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Donnerstag, 26. Februar 2015

Der Luxemburger Generalstaatsanwalt lehnt das Rechtshilfeersuchen ab. Die Sache mit den Selbstanzeigen sei "in diesem Zusammenhang nicht relevant". Nach "hiesigem Rechtsverständnis" handele es sich um einen Einzelfall. Luxemburg gewähre aber nach der Abgabenordnung die Rechtshilfe nur bei Steuerbetrug. Der könne nur vorliegen, "wenn der Steuerpflichtige systematisch betrügerische Handlungen" vorgenommen habe. "Der alleinige Umstand", dass durch den beschuldigten Vermögensverwalter "Gelder in Gesellschaften deponiert werden, ist nicht alleinig als Betrugsumstand genügend". Die Beschlagnahme der Kundendaten in Luxemburg sei auf dieser Basis nicht möglich.

Ermittlungen wegen SteuerhinterziehungWie Fahnder gegen das System Luxemburg losschlagen

 

Deutsche Fahnder wollten nach Luxemburg, doch das Großherzogtum verweigerte die Amtshilfe. 

(Foto: Imago Stock&People)
  • Luxemburger Banken, Rechtsanwälte und Vermögensverwalter sollen Deutschen bei Steuerhinterziehung geholfen haben durch Gründung von Offshore-Gesellschaften bei einem Dienstleister in Panama.
  • Es ist der erste große Einsatz der neuen Ermittlungsgruppe "Organisierte Kriminalität und Steuerhinterziehung" des LKA Düsseldorf.
  • Die Luxemburger Commerzbank-Tochter soll systematisch Beihilfe zur Steuerhinterziehung geleistet haben. Darauf weisen interne E-Mails hin.
    Von Bastian BrinkmannHans LeyendeckerBastian Obermayer und Klaus Ott
    Seit Monaten schon hat die Ermittlungskommission "Kanal" ihren Einsatz geplant. Die Finanzbehörden in Nordrhein-Westfalen hatten für knapp eine Million Euro einen Datensatz erstanden, in dem Hunderte mutmaßliche deutsche Steuerhinterzieher erfasst sind. Die Steuerfahnder hatten, wie üblich, die Echtheit des Materials verifiziert, hatten Identitäten überprüft, Steuerakten herausgesucht. Es geht um Luxemburg. Mal wieder.
    Während Jean-Claude Juncker, der neue EU-Kommissionspräsident und vormalige Luxemburger Premier, im Herbst 2014 in der "Lux-Leaks"-Affäreimmer wieder erklärte, am Finanzplatz Luxemburg sei "alles legal" gewesen, begann die EK "Kanal" damit, sich die Dinge genauer anzuschauen. Und dabei stieß sie, um im Bild zu bleiben, auf manch überquillende Sickergrube im Großherzogtum. Es stinkt. Die Ermittler sind nicht zu beneiden. In wie viele Kanäle werden sie steigen?

    Alles legal? Die Ermittler sehen das anders

    Zahlreiche Luxemburger Banken und fast neunzig Rechtsanwälte und Vermögensverwalter sollen deutschen Kunden bei Steuerhinterziehung geholfen haben, durch die Gründung von Offshore-Gesellschaften bei einem Dienstleister in Panama. Vermutlich wird es in dem Ermittlungsverfahren, das von der Staatsanwaltschaft Köln eingeleitet wurde, bald auch um den Vorwurf der Geldwäsche gehen. Jedenfalls ausschließlich um Illegales.
    Es geht um exotische Schauplätze und um viel dreckiges Geld. Es ist ein Großverfahren, das sich auch mit den Bräuchen in einem kleinen Nachbarland beschäftigt, und erstaunlich ist schon, was die Kleinen sich da trauen. Immer wieder.

    Es ist der erste große Einsatz

    Erst vor Kurzem wurde eine neuartige Ermittlungsgruppe "Organisierte Kriminalität und Steuerhinterziehung" (EOKS) beim Landeskriminalamt Düsseldorf eingerichtet. Organisierte Steuerhinterziehung und Schwerkriminalität haben manches gemein, das ist der Gedanke. EOKS hat den Ablauf des Verfahrens konzipiert, und die EK "Kanal" in Marsch gesetzt. Es ist der erste große Einsatz der neuen Ermittlungsgruppe.
    Die Aktion wurde von den Fahndern in Nordrhein-Westfalen geplant, aber am Dienstag waren auch hessische und bayerische Fahnder sowie Steuerfahnder aus Trier beteiligt. In Rheinland-Pfalz wurden, weil grenznah, Wohnungen von Mitarbeitern luxemburgischer Finanzdienstleister durchsucht, die der Beihilfe verdächtig sind.

