeitig erfüllt habe. Die Zinszahlung sei auch nicht wegen
Anrechnung auf die Tilgung der neuen Anleihen unbeachtlich, da eine solche An
rechnung erst nach wirksamem Vollzug der Umschuldung habe erfolgen können.
Auch eine Kündigung nach § 9 Abs. 1 d der Anleihebedingungen komme nicht in Be
tracht, da weder eine Zahlungseinstellung noch Bekanntgabe der Zahlungsunfähig
keit seitens der Beklagten vorgelegen habe. Die Beklagte habe lediglich Prognosen
mitgeteilt, was für die Annahme der Zahlungsunfähigkeit nicht ausreiche. Auch eine
faktische Zahlungseinstellung habe nicht vorgelegen, wie die erfolgte Zinszahlung
am 09.08.2013 gezeigt habe.
Der Klägerin habe auch kein Kündigungsrecht aus § 9 Abs. 1 e der Anleihebedin
gungen zugestanden. Hierfür hätte die Beklagte eine allgemeine Schuldenregelung
zugunsten ihrer Gläubiger anbieten müssen. Dies sei nicht der Fall gewesen, da die
Restrukturierung sich nur auf Finanzverbindlichkeiten bezogen habe. Es hätten aber
sämtliche Gläubiger einbezogen werden müssen. Bei dem Angebot der Beklagten
zur Umstrukturierung habe es sich zudem gerade nicht um ein erforderliches
Zwangsverfahren gehandelt.
Die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders sei auf die
vorliegenden Anleihebedingungen nicht anwendbar, da die Emittentin durch Nachbil
dung der §§ 5 ff. SchVG durch die §§ 11 ff. der Anleihebedingungen von den Mög
lichkeiten des SchVG Gebrauch gemacht habe und kein Raum mehr für eine AGB
rechtliche Kontrolle bleibe. Es sei mit dem Sinn und Zweck des SchVG nicht verein
bar, wenn durch eine AGB rechtliche Kontrolle die Regelungen des SchVG unterlau
fen werden könnten. Auch bei Anwendbarkeit der AGB rechtlichen Vorschriften er
gebe sich zudem kein anderes Ergebnis, da unter Ausschöpfung der Auslegungsme
thoden ein eindeutiges Auslegungsergebnis zu erzielen sei.
Ein Kündigungsrecht nach §§ 314, 490 BGB scheide aus, da diese Bestimmungen
auf die streitgegenständlichen Anleihen nicht anwendbar seien. Zudem handele es
sich bei Inhaberschuldverschreibungen nicht um Dauerschuldverhältnisse. Es beste
he auch kein vergleichbares Bedürfnis, sich aus wichtigem Grund vom Vertrag lösen
zu können. Denn dem Inhaber stehe es frei, seine Schuldverschreibung an der Börse
zum Marktpreis zu veräußern. So habe auch die Klägerin die streitgegenständlichen
Anleihen zum Marktpreis von 22 % des Nennwertes erworben, wobei in den Markt
preis die Verschlechterung der Vermögenslage eingerechnet gewesen sei.
Da ein Kündigungsrecht der Klägerin nicht bestanden habe, könne dahinstehen, ob
die Ausübung eines derartigen Rechts gegen Treu und Glauben verstoße.
II.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihr Kla
geziel weiterverfolgt, gegebenenfalls gegen Ausbuchung oder Zug um Zug gegen
Übertragung von Anleihen, und hilfsweise Aufhebung und Zurückverweisung bean
tragt. Sie rügt Verletzung materiellen Rechts.
Die Klägerin ist der Auffassung, sie habe wirksam außerordentlich gekündigt, wobei
ihr Kündigungsrecht aus § 9 Abs. 1 a, d und e der Anleihebedingungen sowie aus §§
314, 490 BGB folge.
Ihr habe ein Kündigungsrecht aus § 9 Abs. 1 a der Anleihebedingungen zugestan
den. Das Vorgehen der Beklagten stelle sich so dar, dass formal pünktliche Zinszah
lungen fingiert worden, tatsächlich aber Zahlungen auf die neue gesicherte Anleihe
erfolgt seien. Durch diese Vorgehensweise werde das Kündigungsrecht ausgehöhlt,
was dem Grundsatz von Treu und Glauben widerspreche.
Auch nach § 9 Abs. 1 d der Anleihebedingungen sei die Kündigung wirksam (Be
kanntgabe der Zahlungsunfähigkeit der Emittentin oder Zahlungseinstellung). Die
Beklagte habe in den ad hoc Meldungen bekannt gegeben, nur für den Fall des
Schuldenschnitts zahlungsfähig zu bleiben. Durch die Mitteilung, dass ansonsten
Insolvenz eintrete, habe die Beklagte selbst ausdrücklich kundgetan, Zahlungen oh
ne die entsprechenden Beschlussfassungen nicht leisten zu können. Dies sei nicht
lediglich eine Prognose, vielmehr seien die Folgen eines ablehnenden Beschlusses
konkret dargelegt worden. Daher sei die Beklagte im Kündigungszeitpunkt nach ei
genen Angaben zahlungsunfähig gewesen.
Zudem habe auch der Kündigungsgrund des § 9 Abs. 1 e der Anleihebedingungen
bestanden. Die Beklagte habe eine allgemeine Schuldenregelung zugunsten ihrer
Gläubiger angeboten. Der Begriff der allgemeinen Schuldenregelung sei unbestimmt
und auszulegen. Zweifel an der Auslegung gingen nach § 305c Abs. 2 BGB zulasten
des Verwenders. Zudem seien nicht nur die Anleihegläubiger, sondern alle Gläubi
ger, die Finanzmittel zur Verfügung gestellt hätten, einbezogen worden. Aus dem
Regelungszusammenhang der Bestimmung ergebe sich nicht, dass die Einleitung
eines staatlichen Zwangsverfahrens Voraussetzung für das Kündigungsrecht sei.
Dies folge insbesondere nicht aus der Überschrift „Insolvenz u.ä.“.
Der Klägerin stehe auch ein Kündigungsrecht nach §§ 314, 490 BGB zu. Die vertrag
lich vereinbarten Kündigungsmöglichkeiten schlössen das Recht zur außerordentli
chen Kündigung nach §§ 314, 490 BGB nicht wirksam aus. Es handele sich um
zwingendes Recht.
Der Klägerin könne kein Verstoß gegen ihre Treuepflicht nach § 242 BGB vorgewor
fen werden. Sie erlange keinen unzulässigen Sondervorteil, sondern mache lediglich
von ihren Rechten Gebrauch, die allen anderen Anleihegläubigern ebenso zugestan
den hätten. Es bestehe auch keine Treue oder Sanierungspflicht der Anleihegläubi
ger, da die Klägerin lediglich Fremdkapitalgeberin sei. Auch der Kaufzeitpunkt der
Anleihen sei für das Kündigungsrecht unerheblich.
