Merkel in AthenDie griechische Wette
11.04.2014 · So viel Zuversicht war selten: Griechenlands Rückkehr an den Kapitalmarkt zum Besuch der Bundeskanzlerin wird als Wendepunkt gefeiert. In der Überwindung der Euro-Krise ist nun Halbzeit.
Von HOLGER STELTZNER
Das ist ein schönes Gastgeschenk. Griechenlands Rückkehr an den Kapitalmarkt zum Besuch der Bundeskanzlerin in Athen wird von der Politik als Wendepunkt gefeiert. So viel Zuversicht war selten. Locker hätte Griechenland auch mehr als drei Milliarden einsammeln können. Die Anleger sind extrem hungrig auf Rendite, sie hatten Gebote für mehr als 20 Milliarden Euro vorgelegt. Ist die Euro-Krise damit also vorbei?
Das bestimmt nicht. Gemessen an der notwendigen Senkung der hohen Lohnstückkosten hat Südeuropa bislang nur die Hälfte des Wegs hinter sich. Im Fußball spräche man wohl von der Halbzeit. Den Ausgang der Partie dürften in der zweiten Hälfte die großen Spieler Italien und Frankreich bestimmen. Beide haben angekündigt, sich nicht an die Schuldengrenzen des angeblich gehärteten neuen Stabilitätspakts halten zu wollen.
Die Regierungschefs in Rom und Paris halten lieber an der Illusion fest, sie könnten auf Reformen für die Arbeitsmärkte und die Sozialsysteme verzichten und stattdessen mit noch mehr Schulden Wachstum erkaufen. Dabei verkünden in beiden Ländern die hohen Staatsschulden und der wirtschaftliche Stillstand das Gegenteil.
Doch auch Griechenland trägt zum Ausgang des Spiels bei. Für die Anleihe wählte Athen einen guten Zeitpunkt. Nach innen wird kurz vor der Europawahl ein Signal der Zuversicht gesendet. Nach außen wird der Schreck der Großanleger über die Rückschläge in den Schwellenländern genutzt – gerade entdecken Anleger, auf der Suche nach einem neuen Hafen für ihr Geld, Europa wieder.
Die Investoren können rechnen. Sie wissen, dass bei einer Schuldenquote von mehr als 170 Prozent der Wirtschaftsleistung nicht von einer Schuldentragfähigkeit Griechenlands gesprochen werden kann. Sie wissen aber auch: Die EZB und die anderen Euroländer werden alles tun, um Hellas in der Eurozone zu halten. Da ist in den Augen privater Anleger eine Rendite von 5 Prozent für ein Risiko nahe Null ein gutes Geschäft.
Denn die Bedienung der staatlichen Hilfskredite wurde so weit nach hinten geschoben, dass es nicht mehr weh tut. Erst vom Jahr 2040 an soll die Rückzahlung erfolgen. Die anderen Eurostaaten subventionieren darüber hinaus Athen mit Zinsen von nur 1,5 Prozent. Wenn Griechenland also bis dahin stärker als 1,5 Prozent im Jahr wächst, kann über die Zeit die Schuldenquote sinken. Diese Wette gilt nun. Der Währungsfonds sollte deshalb aufhören, über einen weiteren Schuldenerlass für Hellas zu reden.
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