Frankfurt/DüsseldorfEigentlich galt Bremen bislang nicht gerade als das Mekka für Immobilienspekulationen. Im Vergleich zu Metropolen wie Berlin, Hamburg oder München stiegen die Kaufpreise und Mieten eher moderat. Im vergangenen Jahr legten die Mieten um 0,3 Prozent zu, Wohnungen verteuerten sich um 1,5 Prozent, zeigt eine Statistik des Analysehauses F+B Forschung und Beratung.
Trotzdem sorgt die hübsche Hansestadt derzeit für kräftigen Wirbel in der Immobilienbranche. Grund dafür ist der Koalitionsvertrag, auf den sich die neue Landesregierung aus SPD und Grünen am vergangenen Wochenende einigte. Ab Zeile 1713, im Unterpunkt „Soziale Stadtentwicklung“ heißt es: „Wohnungen sind kein Spekulationsobjekt.“
Um mögliche und echte Spekulanten abzuschrecken, wird nicht nur die Mietpreisbremse bis Ende des Jahres eingeführt. „Bremen wird prüfen, eine ‚Heuschreckensteuer‘ einzuführen, um den Grunderwerb durch Immobilienheuschrecken stark zu beschneiden“, heißt in den Plänen. Als „Heuschrecken“ beschimpfte erstmals vor zehn Jahren der damalige SPD-Vorsitzende Franz Müntefering Private-Equity-Gesellschaften wegen ihrer sehr ambitionierten Renditevorstellungen bei gleichzeitig sehr kurzem Anlagezeitraum.
Konkret haben sich die Koalitionäre in Bremen darauf geeinigt, die Grunderwerbsteuer für Käufer von Objekten mit mehr als 50 Wohneinheiten von derzeit fünf Prozent auf 19 Prozent anzuheben. Die Grünen unterstützen den Vorstoß der SPD. „Wir haben die gleichen Probleme wie in anderen Städten“, sagt Ralph Saxe, Landesvorstandssprecher der Bremer Grünen. „Investoren kaufen in großem Maßstab Wohnungen auf.“ Das sei nicht immer im Interesse der Mieter. Die „Heuschreckensteuer“ müsse allerdings noch rechtlich geprüft und in ein Gesetz gegossen werden. Zuvor werden die verschiedenen Interessengruppen angehört.
Teil dieser Interessengruppen sind Beratungsunternehmen wie Dr. Lübke & Kelber. Geschäftsführer Ulrich Jacke hat sein Urteil bereits gefällt: „Eine wirkliche Schnapsidee und ein falsches Signal auch für andere Landesregierungen.“ Investoren würden sich vor Einführung der Steuer vermehrt von ihren Beständen in Bremen trennen, denn die Preiseinbußen aufgrund der Heuschreckensteuer könnten bis zu 14 Prozent betragen, ist Jacke überzeugt. Er fürchtet darüber hinaus, dass neue Anleger Bremen gleich fernbleiben würden.
Mit Blick auf den auch in Bremen knappen Wohnraum warnt Michael Voigtländer, Leiter Kompetenzfeld Finanz- und Immobilienmärkte beim Wirtschaftsforschungszentrum IW Köln: „Investoren aus einem Markt zu treiben ist ein gefährliches Spiel.“ Im Übrigen sei das Vorurteil falsch, dass allein Heuschrecken für Missstände auf Wohnungsmärkten verantwortlich seien.
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