Sofern der Zahlungsanspruch der Klägerin nur gegen Ausbuchung oder Zug um Zug
gegen Übertragung der Wertpapiere bestehe, betreffe dies im Hinblick auf die Teil
klage die in der Berufungsbegründung genannten Bonds und Aktien.
Vorsorglich beantragt die Klägerin die Zulassung der Revision.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
Die Klägerin sei nicht mehr aktivlegitimiert, da sie nicht mehr Inhaberin der streitge
genständlichen nicht mehr existenten Schuldverschreibungen sei. Die Klage sei
damit unbegründet geworden. Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin aus §§ 280,
283, 287 BGB bestehe nicht.
Zudem seien die von der Klägerin erklärten Kündigungen mangels Kündigungsgrun
des unwirksam. Ein Kündigungsrecht folge weder aus den Anleihebedingungen noch
den allgemeinen Vorschriften der §§ 314, 490 BGB.
Selbst wenn ein Kündigungsrecht der Klägerin bestanden haben sollte, wäre die Be
rufung hierauf treuwidrig. Die Klägerin habe erst nach Bekanntwerden des Restruktu
rierungsbedarfs der Beklagten im Januar 2013 die Anleihen zu einem Bruchteil des
Nennwerts eingekauft, um sie unmittelbar zu kündigen und Rückzahlung zum Nenn
wert zu verlangen. Sollten vor diesem Hintergrund aufgrund von Restrukturierungs
maßnahmen Kündigungsrechte bejaht werden, widerspreche dies der Intention des
SchVG, eine finanzielle Restrukturierung zu ermöglichen. Insofern scheide eine Be
rufung auf sämtliche Kündigungsrechte aus, sobald der Emittent eine notwendige
finanzielle Restrukturierung bekannt gebe.
Mit Schriftsatz vom 10.09.2014 trägt die Beklagte vor, die Kündigungserklärung vom
18.07.2013 sei wegen formeller Mängel unwirksam, da ihr nicht iSd § 9 Abs. 2 der
Anleihebedingungen der entsprechende Nachweis der Inhaberschaft der betreffen
den Schuldverschreibungen beigefügt gewesen sei. Dieser werde auch nicht
dadurch ersetzt, dass ein solcher unstreitig der Kündigungserklärung vom
31.05.2013 beigefügt gewesen sei, da auf eine Inhaberschaft noch ca. sieben Wo
chen später nicht geschlossen werden könne. Zudem vertritt die Beklagte die Auffas
sung, die Kündigung vom 18.07.2013 sei nicht ausreichend begründet worden. Ein
bloßer Verweis auf § 9 Abs. 1 e der Anleihebedingungen reiche nicht aus, da er nicht
erkennen lasse, dass die Klägerin nunmehr auf das in der Einladung zur Gläubiger
versammlung übermittelte Angebot als Kündigungsgrund abstelle.
Auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze wird Bezug genommen.
III.
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache in dem aus dem Tenor ersicht
lichen Umfang Erfolg, im Übrigen ist sie unbegründet.
Aufgrund der wirksamen außerordentlichen Kündigung der Anleihen nach § 9 Abs. 1
e der Anleihebedingungen mit Schreiben vom 18.07.2013 steht der Klägerin der be
gehrte Zahlungsanspruch nach § 9 Abs. 1 der Anleihebedingungen zu, dies aber nur
gegen Aushändigung der aus dem Tenor ersichtlichen Wertpapiere.
1)
Die Klägerin hat jeweils Kündigungen mit Schreiben vom 31.05., 18.07. 08.08. sowie
13.08.2013 ausgesprochen (Bl. 81 ff., 87 ff., 89 ff., 94 ff. d.A.).
Soweit diese Kündigungen ihre Schwerpunkte teilweise in verschiedenen angegebe
nen Kündigungsgründen haben, spielt dies für die Wirksamkeit der Kündigungen kei
ne Rolle. Denn bei einer außerordentlichen Kündigung muss lediglich der Wille zur
sofortigen Beendigung des Vertragsverhältnisses eindeutig erkennbar sein, wobei
grundsätzlich auch Kündigungsgründe nachgeschoben werden können, wenn sie zur
Zeit der Kündigung schon vorgelegen haben, ohne dass es darauf ankommt, ob sie
dem Kündigenden damals unbekannt oder bekannt gewesen sind. Ferner dürfen
diese Kündigungsgründe nicht ausgeschlossen sein und müssen objektiv zur Zeit der
Kündigung diese rechtfertigen (Palandt Weidenkaff, BGB, 73.A., Vorb. § 620 Rz. 32,
36). Dies ist jedenfalls hinsichtlich der auf § 9 Abs. 1 e der Anleihebedingungen ge
stützten Kündigung vom 18.07.2013 der Fall.
Die Klägerin bezieht sich in der Kündigung vom 31.05.2013 auf ein Kündigungsrecht
nach § 9 Abs. 1 d und e der Anleihebedingungen sowie nach §§ 314, 490 BGB; dies
gleichermaßen in der Kündigung vom 18.07.2013; in der Kündigung vom 08.08.2013
bezieht sie sich zudem auf ein Kündigungsrecht nach § 9 Abs. 1 a der Anleihebedin
gungen; auch die Kündigung vom 13.08.2013 ist auf ein Kündigungsrecht nach § 9
Abs. 1 a der Anleihebedingungen gestützt. Soweit in der hier maßgeblichen Kündi
gung vom 18.07.2013 lediglich ein Verweis auf § 9 Abs. 1 e der Anleihebedingungen
ohne ausdrückliche Benennung des in Bezug genommenen Beschlussentwurfs für
die Gläubigerversammlung als Angebot einer allgemeinen Schuldenregelung zu
gunsten der Gläubiger erfolgt, ist dies ausreichend.
2)
Die mit Schreiben vom 31.05.2013 erklärte Kündigung ist mangels Kündigungsgrun
des unwirksam; die mit Schreiben vom 18.07.2013 erklärte Kündigung ist nach § 9
Abs. 1 e der Anleihebedingungen wirksam, sodass es auf die mit späteren Schreiben
vom 08.08.2013 und vom 13.08.2013 erklärten Kündigungen nicht mehr ankommt.
a)
Für die mit Schreiben vom 31.05.2013 von der Klägerin erklärte Kündigung fehlt es
an einem Kündigungsgrund.
aa)
Ein Kündigungsrecht der Klägerin nach § 9 Abs. 1 d der Anleihebedingungen wegen
Zahlungseinstellung (Bekanntgabe der Zahlungsunfähigkeit oder allgemeine Einstel
lung ihrer Zahlungen) im Sinne des § 9 Abs. 1 d der Anleihebedingungen bestand
nicht.
