Prorussische Regierung in Athen
Trojanisches Pferd Putins?
Die beiden Koalitionspartner Syriza und die Unabhängigen Griechen sind sich nicht nur in der Ablehnung der rigorosen Sparpolitik einig. Sie sind beide auch prorussisch.
Verärgert über das Vorgehen
Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten Russland wegen der Eskalation im Ukraine-Konflikt in einer am Dienstagvormittag verbreiteten Erklärung mit neuen Sanktionen gedroht. Sie warfen Moskau «die fortdauernde und wachsende Unterstützung» der prorussischen Kämpfer in der Ostukraine vor. Tsipras erklärte dazu, er habe seinen Unmut über das Vorgehen in einem Telefonat mit der EU-Aussenbeauftragten Federica Mogherini zum Ausdruck gebracht und auch Beschwerde bei den EU-Vertretungen in Athen eingelegt. Aus EU-Kreisen hiess es dazu, die übliche Verfahrensweise sei sehr wohl respektiert worden. In solchen Fällen sei es üblich, das Schweigen eines Mitgliedstaats – in diesem Fall offenbar Griechenlands – als Zustimmung zu werten.
Tsipras' linkes Parteienbündnis Syriza, das am Sonntag die Wahlen gewonnen hat, ist – für viele überraschend – eine Koalition mit der rechtspopulistischen Partei Unabhängige Griechen (Anel) eingegangen. Gemeinsam ist den beiden politischen Kräften nicht nur, wie immer betont wird, die Ablehnung der von den westlichen Geldgebern verordneten Sparmassnahmen, sondern auch ihre prorussische Politik. Nach seinem Wahlsieg empfing Tsipras laut griechischen Medien als ersten ausländischen Diplomaten den russischen Botschafter.
Gespräche in Moskau
In einem Blog schreibt der in London lehrende Politologe Anton Schechowzow , dass Tsipras die nach der Annektierung der Krim von der EU gegen Russland verhängten Sanktionen verurteilt habe. Als Oppositionsführer war Tsipras immer gegen solche Strafmassnahmen gewesen. Auch votierten alle sechs Abgeordneten des Bündnisses der radikalen Linken am 16. September 2014 im Europäischen Parlament gegen die Ratifizierung des Assoziierungsabkommens mit der Ukraine. Schechowzow stellt sich die Frage, ob Syriza mit seiner russlandfreundlichen Politik zum «trojanischen Pferd» Moskaus in der EU werden könnte. Eine Verschärfung der Sanktionen gegen Russland erfordert die Zustimmung aller EU-Mitglieder.
Der neue griechische Aussenminister, Nikos Kotzias, hatte im April 2013 den ultrakonservativen russischen Ideologen Alexander Dugin für einen Vortrag an die Universität Piräus eingeladen. Ein Gruppenfoto von diesem Besuch ist auf Dugins Website 4pt.su zu finden. Darauf ist auch der Politikprofessor Kotzias zu sehen.
Auch der Chef von Anel, Panos Kammenos, pflegt, wie Schechowzow schreibt, gute Beziehungen zu Moskau. So sei Kammenos in der ersten Januarhälfte 2015 in Moskau gewesen. Vermutlich sei über die Bildung einer Koalition von Syriza und den Unabhängigen Griechen gesprochen worden.
Der russische Präsident Putin hat dem griechischen Wahlsieger sogleich gratuliert und seine Überzeugung zum Ausdruck gebracht, dass Russland und Griechenland bei der Lösung europäischer Fragen und globaler Probleme effizient zusammenarbeiten werden.
Sorgen in Berlin
Der Russlandbeauftragte der deutschen Bundesregierung, Gernot Erler, sieht ein mögliches Abweichen Griechenlands von der gemeinsamen Linie der EU zu den Sanktionen gegen Russland im Ukraine-Konflikt mit Sorge. Die Einigkeit sei bisher die einzige Stärke der EU gewesen, sagte Erler am Mittwoch im ARD-Morgenmagazin. «Es war auch immer wieder versucht worden, von Moskau da Keile in diese Einigkeit zu bringen und das wäre jetzt sehr bedauerlich, wenn das mit der Wahl von Herrn Tsipras ein Ende fände.» Allerdings stünden die eigentlichen Entscheidungen noch bevor, beim EU-Gipfel am 12. Februar. «Man kann also noch nacharbeiten», sagte Erler.
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