GriechenlandAuf Wiedervorlage
Ein Griechenland-Gipfel folgt dem nächsten. Spätestens im April werden alle Streitpunkte zwischen Griechenland und seinen Geldgebern wieder auf den Tisch kommen.
22.02.2015, von WERNER MUSSLER
Erleichterung will sich nach dieser Einigung wirklich nicht einstellen. DieEurogruppe hat ihren Streit mit Griechenland in routinierter europäischer Manier in einen Formelkompromiss gegossen, der an den fundamentalen ökonomischen Problemen des Landes nichts ändert und Athen lediglich Zeit kauft. Im besten Fall ist es gelungen, die schrille griechische Regierung auf die wirtschaftspolitischen Reforminhalte des bisherigen Hilfsprogramms zu verpflichten, mit denen sich bereits die Vorgängerregierung mehr als schwertat. Doch schon das ist mit einiger Sicherheit ein frommer Wunsch.
Zweifellos zeugt die Behauptung der Regierung Tsipras, sie habe sich in Brüssel durchgesetzt, von erheblichem Realitätsverlust. Aber Finanzminister Varoufakis weiß, wovon er spricht, wenn er auf die „konstruktive Mehrdeutigkeit“ des Kompromisspapiers verweist. Denn die inhaltlichen Konflikte mit Athen sind nur übertüncht. Welche der früher vereinbarten Reformen die Regierung zurücknehmen, wie viel sie zusätzlich ausgeben darf, welchen Handlungsspielraum sie generell hat – all das ist nicht geklärt.
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Tsipras und Varoufakis haben dazuselbstbewusste Ansichten. Mit ihnen müssen sich nun ausgerechnet jene in Athen in Misskredit geratenen Fachleute auseinandersetzen, die nun nicht mehr „Troika“, sondern „Institutionen“ heißen. Lösen können sie den Konflikt nicht. Vielmehr dürften wirklich alle Streitpunkte wieder auf den Tisch kommen, wenn sich die Eurogruppe spätestens im April abermals mit Griechenland auseinandersetzt.
Die Scharmützel der vergangenen Wochen lassen überdies allzu leicht vergessen, dass die mittel- bis langfristigen Perspektiven für das Land schlecht sind und schlecht bleiben. Das gilt ganz unabhängig vom weiteren Gebaren der Regierung. Selbst wenn sich der Fahrplan für die kommenden vier Monate einhalten lässt und das jetzige Programm zum Abschluss gebracht wird, braucht das Land anschließend fast sicher wieder neues Geld. Dieses Thema ist in Brüssel wohlweislich ausgeblendet worden. Und neue Kredite werden die Eurofinanzminister in ihren Parlamenten wesentlich weniger leicht durchsetzen können als jetzt die vergleichsweise harmlose Verlängerung. Offen bleibt auch die Tragfähigkeit der griechischen Staatsschuld. Alle, wirklich alle bisherigen Streitpunkte der Griechenland-Diskussion bleiben daher auf der Tagesordnung. Dazu gehört auch die Frage, ob dem Land mit einem Ausscheiden aus der Währungsunion nicht am besten gedient ist.
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