Eine Bekanntgabe bestehender Zahlungsunfähigkeit seitens der Beklagten ist nicht
erfolgt, die ad hoc Meldungen hatten vielmehr allein zum Inhalt, dass eine Zahlungs
fähigkeit nur durch den geplanten Schuldenschnitt erhalten bleiben könne. Aus die
ser Mitteilung folgt vielmehr gerade, dass im Mitteilungszeitpunkt Zahlungsfähigkeit
noch vorhanden war, diese lediglich ohne die geplanten Umstrukturierungsmaßnah
men gefährdet sei. In der demgegenüber weiten Auslegung der Bestimmung des § 9
Abs. 1 d der Anleihebedingungen durch die Klägerin (Bestehen eines Kündigungs
grundes bereits bei absehbarer Zahlungsunfähigkeit ohne Restrukturierung) wäre
das Bestehen eines Kündigungsgrundes zum einen zeitlich und inhaltlich nicht unbe
trächtlich vorverlagert und letztlich rechtlich nicht greifbar und damit unbestimmt; zum
anderen folgt eine gebotene engere Auslegung des Begriffes der Zahlungsunfähig
keit bereits aus der Überschrift des § 9 Abs. 1 d der Anleihebedingungen „Zahlungs
einstellung“: Dieser Begriff mit der anschließenden Erläuterung bezieht sich nicht auf
eine Prognoseentscheidung der Beklagten, sondern auf die faktische Einstellung von
Zahlungen bzw. die Bekanntgabe hiervon. Vorliegend stand aufgrund der ad hoc
Meldungen lediglich fest, dass ohne die geplante Umstrukturierung ein solcher Zu
stand eintreten werde. Tatsächlich ist eine Zahlungsunfähigkeit der Beklagten auch
nicht eingetreten (weil die Umstrukturierung seitens der Gläubigerversammlung am
05.08.2013 beschlossen wurde), was auch durch die Zinszahlung an die Clearing
stelle am 09.08.2013 belegt wird. Letztlich bestand daher nur ein Zahlungsengpass
der Beklagten, bei dem diese auf eine bestimmte dann auch durchgeführte
sung durch Umstrukturierung angewiesen war. Eine solche Konstellation ist aber
noch nicht als Zahlungseinstellung i.S. des § 9 Abs. 1 d der Anleihebedingungen ein
zuordnen.
bb)
Aus § 9 Abs. 1 e der Anleihebedingungen ergibt sich für den bloßen Tatbestand ei
ner Vermögensverschlechterung des Schuldners und/oder der Gefährdung des Leis
tungsanspruchs des Anleihegläubigers kein Kündigungsrecht.
Voraussetzung ist nämlich neben der hier nicht gegebenen Einleitung eines Insol
venzverfahrens, dass „die Emittentin % eine allgemeine Schuldenregelung zuguns
ten ihrer Gläubiger anbietet oder trifft“. In der bloßen Ankündigung, ein Verfahren
nach den §§ 4 ff. SchVG durchführen zu wollen, liegt noch kein solches „Angebot“ im
Sinne der Anleihebedingungen. Es fehlt zunächst an einer ausreichenden inhaltli
chen Festlegung, denn die Ad Hoc Mitteilungen vom April und Mai 2013 enthalten
noch keine konkreten Angaben, in welcher Weise eine Änderung der Anleihebedin
gungen von der Beklagten beabsichtigt ist. Es handelte sich zudem noch nicht um
ein annahmefähiges Angebot, sondern nur um die allgemeine Bekanntgabe, dass
wesentliche Beschlüsse hinsichtlich einer finanziellen Restrukturierung der Emitten
tin durch die Hauptversammlung der Gesellschaft und die Gläubiger der von der
Emittentin ausgegebenen Anleihen im August 2013 geplant seien.
cc)
Eine Kündigung auf der Grundlage von § 314 BGB für den konkreten Fall der Ver
mögensverschlechterung der Beklagten und der darauf beruhenden Gefährdung des
Leistungsanspruchs ist durch § 9 Abs. 1 e der Anleihebedingungen wirksam ausge
schlossen worden.
(1)
Zwar stellt der Kerngehalt von § 314 BGB zwingendes Recht dar und kann nicht voll
ständig ausgeschlossen, sondern nur beschränkt werden (Erman Böttger, BGB,
14.A., § 314 Rz 3; Palandt Grüneberg, BGB, 73.A., § 314 Rz. 3; BGH, Urteil vom
08.02.2012, Az. XII ZR 42/10, juris Rz. 27), dies auch aufgrund des Ausflusses des
Rechts zur Kündigung aus wichtigem Grund aus dem Grundsatz von Treu und Glau
ben. Allerdings ist es zulässig, einzelne Umstände und bestimmte Gründe als zur
außerordentlichen Kündigung berechtigenden wichtigen Grund auszuschließen
(MüKo Gaier, BGB, 6.A., § 314 Rz 4). Dies gilt etwa für Vereinbarungen über die Er
schwerung des Kündigungsrechts, die die Parteien zur Verteilung bestimmter Risiken
getroffen haben. Solch ein Verzicht, der allein bestimmte Gründe für das Kündi
gungsrecht betrifft, ist zulässig (vgl. auch Maier Reimer in: Baums/Cahn, Die Reform
des Schuldverschreibungsrechts, 2004, S. 140 f.).
Ein solcher begrenzter Ausschluss ist grundsätzlich auch durch Allgemeine Ge
schäftsbedingungen und nicht allein durch Individualvereinbarung möglich. Insofern
ist ein Ausschluss nur dann unwirksam, wenn die konkrete Einschränkung des Kün
digungsrechts unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB ist (vgl. BGH NJW
2012, 1431; BGH NJW 1986, 3134). Zwar sind die Einschränkungen des Kündi
gungsrechts vorliegend nicht im Wege von Allgemeinen Geschäftsbedingungen,
sondern spezifisch in den Anleihebedingungen der Schuldverschreibung erfolgt (zu
dem in § 2 S. 1 SchVG legal definierten Begriff und der Rechtsnatur von Anleihebe
dingungen siehe Friedl/Hartwig Jacob, SchVG, § 2 Rz. 14 ff.). Allerdings stellen auch
Anleihebedingungen, weil sie das Rechtsverhältnis zwischen den Emittenten als
Schuldnern und den Inhabern der Schuldverschreibung als Gläubigern regeln, All
gemeine Geschäftsbedingungen dar und unterliegen einer nach dem Maßstab des
SchVG modifizierten Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB (BGH, Urteil vom
30.06.2009, Az. XI ZR 364/08, juris Rz. 23; R. Müller, in: Baums/Wittig, Bank und
Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., Rz. 15.340 m.w.Nw.). Sie können jedoch abweichend von
§ 305 Abs. 2 BGB in vereinfachter Form durch allgemeine Veröffentlichung nach ka
pitalmarktrechtlichen Vorschriften in das Vertragsverhältnis einbezogen werden
(BGH NJW 2005, 2917); eine Einbeziehung ist hier unstreitig erfolgt.
