Griechischer AktienmarktTsipras schickt Athener Märkte in die Baisse
Griechische Anleihen und Aktien erleiden schwere Kursverluste. Auch in anderen südeuropäischen Ländern steigen die Renditen der Staatsanleihen. Die gegenwärtige Baisse könnte für Anleger auch eine Chance sein.
28.01.2015, von GERALD BRAUNBERGER
Auf Vorschusslorbeeren von den internationalen Finanzmärkten kann die neue griechische Regierung nicht hoffen. Im Gegenteil: Die schon seit Tagen beobachtbare Kursschwäche griechischer Aktien und Anleihen hat sich am Mittwoch, dem ersten Arbeitstag des neuen Kabinetts, noch einmal beschleunigt.
Auslöser der Baisse waren Äußerungen aus der neuen Regierung. So will Ministerpräsident Alexis Tsipras zwar nach eigenen Worten eine „zerstörerische Konfrontation“ mit den internationalen Geldgebern des Landes vermeiden. Finanzminister Yanis Varoufakis versicherte, Athen strebe kein „Duell“ mit Europa an. Andererseits beharrte Tsipras auf einer Umsetzung seines Wahlprogramms, das Schuldenerleichterungen und eine Abkehr von der Reformpolitik sowie den Verzicht auf Privatisierungen vorsieht. Die griechische Politik stehe vor einem „radikalen Wandel.“
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Am Aktienmarkt büßte der ASE-Index am Mittwoch fast 9 Prozent ein. Im Tagesverlauf fiel der Index auf seinen niedrigsten Stand seit Herbst 2012. Besonders stark betroffen waren Bankaktien, weil sich Anleger sowohl um die kurzfristige Liquidität der Häuser wie um deren langfristige Ertragskraft sorgen. Unklar ist derzeit auch, ob der Staat, der an mehreren Banken beteiligt ist und dort Einfluss ausübt, nach dem Wechsel der Regierung auch auf Wechsel im Management der Finanzhäuser drängen wird.
Ausfallwahrscheinlichkeit griechischer Staatsanleihen steigt
Der Kurs der Piraeus Bank brach bei sehr hohen Umsätzen um nahezu 30 Prozent ein; ihr Marktwert beträgt nur noch 3 Milliarden Euro. Ebenfalls sehr hohe Kursverluste erlitten die Aktien anderer führender griechischer Banken wie der National Bank of Greece, der Alpha Bank und der Eurobank. Im Gegenzug konnte die Aktie der kleinen Attica Bank ihre Hausse der vergangenen Tage fortsetzen.
Ein altes Börsensprichwort besagt, dass Anleger nicht in ein fallendes Messer greifen, also nicht inmitten einer Baisse kaufen sollten. Anderer Ansicht scheint im konkreten Falle der Nobelpreisträger Robert Shiller zu sein. „ Es mag im Moment nicht richtig aussehen, am griechischen Aktienmarkt anzulegen“, sagte Shiller in London. Andererseits befinde sich die Bewertung griechischer Aktien unter allem, was er jemals in den Vereinigten Staaten gesehen habe. Dies lege nahe, dass griechische Aktien eine „spektakuläre Kapitalanlage“ sein könnten.
Einen schwarzen Tag erlebten ebenfalls die griechischen Staatsanleihen, deren Kurse einbrachen. Gleichzeitig ist die Ausfallwahrscheinlichkeit der Staatsanleihen nach Einschätzung von Finanzmarktteilnehmern deutlich gestiegen, wie sich aus den Preisen für Kreditausfallderivate (CDS) auf diese Anleihen ergibt. Demnach wird die Wahrscheinlichkeit, dass in den kommenden fünf Jahren entweder Zinszahlungen oder Tilgungen nicht geleistet werden, nunmehr mit 70 Prozent eingeschätzt. In vielen Banken ist die Ansicht verbreitet, dass es zu irgendeiner Form von Schuldenerleichterung für Griechenland kommen wird, sofern die neue Regierung im Gegenzug die Fortsetzung der Reformpolitik zusichert. Wer am Mittwoch griechische Staatsanleihen im Wert von 10 Millionen Euro für die kommenden fünf Jahre gegen einen Ausfall versichern wollte, musste eine Einmalzahlung von 4,2 Millionen Euro leisten und sich zu einer jährlichen Prämie von 100.000 Euro verpflichten.
Portugal will seine Kredite frühzeitig tilgen
Die Renditen kurzlaufender griechischer Staatsanleihen stiegen weitaus stärker als die Renditen von Langläufern. Dies ist ein Signal, dass Anleger innerhalb absehbarer Zeit mit schlechten Nachrichten über die Zinszahlungen und Tilgungen rechnen. Dreijährige Staatsanleihen rentierten zur Wochenmitte mit fast 17 Prozent, fünfjährige Anleihen mit 13 Prozent und zehnjährige Papiere mit 10 Prozent. Die Renditen von Anleihen griechischer Unternehmen legten ebenfalls deutlich zu.
Die Baisse am Athener Anleihemarkt strahlte auch auf die Märkte für Staatsanleihen anderer südeuropäischer Staaten aus, auch wenn die Renditeaufschläge dort mit 5 bis 15 Basispunkten übersichtlich blieben. Höhere Renditen wurden auch in Portugal verzeichnet, das allerdings einen ganz anderen Weg einschlägt als Griechenland. Die Portugiesen haben die bislang gute Stimmung am Markt genutzt, um bereits nahezu 40 Prozent der für dieses Jahr geplanten Emissionssumme durch die Ausgabe von Anleihen einzunehmen. Die Schuldenagentur in Lissabon will in diesem Jahr Anleihen für 12 bis 14 Milliarden Euro ausgeben. In den vergangenen Tagen wurden zwei langlaufende Anleihen im Wert von 5,5 Milliarden Euro über Banken plaziert. Portugal will das Geld unter anderem für eine frühzeitige Rückzahlung von Krediten nutzen, die das Land im Zuge des 2011 beschlossenen Hilfsprogramms erhalten hatte. Alleine vom Internationalen Währungsfonds hat Portugal Kredite für 26,5 Milliarden Euro erhalten, die im Durchschnitt mit einem Satz von 3,7 Prozent verzinst werden. Zehnjährige portugiesische Staatsanleihen rentierten am Mittwochnachmittag mit 2,54 Prozent.
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