    Commerzbank-Manager fragen nach Offshorefirmen

    Auch bei der Commerzbank in Frankfurt tauchten Fahnder mit einem Durchsuchungsbeschluss auf. Sehr diskret soll es zugegangen sein. Es geht um die Aktivitäten der Luxemburger Commerzbank-Tochter, auch sie soll jahrelang systematisch Beihilfe zur Steuerhinterziehung geleistet haben.
    Dazu liegen den Ermittlern viele Dokumente und der dazugehörige Mailverkehr vor. Also etwa: Commerzbank-Manager erfragen Namenslisten verfügbarer Offshorefirmen, sie erbitten Passkopien der Strohmänner für irgendwelche Geschäfte, sie schicken Dokumente, in denen der wahre Bevollmächtigte genannt wird.
    Die Bank erklärte, die Fälle würden "unternehmensintern" untersucht und in Kooperation mit den Behörden aufgearbeitet. Man habe Kunden, deren "Steuerstatus" nicht klar gewesen sei, seit 2009 aufgefordert, für Klarheit zu sorgen. Seit 2007 habe die Commerzbank International in Luxemburg "schon die bloße Weiterleitung von Kundenanfragen" an Anbieter von Briefkastenfirmen "grundsätzlich untersagt".
    Doch Fragen bleiben, und die Commerzbank ist nur der Anfang. Unter ähnlichem Verdacht stehen auch andere Luxemburg-Töchter großer deutscher Banken. Die Steuerfahnder nehmen an, dass die Konzernmütter über die heimlichen Geschäfte Bescheid wussten. Die Ermittlungen sollen in Wellen laufen. Die Fahnder haben etliche hundert verdächtige Privatpersonen im Visier, dazu kommen Finanzdienstleister, Bankmanager und in Deutschland wohnende Berater.

    Darum ließ Luxemburg deutsche Fahnder nicht ins Land

    Es geht auch gegen Verantwortliche der in Panama ansässigen Mossack Fonseca Group, sie hat schließlich all jene Briefkastenfirmen gegründet, deren Innenleben jetzt die Ermittlungskommission "Kanal" erforscht - auf der Basis von internen Dokumenten der Firma. Die Mossack Fonseca Group ist einer der großen internationalen Anbieter von Briefkastenfirmen, sie wird seit Jahren dafür kritisiert, mit so ziemlich jedem Geschäfte zu machen, der etwas zu verbergen hat.
    Die Vorgeschichte dieser Großrazzia beginnt am 1. Juli 2005, damals wurde in Luxemburg eine EU-Zinsrichtlinie in nationales Recht umgesetzt. Eine anfangs 15-prozentige, später sogar 35-prozentige Quellensteuer auf Zinseinnahmen von Bürgern anderer EU-Staaten sollte anonym abgeführt werden. Aber der Geldfluss aus Luxemburg blieb aus. Stattdessen wurden von den Beschuldigten - und sehr wahrscheinlich von einigen mehr als den bisher aufgeflogenen Akteuren im Großherzogtum - gleich serienweise Offshore-Gesellschaften gegründet, um das Geld zu verstecken und die Quellensteuer zu vermeiden.
    Nun ist es das eine, wenn eine Bank wie die HSBC Genf aus einem Nicht-EU-Staat ihren deutschen Kunden hilft, eine EU-Steuer zu umgehen - was seit den Swiss-Leaks bekannt ist. Aber die EU-Zinsrichtlinie wurde auch von Luxemburg verabschiedet, vom damaligen Regierungschef und Finanzminister Jean-Claude Juncker, wenn auch widerwillig. Gleichzeitig wird in seinem Land die nächsten Jahre über massiv mitgeholfen, sie zu umgehen. Das kann man Chuzpe nennen.

    "In diesem Zusammenhang nicht relevant"

    Apropos Chuzpe. Im November 2014 - auf dem Höhepunkt der Lux-Leaks-Enthüllungen - stellt die Kölner Staatsanwaltschaft ein Rechtshilfeersuchen, weil die Ermittler der Kommission "Kanal" einen Finanzdienstleister in Luxemburg durchsuchen wollen, der zahlreiche deutsche Kunden betreut hat. Sie haben gegen ihn ein Verfahren eingeleitet. Den Ermittlern liegen Selbstanzeigen von Kunden des Beschuldigten vor, die zeigen, dass der Verdacht der Fahnder nicht aus der Luft gegriffen ist.
    Der Luxemburger Generalstaatsanwalt lehnt das Rechtshilfeersuchen ab. Die Sache mit den Selbstanzeigen sei "in diesem Zusammenhang nicht relevant". Nach "hiesigem Rechtsverständnis" handele es sich um einen Einzelfall. Luxemburg gewähre aber nach der Abgabenordnung die Rechtshilfe nur bei Steuerbetrug. Der könne nur vorliegen, "wenn der Steuerpflichtige systematisch betrügerische Handlungen" vorgenommen habe. "Der alleinige Umstand", dass durch den beschuldigten Vermögensverwalter "Gelder in Gesellschaften deponiert werden, ist nicht alleinig als Betrugsumstand genügend". Die Beschlagnahme der Kundendaten in Luxemburg sei auf dieser Basis nicht möglich.
    Der Ablehnungsbescheid stammt vom Ersten Generalanwalt Jeannot Nies. Er sagt, wenn die deutschen Behörden neue Erkenntnisse lieferten, werde Luxemburg den Fall neu prüfen und dann möglicherweise doch Rechtshilfe gewähren. So sei das mit der Staatsanwaltschaft Köln besprochen. Die bisherigen Informationen hätten eben nicht genügt. Darüber entscheide allein die Generalstaatsanwaltschaft, das Justizministeriums habe damit nichts zu tun. So sei das bereits seit August 2000 gesetzlich geregelt, sagt Nies.

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