(2)
Eine nach der Wertung des § 307 BGB unangemessene Benachteiligung der Gläu
biger nach den Geboten von Treu und Glauben besteht vorliegend nicht.
Die Anleihebedingungen sehen in § 9 Abs. 1 d f Regelungen zur außerordentlichen
Kündigung seitens der Anleihegläubiger im Falle der Verschlechterung der wirt
schaftlichen Lage der Beklagten vor. Diese Regelungen in § 9 Abs. 1 d f der Anlei
hebedingungen enthalten den konkludenten Ausschluss einer Kündigung der Anlei
he, die daran anknüpft, dass eine Insolvenz der Emittentin eingetreten ist oder droht
und deshalb der Leistungsanspruch des Anleihegläubigers gefährdet ist. Die Rege
lungen sind dahin auszulegen, dass im Fall eines Eintritts solcher Umstände ein
Gläubiger die Anleihen erst dann kündigen können soll, wenn einer der dort genann
ten weiteren Tatbestände eintritt, nämlich Zahlungseinstellung, Insolvenz u.ä. oder
Liquidation. Die Überschrift „Insolvenz u.ä.“ zeigt, dass mit dieser Bestimmung die
Rechte der Gläubiger im Fall einer den Zahlungsanspruch gefährdenden Vermö
gensverschlechterung geregelt werden sollen. Es handelt sich ersichtlich um eine
abschließende Regelung des Kündigungsrechts für diesen Fall. Denn in der Aufzäh
lung bestimmter ein gerichtliches oder außergerichtliches Verfahren einleitender Tat
bestände kommt erkennbar der Wille zu einer abschließenden Regelung zum Aus
druck, nämlich, dass die gefährdende Vermögensverschlechterung als solche noch
nicht zu einer Kündigung berechtigen soll.
Diese sich aus insbesondere aus § 9 Abs. 1 e ergebende Beschränkung des Kündi
gungsrechts für den Fall der Insolvenz der Beklagten oder der den Zahlungsan
spruch gefährdenden Vermögensverschlechterung verstößt nicht gegen § 307 Abs. 1
BGB.
Dass der Anleihegläubiger bei objektiv eingetretener oder drohender Insolvenz der
Emittentin noch nicht kündigen darf, sondern erst die Einleitung bestimmter Verfah
ren abwarten muss, stellt keine unangemessene Benachteiligung dar.
Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Zeichner einer Unternehmensanlei
he, mit der keine besonderen Sicherungsrechte verbunden sind, von Anfang an das
Bonitätsrisiko des Unternehmens trägt. Dieses Risiko und die Laufzeit bestimmen
wesentlich die Zinshöhe von Anleihen. Ein Recht auf Rückgängigmachung der mit
der Anleihe verbundenen Anlage wegen nachträglich eingetretener Vermögensver
schlechterung des Emittenten wäre zudem mit der Unsicherheit belastet, ab welchem
Grad der Verschlechterung bereits ein Recht zur Rückgabe entstehen soll. Eine sol
che Unsicherheit wäre mit dem Rechtscharakter der Schuldverschreibung als ver
brieftem und an der Börse handelbarem Wertpapier nicht vereinbar. Hinzu kommt,
dass der Handelspreis bei der Weiterveräußerung der Schuldverschreibungen we
sentlich von der Einschätzung des Marktes über die aktuelle Bonität der Emittenin
bestimmt wird. Dieses System handelbarer Anleihen würde gestört, wenn ein Anlei
hegläubiger seine Anleihe bei jeder seinen Leistungsanspruch (scheinbar) gefähr
denden Vermögensverschlechterung kündigen und sofortige Zahlung verlangen
könnte.
Es ist deshalb sach und interessegerecht, ein Kündigungsrecht erst zu gewähren,
wenn ein formelles Verfahren wegen Insolvenz oder drohender Zahlungsunfähigkeit
von der Emittentin selbst oder Dritten eingeleitet wird. Damit ist das Kündigungsrecht
aus § 314 Abs. 1 BGB durch die getroffenen Regelungen in § 9 Abs. 1 d f der Anlei
hebedingungen und die dort enthaltene enumerative Aufzählung bestimmter Kündi
gungsgründe, die teilweise auch außerordentlichen Charakter haben, von den Par
teien konkludent vertraglich ausgeschlossen worden.
dd)
Die Klägerin war auch nicht wegen Verschlechterung der Vermögensverhältnisse
nach § 490 Abs. 1 BGB zur Kündigung berechtigt.
Dabei kann im Ergebnis dahingestellt bleiben, ob dieser Kündigungsgrund auf Inha
berschuldverschreibungen anwendbar ist. An der Anwendbarkeit bestehen trotz des
wirtschaftlichen Charakters der Inhaberschuldverschreibung als Darlehen Zweifel,
weil der Gesetzgeber sich im Interesse der Verkehrsfähigkeit von Inhaberschuldver
schreibungen bewusst dafür entschieden hat, diese in den §§ 793 ff. BGB getrennt
von den §§ 488 ff. BGB zu regeln. Inhaberschuldverschreibungen sind verkehrsfähi
ge als Wertpapiere verbriefte Darlehen von Emittenten, die am Kapitalmarkt Fremd
kapital aufnehmen und hierbei zu einer Vielzahl von Gläubigern in inhaltlich gleiche
Rechtsbeziehungen treten. Insofern sieht das BGB als Spezialregelungen die §§ 793
ff. BGB und die Einordnung der Schuldverschreibungen als Wertpapiere vor, wobei
weitere Regelungen im SchVG enthalten sind. Diese Spezialregelungen schließen
einen Rückgriff auf die Bestimmungen zum Darlehensvertrag und insbesondere auf §
490 BGB wohl aus (s. etwa Staudinger Freitag/Mülberg, BGB, Neubearb. 2011,
§ 488 Rz. 48 m.w.Nw.). Die Kündbarkeit von Inhaberschuldverschreibungen dürfte
sich deshalb ausschließlich nach allgemeinen, alle Dauerschuldverhältnisse betref
fenden Regeln und den Anleihebedingungen richten.
Ein etwaiges, abdingbares Kündigungsrecht aus § 490 Abs. 1 BGB ist aber jeden
falls aus denselben Gründen ausgeschlossen wie das auf denselben Umstand ge
stützte Kündigungsrecht aus § 314 BGB. Denn auch § 490 Abs. 1 BGB ist durch All
gemeine Geschäftsbedingungen abdingbar, sofern keine unangemessene Benach
teiligung des Vertragspartners des Verwenders iSd § 307 BGB vorliegt (Palandt
Weidenkaff, BGB, 73.A., § 490 Rz. 1), was vorliegend der Fall ist.
b)
Die von der Klägerin mit Schreiben vom 18.07.2013 ausgesprochene außerordentli
che Kündigung ist wirksam, da ein Kündigungsgrund nach § 9 Abs. 1 e der Anlei
hebedingungen vorlag.
aa)
Die Regelung des § 9 Abs. 1 e der Anleihebedingungen ist dahingehend auszulegen,
dass den Gläubigern ein Kündigungsrecht zusteht, wenn die Emittentin ihnen einen
Beschlussvorschlag iSd. §§ 5 ff. SchVG unterbreitet, wonach die Anleihebedingun
gen in einer Weise geändert werden sollen, dass den Gläubigern nicht mehr der volle
nach den bisherigen Anleihebedingungen zustehende Leistungsanspruch zusteht.
