„Ewige“ AnleihenBriten tilgen nach fast hundert Jahren
Großbritannien ist ein Land mit viel Tradition. Auch auf dem Anleihenmarkt. Mit der Tilgung einer Anleihe aus dem I. Weltkrieg geht jetzt ein Stück Tradition zu Ende.
03.12.2014, von MARCUS THEURER, LONDON
Die Uralt-Anleihen liegen seit Generationen in den Wertpapierdepots vieler britischer Sparer. Doch jetzt will Schatzkanzler George Osborne seine Schulden begleichen: Am Mittwoch kündigte die Regierung in London an, eine fast hundert Jahre alte historische Staatsanleihe im Volumen von 1,9 Milliarden Pfund (2,4 Milliarden Euro) zu tilgen.
Der britische Staat hat das Geld ursprünglich im Jahr 1917 zur Finanzierung des Ersten Weltkriegs aufgenommen. Das geschichtsträchtige Wertpapier mit einem Zinskupon von 3,5 Prozent macht zwar nur einen kleinen Teil der britischen Schulden aus, ist aber noch immer die am breitesten gestreute Staatsanleihe auf der Insel. Die Regierung hatte die ursprünglichen Papiere während des Krieges mit einer großangelegten Werbekampagne unters Volk gebracht. Auch heute noch haben mehr als 120.000 Sparer diese Papiere in den Depots. Die meisten dieser Anleger sind Kleinsparer, die weniger als 1000 Pfund investiert haben.
Schatzkanzler Osborne garnierte die Ankündigung der Anleihetilgung mit patriotischem Pathos: „Das ist ein Moment, auf den Großbritannien stolz sein kann“, verkündete er. Die Tilgung dürfte dem extrem niedrigen Zinsniveau geschuldet sein, für das die Bank von England und andere Notenbanken durch die Geldschwemme der vergangenen Jahre gesorgt haben.
Die Regierung will die Kriegsanleihe im März 2015 tilgen. Begeben wurde sie im Jahr 1932 während der Amtszeit des damaligen Schatzkanzlers und späteren Premierministers Neville Chamberlain. Dieser ersetzte mit der Emission die ursprüngliche Anleihe aus dem Jahr 1917, die mit 5 Prozent verzinst war. Osborne will derweil noch eine Reihe sehr viel älterer Staatsschulden loswerden: Es werde geprüft, ob sich die Tilgung aller sechs ausstehenden britischen Staatsanleihen mit unbefristeter Laufzeit lohnen könnte, teilte das Finanzministerium mit. Die ältesten reichen bis ins frühe 18. Jahrhundert zurück.
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