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Donnerstag, 9. Januar 2014

Ihnen bleibt daher nur die Möglichkeit, weiter zu deflationieren und lange versäumte Strukturprobleme in Angriff zu nehmen. Das aber benötigt Zeit und der politische Rückhalt für die Sparhaushalte nimmt eher ab als zu, insbesondere wenn sich kurzfristige Erfolge zeigen

Euro-AnleihenRun auf Krisen-Anleihen

  ·  Nachdem Irland am Dienstag eine zehnjährige Staatsanleihe verkaufen konnte, geht der Kaufrausch bei Anleihen von Krisenstaaten weiter. Mittlerweile steht eine Übertreibung zu fürchten.
© DPAVergrößernIrland leiht man wieder gerne Geld
Die irische Regierung hat am Dienstag ihren Haushalt zu recht günstigen Konditionen finanziert - das ist eigentlich positiv. Denn auf diese Weise liegt die grüne Insel den EU-Partnern nicht mehr auf der Tasche.
Betrachtet man sich aber die Entwicklung am Markt für Euro-Staatsanleihen im Ganzen, kommt man doch ins Grübeln. So fiel  die Rendite der zehnjährigen irischen Staatsanleihe bis auf 3,284 Prozent gefallen. Damit brachte diese nur noch rund 1,4 Prozentpunkte mehr Ertrag als eine deutsche und nur 0,35 Prozentpunkte mehr als eine amerikanische Staatsanleihe.
Derzeit wird die irische Kreditwürdigkeit von internationalen Ratingagenturen im Durchschnitt mit Noten zwischen „BBB+“ und „BBB“ bewertet. Das bedeutet, dass sie gerade so noch als investitionswürdig und nicht spekulativ gelten. Deutschland ist dagegen mit einem Durchschnitt von „AAA“ der sechstbeste Schuldner der Welt. Die Vereinigten Staaten bringen es mit einem „AA+“ immer noch auf Platz 14, während Irland nur Platz 55 von 146 Staaten einnimmt.

Renditen wie zuletzt 2006

Auch historisch entspricht dies einem Niveau, auf dem die Anleihen des Inselstaates zuletzt vor acht Jahren rentierten. Das war lange vor der Schuldenkrise, die auch in Irland fast zur Staatspleite geführt hätte. Nicht dass sich die irische Haushaltslage nicht verbessert hätte. So soll das Haushaltsdefizit 2015 wieder auf 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts sinken, nachdem diese 2010 30 Prozent überschritten hatte.
Aber 2006 erwirtschaftete das Land noch einen Haushaltsüberschuss wie auch in den Jahren davor. Trotzdem war die Rendite der zehnjährigen Staatsanleihe niemals unter 3 Prozent gefallen. Zudem beträgt der Staatsschuldenstand derzeit rund 120 Prozent der Wirtschaftsleistung und wird nur sehr langsam fallen. 2006 betrug er noch nicht einmal ein Viertel davon. Da man nun nicht behaupten kann, dass die Märkte vor sieben Jahren vorsichtiger agiert hätten, gibt es also deutliche Anzeichen für eine Übertreibung.
Dies trifft in milderer Form auch auf die Anleihen anderer finanzschwacher EU-Länder zu. Zehnjährige spanische Anleihen rentieren derzeit mit 3,77 Prozent und damit auf dem Niveau der Jahre 2009/2010, bevor noch die spanische Schuldenkrise sich zuspitzte. Ähnlich ist der Fall in Italien. Selbst die Renditen griechischer Anleihen sind drastisch auf 7,56 Prozent gefallen. Dort lagen sie zuletzt vor drei Jahren, als der 2012 erfolgte Schuldenschnitt noch von allen späteren Beteiligten zurückgewiesen wurde. In allen Ländern sind die Haushaltsdefizite seitdem mehr oder weniger stark gesunken, die Schuldenstände aber deutlich höher.

Längerfristige Fragezeichen

Den betroffenen Staaten fehlen somit die wirtschaftspolitischen Spielräume, weil die Sparpolitik weiter anhalten muss. Einer stärkeren Rezession sind sie damit nicht gewachsen. Besser sind indes die kurzfristigen Aussichten und das begünstigt eine Erholungsrally. Hinzu kommt, dass die Rating-Agenturen ohne wichtigen Anlass nur noch zu festgelegten Terminen Anpassungen der Bonitätsnoten und Ausblicke vornehmen dürfen. Damit wissen die Anleger, dass sie etwa von Standard & Poor’s vor Juni wohl keine Rating-Änderung für Italien oder Irland zu fürchten haben. Für Portugal steht dies schon zum 17. Januar an.
Längerfristig gilt aber, dass die betreffenden Staaten weiter Probleme mit ihrer Wettbewerbsfähigkeit haben, die ungelöst sind. Als Euro-Länder fehlt ihnen die Möglichkeit, dies über den Wechselkurs abzufangen, auch die Möglichkeiten der Geldpolitik sind eingeschränkt. Ihnen bleibt daher nur die Möglichkeit, weiter zu deflationieren und lange versäumte Strukturprobleme in Angriff zu nehmen. Das aber benötigt Zeit und der politische Rückhalt für die Sparhaushalte nimmt eher ab als zu, insbesondere wenn sich kurzfristige Erfolge zeigen. Ob die aktuellen Anleiherenditen die strukturellen Risiken richtig bewerten, ist zumindest diskussionswürdig. Am Mittwoch ist die Rendite der irischen Anleihe wieder auf mehr als 3,5 Prozent gestiegen. Der Renditerückgang der südeuropäischen Anleihen geht indes weiter.

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