Der in § 9 Abs. 1 e Var. 4 der Anleihebedingungen eingeräumte Kündigungsgrund für
den Fall, dass die Emittentin „eine allgemeine Schuldenregelung zugunsten ihrer
Gläubiger anbietet“, ist – jedenfalls bei der gebotenen Auslegung im Zweifel zu Las
ten der Beklagten – auch gegeben, wenn die bisherige Rechtsposition der Anleger
im Verfahren nach den §§ 5 ff. SchVG zu ihren Lasten geändert werden soll. Ein An
gebot ist spätestens mit der Einladung vom 12.07.2013 (Anlage BK 1, Bl. 462 d.A.)
zu der Gläubigerversammlung am 05.08.2013 erfolgt. Die vorgesehenen Beschluss
fassungen im Sinne des § 11 Abs. 1 3 der Anleihebedingungen (entspricht § 5 Abs. 6
SchVG) sahen auch mit den Regelungen über die Änderung und den Ausschluss
von Zinsen, die Verringerung der Hauptforderung und dem Umtausch der Schuldver
schreibungen in andere Wertpapiere (vgl. auch § 5 Abs. 3 S. 1 Ziff. 1, 3 und 5
SchVG) Veränderungen zu Lasten der Anleihegläubiger vor.
(1)
Die allgemeinen Anleihebedingungen unterliegen der Kontrolle nach den §§ 305 ff.
BGB modifiziert durch das SchVG 2009. Durch eine AGB Kontrolle werden entgegen
den Ausführungen des Landgerichts nicht generell Regelungen des SchVG unterlau
fen. Es ist lediglich den Besonderheiten des SchVG in der Weise Rechnung zu tra
gen, als die Auslegung der Anleihebedingungen als allgemeine Geschäftsbedingun
gen nach dem Maßstab eines sachkundigen Anlegers im Sinne des § 3 SchVG zu
erfolgen hat. Bezugspunkt für die gebotene objektive Auslegung ist nicht ein durch
schnittlicher Kunde, sondern ein sachkundiger Anleger (vgl. Verannemann Oulds,
SchVG 2010, § 3 Rz. 5). Auch die Tatsache, dass die Anleihebedingungen durch
Mehrheitsbeschluss geändert werden können, spricht nicht gegen die Möglichkeit
einer AGB rechtlichen Kontrolle. Gerade der Umstand, dass bei der Abstimmung un
terlegenen Anlegern eine Änderung ihrer Rechtsposition gegen ihren Willen auferlegt
werden kann, macht den allgemeinen Schutz nach den §§ 305 ff. BGB nicht obsolet.
Für die gebotene objektive Auslegung ist vom Wortlaut der Urkunde auszugehen. Er
ist aus sich heraus, ohne Rücksicht auf die besonderen Umstände des Einzelfalles
auszulegen, wobei es auf das Verständnis eines typischen Erklärungsempfängers
ankommt. Die allgemeine Verkehrsauffassung, die sich in den Anschauungen der
maßgeblichen Wirtschaftskreise, namentlich der Börse und der Banken, nieder
schlägt, ist zu berücksichtigen (s. etwa Staudinger Marburger, BGB, Neubearb.
2009, § 793 Rz. 9).
(2)
Diese den Wortlaut und die Verständnismöglichkeiten der beteiligten Verkehrskreise
berücksichtigende Auslegung führt bei Anwendung der Regelung des § 305c Abs. 2
BGB dazu, dass der Beschlussvorschlag zur Abänderung der Anleihebedingungen
im Verfahren nach den §§ 5 ff. SchVG als ein Angebot der Beklagten zu einer „all
gemeinen Schuldenregelung zugunsten der Gläubiger“ verstanden werden muss (so
auch bereits LG Bonn, Urteil vom 25.3.2014, Az. 10 O 299/13, Seite 5 f., Bl. 352 ff.
d.A.).
Das nach dem Restrukturierungskonzept der Beklagten angestrebte Verfahren nach
den §§ 5 ff. SchVG stellt eine „Schuldenregelung“ dar, denn es zielt darauf ab, die
Forderungen der Anleihegläubiger teilweise herabzusetzen bzw. gegen nicht in die
sem Umfang Zahlungsansprüche gewährende Rechte einzutauschen.
Das Verfahren erfolgt insofern auch zugunsten der Gläubiger, als es (zunächst) das
Risiko einer Insolvenz der Beklagten abwendet, nach welcher ihre Ansprüche in weit
größerem Umfang gefährdet oder gemindert werden könnten als durch die mit dem
Restrukturierungsverfahren angestrebten Änderungen der Anleihebedingungen.
Die Schuldenregelung stellt auch eine „allgemeine“ dar, weil sie einer großen Zahl
von Gläubigern, zumindest allen Anleihegläubigern, in abstrakter Weise unter strikter
Gleichbehandlung angeboten wurde. Der Begriff „allgemein“ ist nicht notwendig da
hingehend zu verstehen, dass die Beklagte die Schuldenregelung allen ihren Gläubi
gern anbieten müsste, also etwa auch Lieferanten. Zwar könnte dafür die Bezeich
nung „ihre“ sprechen. Dagegen spricht aber, dass nach der Definition des Begriffs
„Gläubiger“ in den Anleihebedingungen (dort § 1 Abs. 5) damit jeder Inhaber einer
Schuldverschreibung bezeichnet ist. Für eine unmissverständliche Bezeichnung im
Sinne der Auffassung der Beklagten hätten aber „alle ihre Gläubiger“ aufgeführt wer
den oder sich das Angebot zur Schuldenregulierung an „sämtliche Gläubiger der Be
klagten“ richten müssen. Zu Lasten der Beklagten ist die Bestimmung deshalb dahin
auszulegen, dass ein Angebot an alle Anleihegläubiger für das Vorliegen des Tatbe
stands von § 9 Abs. 1 e der Anleihebedingungen genügt.
Entgegen der Meinung der Beklagten fehlt es im Text an tragfähigen Anhaltspunkten
dafür, dass mit dem Begriff einer allgemeinen Schuldenregelung nur ein staatliches
(Zwangs )Verfahren gemeint sein könne. Die Überschrift „Insolvenz u.ä.“ spricht
vielmehr dafür, dass die Regelung nur an einen faktischen Zustand des Vermögens
der Beklagten (Zahlungsunfähigkeit, Überschuldung) anknüpft. In welcher Weise die
Gefahr eines solchen Zustandes abgewendet werden soll, indiziert die Überschrift
nicht. Hätte die Regelung ausweislich ihrer Überschrift auf staatliche (Zwangs ) Ver
fahren eingegrenzt werden sollen, hätte die Überschrift „Insolvenzverfahren u.ä.“ lau
ten müssen.
