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Mittwoch, 25. Februar 2015
Amtsgericht Frankfurt am Main – Urteil vom 9. April 2013 – 30 C 2877/11 Landgericht Frankfurt am Main – Urteil vom 13. Januar 2014 – 24 S 95/13 und XI ZR 193/14 Amtsgericht Frankfurt am Main – Urteil vom 2. Juli 2013 – 30 C 128/13 Landgericht Frankfurt am Main – Urteil vom 21. März 2014 – 24 S 139/13 Karlsruhe, den 24. Februar 2015
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Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle
Nr. 24/2015
Bundesgerichtshof bejaht
Zahlungsverpflichtung der Republik
Argentinien gegenüber privaten
Gläubigern aus den
von ihr begebenen Staatsanleihen
Der für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat sich in zwei weiteren
Verfahren damit beschäftigt, ob die Republik Argentinien die Erfüllung von Zahlungsansprüchen
privater Gläubiger aus von ihr begebenen Inhaberschuldverschreibungen unter Berufung auf
den von ihr wegen Zahlungsunfähigkeit erklärten Staatsnotstand oder wegen der mit der
Mehrheit der Gläubiger freiwillig zustande gekommenen Umschuldung verweigern kann. Der
Bundesgerichtshof hat dies verneint.
In den beiden Verfahren macht der jeweilige Kläger Ansprüche aus
Inhaberschuldverschreibungen geltend, die von dem beklagten Staat im Jahr 1997 (Sache XI
ZR 193/14) bzw. im Jahr 1996 (Sache XI ZR 47/14) ausgegeben wurden. Der Kläger in der
Sache XI ZR 193/14 begehrt die Rückzahlung des Nominalbetrags des von ihm erworbenen
Miteigentumsanteils an den Ende Oktober 2009 fällig gewordenen Schuldverschreibungen
nebst den am 30. Oktober 2008 und 30. Oktober 2009 fällig gewordenen Zinsen. Der Kläger in
der Sache XI ZR 47/14 begehrt die Zahlung der aus den Schuldverschreibungen am 13.
November 2005 fällig gewordenen Zinsen für das Jahr 2005 nebst einem nach seiner
Behauptung wegen der Nichtzahlung dieser Zinsen entgangenen Gewinn.
Die Beklagte sieht sich seit 1999 mit erheblichen volkswirtschaftlichen Problemen konfrontiert,
die sich zumindest zeitweise bis zu einer Finanzkrise des Staates ausgeweitet hatten. Mit Gesetz
Nr. 25.561 über den öffentlichen Notstand und die Reform des Wechselkurssystems vom 6.
Januar 2002 wurde der "öffentliche Notstand auf sozialem, wirtschaftlichem, administrativem,
finanziellem und währungspolitischem Gebiet" erklärt. Auf der Grundlage der daraufhin
erlassenen Verordnung 256/2002 vom 6. Februar 2002 zur Umstrukturierung der
Verbindlichkeiten und Schuldenzahlungen der argentinischen Regierung wurde der
Auslandsschuldendienst durch die Beklagte ausgesetzt, um ihn neu zu ordnen. Das Gesetz über
den öffentlichen Notstand wurde immer wieder zuletzt ein weiteres Mal bis zum 31. Dezember
2015 verlängert. Aufgrund dessen fielen auch die beiden Kläger mit den von ihnen nunmehr
im Klagewege geltend gemachten Ansprüchen aus.
Das Amtsgericht hat den beiden Klagen im Wesentlichen stattgegeben. Das Landgericht hat die
dagegen gerichteten Berufungen der Beklagten vollständig (Sache XI ZR 193/14) bzw. ganz
überwiegend (Sache XI ZR 47/14) zurückgewiesen. Es hat dabei unter anderem die Ansicht der
Beklagten abgelehnt, dass einem Schuldnerstaat, der sich in einer Finanzkrise befunden und mit
einer Mehrheit seiner Gläubiger eine Umstrukturierung seiner Schulden vereinbart habe, ein
völkerrechtlich begründetes Leistungsverweigerungsrecht gegenüber sogenannten HoldoutGläubigern
auch dann zukommen solle, wenn die Bedingungen der zugrunde liegenden
Schuldverschreibung entsprechende (Umschuldungs)Klauseln ("Collective Action Clauses")
nicht enthalten haben. Mit der vom Landgericht jeweils zugelassenen Revision verfolgt die
Beklagte ihre Klagabweisungsbegehren weiter.
Die Revisionen der Beklagten hatten keinen Erfolg. Der Bundesgerichtshof kam zu dem
Ergebnis, dass keine allgemeine Regel des Völkerrechts feststellbar ist, die einen Staat
gegenüber Privatpersonen berechtigt, die Erfüllung fälliger privatrechtlicher Zahlungsansprüche25.2.2015 Bundesgerichtshof
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgibin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&nr=70302&linked=pm&Blank=1 2/2
unter Berufung auf den wegen Zahlungsunfähigkeit erklärten Staatsnotstand oder wegen einer
mit der Mehrheit der Gläubiger freiwillig zustande gekommenen Umschuldung zeitweise zu
verweigern. Dabei hat der Bundesgerichtshof an die Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts angeknüpft, das bereits im Jahr 2007 auf mehrere Vorlagen des
Amtsgerichts Frankfurt am Main im Zusammenhang mit anderen Staatsanleihen der Beklagten
festgestellt hatte, dass das Völkerrecht weder ein einheitliches noch ein kodifiziertes
Konkursrecht der Staaten kennt (BVerfGE 118, 124). Diese Feststellungen des
Bundesverfassungsgerichts haben nach wie vor Gültigkeit. Entgegen der Auffassung der
Revision hat sich insbesondere nicht als Folge der Weltfinanzmarktkrise in den Jahren 2008 und
2009 und der sogenannten EuroRettungsmaßnahmen für Griechenland und Zypern eine
allgemeine Regel des Völkerrechts im Sinne des Art. 25 GG mit dem Inhalt herausgebildet, dass
sich sämtliche privaten Gläubiger eines Staates im Falle eines wirtschaftlichen und finanziellen
Staatsnotstands an einer Umstrukturierung der Schulden beteiligen müssen und dem
notleidend gewordenen Staat bis zu einer entsprechenden Vereinbarung ein
Leistungsverweigerungsrecht hinsichtlich fälliger Zahlungsansprüche aus
Privatrechtsverhältnissen zusteht. Denn in der Sache besagt dieser Ansatz nichts anderes, als
dass dadurch das völkergewohnheitsrechtliche Institut des Notstands für den Sonderfall der
Zahlungsunfähigkeit in Voraussetzungen und Rechtsfolgen konkretisiert wird. Im Kern
beinhaltet er damit die Behauptung eines von der Staatengemeinschaft anerkannten
Insolvenzrechts der Staaten. Ein solches besteht indes unzweifelhaft nicht, so dass es auch einer
Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 2 i.V.m. Art. 25 GG nicht bedurfte.
Urteile vom 24. Februar 2015
XI ZR 47/14
Amtsgericht Frankfurt am Main – Urteil vom 9. April 2013 – 30 C 2877/11
Landgericht Frankfurt am Main – Urteil vom 13. Januar 2014 – 24 S 95/13
und
XI ZR 193/14
Amtsgericht Frankfurt am Main – Urteil vom 2. Juli 2013 – 30 C 128/13
Landgericht Frankfurt am Main – Urteil vom 21. März 2014 – 24 S 139/13
Karlsruhe, den 24. Februar 2015
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 1595013
Telefax (0721) 1595501
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