Neue StudieBiosprit macht Menschen hungrig
Riesige Maisfelder werden lediglich dazu genutzt, Sprit zu erzeugen. Der Nutzen dieser Strategie ist bestenfalls gering, sagen die Forscher. Vielleicht ist der Weg auch komplett falsch.
30.01.2015
Wie kann die westliche Welt ihre Abhängigkeit vom Erdöl lösen? Biosprit ist ein wichtiger Teil dieser Strategie. Doch seine Verwendung ist hoch umstritten, und die Vorwürfe sind breit gefächert: Manche sagen, er sei zu teuer, andere behaupten, der Anbau von Nutzpflanzen für den Biosprit nehme wichtigen Platz für Nahrungspflanzen weg. Ein neuer Bericht der Umwelt-Denkschmiede World Resources Institute (WRI) zeigt nun: Die Vorwürfe sind richtig. Die Forscher gehen sogar so weit zu sagen, dass westliche Regierungen einen völlig falschen Weg in der Energiepolitik eingeschlagen haben und diese Strategie komplett überdenken sollten.
Demzufolge ist das umgewandelte Pflanzenmaterial so ineffizient, dass der Biosprit wahrscheinlich nie einen wesentlichen Teil des weltweiten Energiebedarfs decken wird. So werden beispielsweise in Amerika lediglich 6 Prozent des Kraftstoff-Bedarfs durch Biomaterial gedeckt, aber man benötigt dazu rund ein Drittel der kompletten Maisernte.
Verschiedene Studien haben zudem gezeigt, dass die Förderung von Biosprit dazu beigetragen hat, die Nahrungsmittelpreise auf der ganzen Welt steigen zu lassen und die Luftverschmutzung zu verschlimmern. Dagegen hat die Verwendung des Biokraftstoffs relativ wenig dazu beigetragen, das für die Erderwärmung wesentliche Kohlenstoffdioxid einzudämmen.
Der Boom der Biokraftstoffe hängt vor allem mit einer wissenschaftlichen Theorie zusammen, wonach das Verwandeln von Pflanzenmaterial in Treibstoff verhältnismäßig weniger Kohlenstoffdioxid-Emissionen verursacht - weil durch das Nachwachsen von Pflanzen das bei der Spritverbrennung entstehende Kohlendioxid wieder verbraucht wird. Damit gilt Biosprit als nachhaltiger verglichen mit dem Verbrennen von fossilen Brennstoffen, die den Kohlenstoff quasi aus der Erde ziehen um den Brennstoff zu erzeugen.
Politik ignoriert die Alternativen
Timothy D. Searchinger, einer der Hauptautoren des Berichts, stellt diese Annahmen in Frage. Er sagt, die Politik hätte oft nicht die Opportunitätskosten einberechnet: Wenn Wälder oder Wiesen an ihrer Stelle wachsen würden, welche Kohlendioxid aus der Luft ziehen und in Baumstämmen und Böden speichert, wäre das wesentlich effektiver als die Wirkung der Biokraftstoff-Pflanzen.
Darüber hinaus sind Biokraftstoffe ein ineffizienter Weg, um Sonnenlicht in Brennstoff umzuwandeln. So werden bei Biokraftstoff-Pflanzen lediglich 0,5 Prozent des Sonnenlichts in Energie umgewandelt, bei modernen Solar-Panels sollen es bis zu 50 Prozent sein. Es wäre daher eine immense Menge an Land für die Biodiesel-Pflanzen erforderlich, um den weltweiten Energiebedarf zu decken, so Searchinger.
Doch Biokraftstoff ist nicht gleich Biokraftstoff, so die Aussage der Studie: Die Verwendung von Abfällen, Sägespäne oder Baumbeschnitt sei durchaus sinnvoll. Allerdings sei ihr Potential doch sehr begrenzt. Insgesamt wurde „das Potential für Biokraftstoffe drastisch übertrieben“, sagt Andrew Steer, der Präsident des WIR. „Es gibt noch andere, effektivere Wege zu einer kohlenstoffarmen Welt.“
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Die Forscher betonen zudem, dass das Land benötigt werde, um die Nahrungsmittelversorgung der Weltbevölkerung sicherzustellen. Die Nachfrage nach Nahrungsmitteln soll demnach bis 2050 um 70 Prozent steigen. Würde bis 2050 die Biosprit-Produktion eingestellt, würde diese Lücke auf 60 Prozent fallen. „Wir haben nur einen Planeten, mit nur so viel Land,“ mahnt Searchinger. „Wenn man Land für einen Zweck verwendet, kann man es nicht für einen anderen.“
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