Gegen die vorgenannte Auslegung des Begriffs „Angebot einer allgemeinen Schul
denregelung“ in den Anleihebedingungen spricht nicht der Zweck des Verfahrens
nach den §§ 5 ff. SchVG, im Falle einer Gefährdung einer vollständigen Rückzahlung
an alle Gläubiger eine begrenzte Abänderung der Bedingungen zu ermöglichen.
Zwar mag ein Kündigungsrecht, das gerade an ein Angebot zur Schuldenregulierung
für ein Verfahren nach den §§ 5 ff. SchVG anknüpft, letztlich den Erfolg dieses Ver
fahrens gefährden. Für die hier maßgebliche objektive Auslegung vermag dieser Ge
sichtspunkt jedoch nicht das sich aus dem Text der Anleihebedingungen ergebende
Verständnis der Regelung ausschlaggebend zu beeinflussen. Denn auch ein sach
kundiger Anleger vermag diesen Zusammenhang zwischen dem in den Anleihebe
dingungen eingeräumten Kündigungsrecht und den Regelungszielen des SchVG
sowie den sich daraus (möglicherweise) ergebenden Wertungswidersprüchen nicht
zu durchschauen.
bb)
Die Kündigung der Klägerin vom 18.07.2013 ist innerhalb des einschlägigen Zeit
fensters zwischen Übermittlung des Angebots an die Anleihegläubiger und erfolgter
Beschlussfassung hierüber ausgesprochen worden.
Die Klägerin hat die Einladung zu den Gläubigerversammlungen erhalten (Veröffent
lichung der Einladung zur Gläubigerversammlung der Anleihegläubiger der Anleihe
2011/2016 im Bundesanzeiger am 19.06.2013; sodann auch die Einladung vom
12.07.2013 zur 2. Gläubigerversammlung, Anlage BK 1, Bl. 462 d. A.), in der ihr der
später auch vollzogene Beschlussvorschlag im Wege eines Angebots zur Änderung
der Anleihebedingungen unterbreitet wurde. Die Beschlussfassung erfolgte sodann
in der 2. Gläubigerversammlung vom 05.08.2013 (veröffentlicht im Bundesanzeiger
am 08.08.2013, Anlage K 10, Bl. 41 ff. d.A.).
Mit dem Beschlussvorschlag hat die Beklagte der Klägerin ein Angebot zu einer all
gemeinen Schuldenregelung zu Gunsten ihrer Gläubiger im Sinne des § 9 Abs. 1 e
Var. 4 der Anleihebedingungen gemacht, so dass ihr im Zeitpunkt der Kündigung
vom 18.07.2013 ein Kündigungsrecht zustand.
Zwar dürfte dieses Kündigungsrecht mit dem auch für die Klägerin nach § 5 Abs. 2 S.
1 SchVG bindenden Beschluss der Gläubigerversammlung vom 05.08.2013, der
auch einen zeitlich begrenzten Verzicht auf das Kündigungsrecht nach § 9 der Anlei
hebedingungen enthält, erloschen sein. Da die Klägerin aber in dem Zeitraum nach
Erhalt der Einladungen mit der Unterbreitung des Angebots und noch vor der bin
denden Beschlussfassung der Gläubigerversammlung gekündigt hat, ist ihre Kündi
gung wirksam. Der durch den Beschluss erfolgte Ausschluss von Kündigungsrechten
und seine Bindungswirkung nach § 5 Abs. 2 S. 1 SchVG ergreifen nicht rückwirkend
eine zum Zeitpunkt der Beschlussfassung bereits wirksam ausgesprochene Kündi
gung (arg. § 4 SchVG).
cc)
Die Kündigung der Klägerin vom 18.07.2013 ist auch nicht wegen eines Verstoßes
gegen § 9 Abs. 2 S. 2 der Anleihebedingungen nach § 125 S. 2 BGB formunwirksam.
Dabei kann im Ergebnis dahinstehen, ob es sich bei dem Nachweiserfordernis der
Anleiheinhaberschaft bei Kündigung durch Beifügung einer Bescheinigung der De
potbank aus § 9 Abs. 2 S. 2 und 3 der Anleihebedingungen um ein konstitutives, also
die Wirksamkeit der Kündigung beeinflussendes rechtsgeschäftlich vereinbartes
Formerfordernis oder eine bloße die Wirksamkeit nicht berührende Obliegenheit des
Anleihegläubigers handelt.
Inhalt und Tragweite von Formvereinbarungen sind durch Auslegung zu ermitteln
(Palandt Ellenberger, BGB, 73.A., § 125 Rz. 17), wobei aufgrund der Einordnung der
Anleihebedingungen als Allgemeine Geschäftsbedingungen wiederum für die gebo
tene objektive Auslegung vom Wortlaut der Urkunde auszugehen ist. Dieser ist aus
sich heraus, ohne Rücksicht auf die besonderen Umstände des Einzelfalles unter
Berücksichtigung der Anschauungen der maßgeblichen Wirtschaftskreise nach dem
Verständnis eines typischen Erklärungsempfängers auszulegen (s. etwa Staudinger
Marburger, BGB, Neubearb. 2009, § 793 Rz. 9). Da die Anleihebedingungen in § 9
Abs. 2 die Beifügung eines Nachweises nicht ausdrücklich als konstitutives Former
fordernis bezeichnen, neigt der Senat dazu, dieses Erfordernis bei der im Zweifel
zulasten der Verwenderin vorzunehmenden Auslegung als lediglich der Beweissiche
rung dienend einzuordnen. Insofern dürften der Sinn und Zweck des § 9 Abs. 2 S. 2
der Anleihebedingungen darin zu sehen sein, der beklagten Emittentin den Aufwand
einer Überprüfung der Gläubigerstellung bei Ausspruch einer Kündigung zu erspa
ren. Bei dieser Auslegung wäre die von der Klägerin erklärte Kündigung auch ohne
Beifügung eines Nachweises der Anleiheinhaberschaft wirksam, ohne dass die Zwei
felsregelung des § 125 S. 2 BGB zum Tragen käme.
Zumindest nach dem vorangehenden Kündigungsschreiben vom 31.05.2013 hat die
Klägerin einen nach § 9 Abs. 2 S. 2 und 3 der Anleihebedingungen erforderlichen
Nachweis ihrer Anleiheinhaberschaft durch Beifügung eines Depotauszuges beige
bracht und damit den Formanforderungen entsprochen.
