Austausch von Steuerdaten
OECD legt ein Musterabkommen vor
FAZ Print 7.5.2014
FRANKFURT, 6. Mai. Die Organisation
für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung (OECD) hat einen
Vorschlag für einen internationalen
Austausch von Steuerdaten vorgelegt
(Automatic Exchange of Financial Account
Information - AEOI). Auf dessen
Basis sollen Staaten bilateral oder multilateral
Abkommen abschließen, um
sich zum gegenseitigen Austausch von
Informationen über Finanzkonten ihrer
Steuerpflichtigen im jeweils anderen
Staat zu verpflichten. Ziel ist, die effektive
Besteuerung der im Ausland erzielten
Einkünfte im „Ansässigkeitsstaat“
sicherzustellen. Bisher haben 44 Staaten
und Gebiete ihr Interesse bekundet.
Der Vorschlag wurde auf Initiative und
unter Mitwirkung der G-20-Staaten
und der Europäischen Union erarbeitet.
Er besteht aus zwei Teilen: dem Reportingstandard
sowie dem Entwurf eines
Musterabkommens, der Vorlage für die
bilateralen Abkommen zwischen den
Teilnehmerstaaten werden soll. ,
Das Musterabkommen regelt die gegenseitigen
Rechte und Pflichten der
teilnehmenden Staaten und soll eine
möglichst einheitliche Umsetzung sicherstellen.
Innerhalb ■ der EU ist es
wahrscheinlich, dass eine Richtlinie
den Rahmen vorgeben wird, den die
Mitgliedstaaten in ihr nationales Recht
umsetzen müssen. Sie könnte zudem
die EU ermächtigen, Abkommen mit anderen
Teilnehmerstaaten mit Wirkung
für alle Mitgliedstaaten zu vereinbaren.
Der Reportingstandard definiert Umfang
und Format der äuszutaiaschenden
Daten sowie das Verfahren bei deren
Übermittlung.
Der Austausch von Informationen
sieht zwei Schritte vor. Zunächst haben
Banken und Versicherungen die KontOT
inhabe'r zu identifizieren, die in einem •
anderen Teilnehmerstaat ansässig sind.
Die Prüfung unterscheidet danach, ob
die Konten am Stichtag 1. Januar 2016
bereits bestanden - und ob es sich um
Konten von hohem oder niedrigem
Wert handelt (wobei die Grenze für natürliche
Personen bei einer Million Dollar
liegt). Konten natürlicher Personen
im Altbestand sind bis Ende 2017 zu erfassen,
solche von hohem Wert schon
bis Ende 2016. Die Identifizierung erfolgt
auf Basis der vorhandenen Wohnungsanschrift.
Dem liegt die Vermutung, zugrunde,
dass der Kontoinhaber in diesem Staat
steuerpflichtig ist. Die Bank kann (bei
Konten von hohem Wert muss sie dies
sogar) ihre Daten jedoch danach durchsuchen,
ob Indizien für eine Steuerpflicht
in einem oder mehreren anderen
Staaten vorliegen - beispielsweise
schon bei nur einer nicht zum Staat des
Wohnsitzes passenden Telefonnummer.
Dann wird die Bank vom Kontoinhaber
eine Erklärung darüber verlangen, in
welchem Staat er steuerpflichtig ist
(Selbstauskunft). Für neue Konten wird
stets eine Selbstauskunft verlangt werden.
Im zweiten Schritt haben Banken für
diese Konten - beginnend im Jahr 2017
für das Kalenderjahr 2016 - die relevanten
Informationen an eine nationale
Stelle (vermutlich das Bundeszentralamt
für Steuern) zu melden. Hierzu gehören
alle Erträge und Veräußerungserlöse
aus Kapitalanlagen, aber auch die
Kontostände am Ende des Berichtszeitraums.
Dabei können nationale Definitionen
verwendet werden. Es ist also
nicht notwendig, Begriffe wie „Erträge“
jeweils nach dem Steuerrecht der
verschiedenen Teilnehmerstaaten zu ermitteln.
Der Vorschlag fußt auf den FATCAAbkommen,
die eine Vielzahl von Staaten
mit den Vereinigten Staaten abgeschlossen
hat. Im Detail weichen die
beiden Standards jedoch an vielen Stellen
voneinander ab. Denn der'Reportingstandard
der OECD ist international
angelegt; auch gibt er in größerem
Umfang Möglichkeiten, auf nationale
Regeln zurückzugreifen. Zudem kennt
der Entwurf keinen Schwellenwert für
den Kontowert, bei dessen Unterschreiten
überhaupt keine Meldung erfölgen
muss. Für Banken dürfte in der Anwendung
ein Rückgriff auf vorhandene Prozesse
für die Abgeltungsteuer, die (ebenfalls
erst jüngst erweiterte) Zinsrichtlinie
und die FATCA-Vorgaben sinnvoll
sein. SEBASTIAN MEINHARDT
Der Autor ist Partner bei KPMG.
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