Vor diesem Hintergrund kommt es nicht darauf an, ob ein solcher Nachweis auch der
Kündigung vom 18.07.2013 beigefügt war. Denn die Klägerin bezieht sich in dieser
Kündigung ausdrücklich – auch im Hinblick auf die Kündigungsgründe auf die in
einem thematisch und zeitlich engen Zusammenhang stehende Kündigung vom
31.05.2013. Hinzu kommt, dass die Beklagte die Kündigung auch nicht wegen
Formmangels zurückgewiesen hat.
Dies kann im Ergebnis letztlich dahinstehen, da die Beklagte sich auf eine mögliche
Formunwirksamkeit der Kündigung vom 18.07.2013 nicht mehr berufen kann.
Denn diesem an eine vermeintliche Formunwirksamkeit dieser Kündigung anknüp
fenden neuen Verteidigungsvorbringen der Beklagten in zweiter Instanz steht § 531
Abs. 2 S. 1 Ziff. 3 ZPO entgegen.
Die Beklagte hat in der Berufungsinstanz mit Schriftsatz vom 10.09.2014 erstmals
vorgetragen, ein solcher Nachweis der Anleiheinhaberschaft der Klägerin sei der
Kündigung vom 18.07.2013 nicht beigefügt gewesen.
Im Kündigungsschreiben der Klägerin vom 18.07.2013 wird indes auf einen beigefüg
ten Depotauszug Bezug genommen (Anlage K 16, Bl. 87 d.A.). Vor diesem Hinter
grund ist das erst in der Berufungsinstanz erfolgte streitige neue Verteidigungsvor
bringen der Beklagten als nachlässig zu werten, da das prozessuale Verhalten der
Beklagten, erst im Rahmen des Berufungsverfahrens diesen neuen Vortrag zu hal
ten, gegen die allgemeine Prozessförderungspflicht des § 282 ZPO verstößt (s. Zöl
ler Heßler, ZPO, 30.A., § 531 Rz. 30). Die Beklagte ist mit diesem neuen Vortrag da
her nach § 531 Abs. 2 S. 1 Ziff. 3 ZPO ausgeschlossen.
dd)
Das Kündigungsrecht der Klägerin ist auch nicht aus dem Gesichtspunkt von Treu
und Glauben ausgeschlossen.
Zum einen hat die Klägerin aufgrund der Kündigung keinen unzulässigen Sondervor
teil erlangt, sondern lediglich von den ihr nach den Anleihebedingungen zustehenden
Rechten Gebrauch gemacht, die bis zur Beschlussfassung durch die Gläubigerver
sammlung auch allen anderen Anleihegläubigern in gleicher Weise zugestanden ha
ben. Eine Treue oder Sanierungspflicht der Anleihegläubiger dahingehend, der
Emittentin im Krisenfall nicht aufgrund formal bestehender Rechte Kapital zu entzie
hen, besteht nicht. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die streitgegenständlichen
Anleihen frei handelbar waren und die Anleihegläubiger damit lediglich Fremdkapi
talgeber sind.
Es widerspricht auch nicht der Intention des SchVG, Gläubigern in bestimmten Pha
sen von Restrukturierungsmaßnahmen (hier zwischen Zugang des Angebots einer
allgemeinen Schuldenregelung und Beschlussfassung hierüber seitens der Gläubi
gerversammlung) die Möglichkeit zu gewähren, der Emittentin ihr Kapital durch Kün
digung zu entziehen. Zwar sieht das SchVG die Möglichkeit von finanziellen Restruk
turierungsmaßnahmen vor, wobei diese auch im Wege von für alle Gläubiger bin
denden Mehrheitsbeschlüssen erfolgen können. Soweit die Beklagte daraus aber
folgert, eine Berufung auf sämtliche Kündigungsrechte scheide aus, sobald die Emit
tentin eine notwendige finanzielle Restrukturierung bekanntgebe, ist dies nicht der
Fall. Zum einen ist in den Anleihebedingungen in § 9 Abs. 1 e gerade eine Kündi
gungsmöglichkeit für solche Konstellationen vorgesehen, von der die Klägerin Ge
brauch gemacht hat. Zum anderen bildet die Möglichkeit, sich durch Kündigung von
der Anleihe zu lösen, gerade das Korrelat dazu, dass Mehrheitsbeschlüsse für alle
Anleihegläubiger verbindlich sind.
Auch der Kaufzeitpunkt der Anleihen durch die Klägerin erst nach Bekanntgabe fi
nanzieller Schwierigkeiten der Emittentin Anfang 2013 zu einem Marktpreis von nur
22 % des Nennwertes ist für die Ausübung des Kündigungsrechts unerheblich.
Die Handelbarkeit entspricht dem Wesen der Schuldverschreibung, die insofern ei
nen spekulativen Charakter hat. Mit dem Kauf der Anleihen Anfang des Jahres 2013
hat die Klägerin Risiken und Chancen übernommen. So hätten die Anleihen auch
weiter an Wert verlieren oder die Emittentin insolvent werden können. Vorliegend hat
die Klägerin lediglich durch Ausübung des ihr nach den Anleihebedingungen zu
stehenden Kündigungsrechts im zutreffenden Zeitfenster zwischen Übermittlung des
Angebots zur Restrukturierung und der hierüber erfolgten Beschlussfassung ihre be
stehenden Chancen genutzt. Das diesbezügliche Vorgehen eines Ankaufs wirtschaft
lich gefährdeter Anleihen war riskant, aber im vorliegenden Fall für die Klägerin im
Ergebnis erfolgreich, ohne dass ihr der Vorwurf der Treuwidrigkeit gemacht werden
kann.
c)
Da das Vertragsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung vom
18.07.2013 beendet wurde, kommt es auf die Wirksamkeit der zeitlich danach erklär
ten außerordentlichen Kündigungen vom 08.08.2013 und vom 13.08.2013 nicht mehr
an.
In diesen Kündigungsschreiben beruft sich die Klägerin erstmals auch auf ein Kündi
gungsrecht nach § 9 Abs. 1 a der Anleihebedingungen wegen nicht rechtzeitiger Er
füllung der fälligen Zinsforderungen.
Zwar neigt der Senat dahin, ein diesbezügliches Kündigungsrecht zu verneinen, da
zunächst unstreitig die Zahlung der fälligen Zinsen innerhalb der 30 Tage Nachfrist
nach dem Fälligkeitsdatum erfolgt ist (§ 9 Abs. 1 a iVm § 4 der Anleihebedingungen)
und lediglich später nach Beschlussfassung durch die Gläubigerversammlung ver
rechnet wurde.
Diese Frage kann jedoch vorliegend dahinstehen.
3)
Aufgrund der wirksamen außerordentlichen Kündigung steht der Klägerin nach § 9
Abs. 1 der Anleihebedingungen der begehrte Zahlungsanspruch zu, dies aber grund
sätzlich nur gegen Aushändigung der substituierten Wertpapiere.
a)
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Aktivlegitimation der Klägerin hinsicht
lich des nach § 9 Abs. 1 der Anleihebedingungen bestehenden Zahlungsanspruchs
durch die nach Rechtshängigkeit unstreitig erfolgte Durchführung der Restrukturie
rungsmaßnahmen (Vollzug der Beschlüsse der Gläubigerversammlung vom
05.08.2013 iSd § 21 SchVG) nicht berührt worden.
Denn das rechtliche Schicksal der Anleihen betrifft allein die Gegenforderung auf
Aushändigung der Anleihen (Erteilung der Quittung iSd § 368 BGB), die keinen selb
ständigen Gegenanspruch darstellt. Der Klägerin steht der geltend gemachte Zah
lungsanspruch insofern nach wie vor zu. Insbesondere ist dieser der Klägerin zu
stehende Zahlungsanspruch als Hauptleistungspflicht der Beklagten durch den Um
tausch der Anleihen im Rahmen des Vollzugs der Restrukturierung nicht unmöglich
geworden, da sich dieser Umtausch auf die Hauptleistungspflicht der Beklagten zur
Zahlung nicht auswirkt, sondern allein die Gegenleistungspflicht der Klägerin betrifft.
Insofern ist der Ansatz des Landgerichts Bonn in seinem Urteil vom 25.03.2014, Az.
10 O 299/13, Bl. 352 ff. d. A., unzutreffend, soweit es in vergleichbarer Konstellation
einen Untergang des Zahlungsanspruchs nach § 275 BGB annimmt und einen
Schadensersatzanspruch des Anleihegläubigers gegen die Beklagte in gleicher Hö
he bejaht.
Soweit dieser Zahlungsanspruch teilweise durch Erfüllung erloschen ist (§ 362 Abs. 1
BGB), hat die Klägerin dies in ihrem Klageantrag zutreffend berücksichtigt und von
der eingeklagten Summe in Höhe von EUR 50.000, die unstreitig seitens der Be
klagten bereits ausgezahlten Beträge abgezogen.
b)
Der Zahlungsanspruch der Klägerin besteht nur gegen Aushändigung der substituier
ten Wertpapiere, deren Identität und Umfang – auch im Hinblick auf die in diesem
Verfahren geltend gemachte Teilklage – zwischen den Parteien unstreitig ist.
In den Anleihebedingungen selbst ist eine Rückgabe oder Herausgabe der Schuld
verschreibungen im Falle einer Kündigung nicht geregelt. Ein Anspruch der Beklag
ten auf Aushändigung der Anleihen folgt aber aus § 797 BGB, wonach die Leis
tungsverpflichtung der Ausstellerin (begründet durch Zeitablauf oder wie hier durch
Kündigung) nur gegen Aushändigung der Schuldverschreibungen besteht.
Bei dem Anspruch der Beklagten handelt es sich nicht um einen selbstständigen Ge
genanspruch, sondern um eine besondere Ausgestaltung des Rechts auf Quittung (§
368 BGB; BGH, Urteil vom 08.07.2008, Az. VII ZB 64/07, juris Rz. 12; Palandt Sprau,
BGB, 73.A., § 797 Rz. 1). Denn das Wertpapier besitzt selbst keinen eigenen Ver
mögenswert, sondern stellt lediglich ein Präsentations und Einlösepapier dar. Aus
diesem Grund besteht die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung grundsätzlich nur
gegen Aushändigung der Inhaberschuldverschreibung (s. BGH, Urteil vom
08.07.2008, Az. VII ZB 64/07, juris Rz. 12).
Vorliegend wurden diese auszuhändigenden Inhaberschuldverschreibungen nach
dem Ausspruch der wirksamen Kündigung seitens der Klägerin durch Parteivereinba
rung umgetauscht. Insofern sind die auf der Gläubigerversammlung vom 05.08.2013
nach §§ 5 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 5 SchVG iVm § 11 Abs. 1 und 2 der Anleihebedingun
gen gefassten und mittlerweile vollzogenen Mehrheitsbeschlüsse hinsichtlich des
Umtauschs der Schuldverschreibungen auch für die Klägerin bindend. Der Vollzug
dieser Beschlüsse hat dazu geführt, dass an die Stelle der ursprünglichen Schuld
verschreibungen die neuen Wertpapiere getreten sind, auf die sich nunmehr die Ver
pflichtung der Klägerin zur Aushändigung nach § 797 BGB bezieht.
4)
Hinsichtlich der begehrten Zinsen ist die Klage teilweise abzuweisen.
Ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Verzugszinsen besteht erst ab dem
22.08.2013. Soweit die Klägerin Verzinsung bereits ab dem 03.06.2013 beantragt
und auf den Zugang des Kündigungsschreibens vom 31.05.2013 abstellt, war diese
Kündigung zum einen nicht wirksam, zum anderen trat Verzug nicht bereits mit Zu
gang der Kündigung ein. Die Klägerin hat insofern eine wirksame Kündigung erst mit
Schreiben vom 18.07.2013 erklärt, welches allerdings keine verzugsbegründende
Zahlungsaufforderung mit Fristsetzung enthält. Abzustellen ist somit auf die in der
weiteren Kündigung mit Schreiben vom 08.08.2013 erfolgte Fristsetzung bis zum
21.08.2013, sodass Verzug der Beklagten nach §§ 286 Abs. 1 S. 1, 288 Abs. 1BGB
erst nach Ablauf dieser gesetzten Frist eingetreten ist, da hierin eine konkludente
Mahnung zu sehen ist (s. hierzu Palandt Grüneberg, BGB, 73.A., § 286 Rz. 18).
5)
Ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung der außergerichtlich entstandenen Rechts
anwaltskosten besteht nicht.
Denn die Klägerin als Gläubigerin kann die Kosten für die den Verzug begründende
Erstmahnung (Kündigung) nicht ersetzt verlangen, weil sie nicht durch den Verzug
verursacht sind und die nicht rechtzeitige Leistung nach § 280 Abs. 2 BGB nur unter
den Voraussetzungen des Verzugs eine Schadensersatzpflicht begründet (BGH
NJW RR 2013, 487; Palandt Grüneberg, BGB, 73.A., § 286 Rz. 44). Eine schuldhafte
Vertragsverletzung seitens der Beklagten lag nicht vor.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
Die Revision war nach § 543 Abs. 2 S. 1 Ziff. 1 und Ziff. 2 ZPO zuzulassen, da die
Frage, ob der Kündigungsgrund des § 9 Abs. 1 e der Anleihebedingungen auch bei
einem Änderungsverfahren nach §§ 5 ff. SchVG gegeben ist, von grundsätzlicher
Bedeutung ist und zudem die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ange
sichts abweichender untergerichtlicher Entscheidungen eine Entscheidung des Revi
sionsgerichts erfordert.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711,
709 S. 2 ZPO.
Die Festsetzung des Streitwerts hat ihre Grundlage in §§ 47, 48 GKG, § 3 ZPO.

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