Landgericht Köln, 30 O 538/10
Datum:
26.01.2012
Gericht:
Landgericht Köln
Spruchkörper:
30. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
30 O 538/10
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu 1) 680.000,00 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.09.2010 zu zahlen,
an den Kläger zu 2) 70.000,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.09.2010 zu zahlen,
an den Kläger zu 1) rückständige Zinsen für die Zeit vom 01.07.2010 bis zum 17.09.2010 in Höhe von 3.673,33 Euro zu zahlen, nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.09.2010,
Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Kläger zur gesamten Hand außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 8.369,03 Euro zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistungen von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
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T a t b e s t a n d
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Die Kläger begehren die Rückzahlung von Anleihen nach erklärter Kündigung aus wichtigem Grund.
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Der Kläger zu 1) erwarb 332 und 348 Anleihen der Beklagten, die damals noch unter dem Namen O GmbH firmierte, wobei es sich um 332 Anleihen der zweiten Tranche (WKN: A0JQAG) im Nennwert von 332.000,00 Euro und 348 Anleihen der dritten Tranche (WKN: A0KAHL) im Nennwert von 348.000,00 Euro handelt. Der Kläger zu 1) ist daher Inhaber von Anleihen im Nennwert von insgesamt 680.000,00 €. Der Kläger zu 2) ist Inhaber von Anleihen der zweiten Tranche im Nennwert von 70.000,00 €.
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Die Teilschuldverschreibungen sollten nach den Anleihebedingungen mit 6 Prozent jährlich verzinst werden. Die Zinsen sollten hinsichtlich der Anleihen der zweiten Tranche jeweils am 01.07. eines Jahres, hinsichtlich der dritten Tranche jeweils am 16.11. eines Jahres fällig werden. Die Anleihen der zweiten Trachne sollte am 30.06.2016, die der dritten Tranche am 16.11.2016 zurückgezahlt werden. Wegen der weiteren Einzelheiten zu der Anleihe und den Anleihebedingungen wird auf die im Kopie zur Gerichtsakte gereichten Wertpapierprospekte (Blatt 10 ff. GA) verwiesen.
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In der Folgezeit geriet die Beklagte in finanzielle Schwierigkeiten. Sie befindet sich seit Juni 2010 aufgrund einer bilanziellen Überschuldung – per 31.12.2010 war ein nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in Höhe von circa 4,2 Millionen Euro zu erwarten – in einer Sanierungs- bzw. Restrukturierungsphase. Am 30.06.2010 erklärte die Beklagte in einer Ad-hoc-Mitteilung unter anderem, dass die Geschäftsführung davon ausgehe, dass keine positive Fortführungsprognose bestehe und eine Überschuldung gegeben sei. Sie kündigte ein Restrukturierungskonzept an und teilte mit, dass sie vor diesem Hintergrund Zinszahlungen, die in Bezug auf Anleihen der ersten und zweiten Tranche zum 01.07.2010 fällig würden, aussetze. Mit Ad-hoc-Mitteilung vom 12.08.2010 legt die Beklagte ein Restrukturierungskonzept vor, das eine Reduzierung des Zinssatzes jeder Anleihe auf 1 % p. A. rückwirkend ab dem 01.07.2010 bis einschließlich 30.06.2013 und eine Reduzierung des Nennwerts der Anleihen um 60 % auf 40 % vor sah. Gleichzeitig wies die Beklagte darauf hin, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Insolvenzantrag unausweichlich sei. Wenn die Gläubigerversammlungen nicht sämtlich der vorgeschlagenen Reduzierung des Zinssatzes zustimmen würden. Weiter wies die Beklagte darauf hin, dass nach wie vor eine Insolvenzgefahr bestünde.
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Am 24.08., 25.08. und am 26.08.2010 berief die Beklagte erstmals – für jede der drei Anleihen gesondert – Gläubigerversammlungen ein. Dabei wollte sie erreichen, dass der Zinssatz der Anleihen wie beschrieben reduziert wird und die Anleihegläubiger für die Zeit bis zum 24.08.2013 auf etwaige Rechte zur Kündigung verzichten. In den Gläubigerversammlungen stimmten zwar die Mehrheit der anwesenden Gläubiger für die Beschlüsse, die Versammlungen waren allerdings nicht beschlussfähig, weil jeweils weniger als 50 % der im Umlauf befindlichen Schuldverschreibungen vertreten waren.
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Mit anwaltlichem Schreiben vom 08.09.2010, per Gerichtsvollzieher zugestellt am 13.09.2010, kündigten die Kläger ihre Anleihen gegenüber der Beklagten aus wichtigem Grund und forderte die Beklagte auf, ihnen bis zum 16.09.2010 den Anleihebetrag und die offenen Zinsen zurück zu zahlen. Eine weitere Mahnung am 18.10.2010 blieb ohne Erfolg.
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Erst im Rahmen einer weiteren Gläubigerversammlung, die am 27.10., 28.10. bzw. 02.11.2010 stattfand, stimmten die Anleihegläubiger den Beschlussvorschlägen über die Ermäßigung des Zinssatzes und dem Ausschluss des Kündigungsrechtes wirksam zu.
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Mit Valuta vom 11.11.2010 zahlte die Beklagte die Zinsen für die erste und zweite Anleihe. Für die dritte Anleihe zahlte die Beklagte Zinsen in Höhe von 6 % p.a. bis zum 30.06.2010 und 1 % p.a. ab dem 01.07.2010.
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Im Hinblick auf die vorgeschlagene Reduzierung des Nennwerts der Anteile führte die Beklagte – wiederum für jede Anleihe gesondert – im Frühjahr 2011 Gläubigerversammlungen durch, die allerdings erneut nicht beschlussfähig waren.
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Die Kläger sind der Ansicht, ihre Kündigungen seien schon wegen der Ankündigung berechtigt, dass eine Insolvenz nicht zu vermeiden sei, wenn nicht ein (teilweiser) Zins- oder Hauptforderungsverzicht erfolge. Hierzu behaupten sie, dass die Beklagte bereits seit dem Jahr 2005 überschuldet gewesen sei. Ferner bestehe ihrer Ansicht nach ein Anspruch aus Vertragsverletzung bzw. unerlaubter Handlung, da die Beklagte, anstatt weiter Anleihen anzubieten, vielmehr einen Insolvenzantrag wegen Überschuldung hätte stellen müssen. Überdies habe sie vorsätzliche falsche Prospektangaben gemacht und die Anleger bewusst über die Sicherheitenlage der Gesellschaft getäuscht.
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Sie beantragen,
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1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu 1) 680.000,00 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.09.2010 zu zahlen,
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2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu 2) 70.000,00 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.09.2010 zu zahlen,
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3. festzustellen, dass die Beklagte mit der Rücknahme der Inhaber-Teilschuldverschreibungen im Verzug ist,
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4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu 1) rückständige Zinsen für die Zeit vom 01.07.2010 bis zum 17.09.210 in Höhe von 7.177,77 Euro zu zahlen, nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.09.2010 zu zahlen,
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5. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu 2) rückständige Zinsen für die Zeit vom 01.07.2010 bis zum 17.09.210 in Höhe von 738,88 Euro zu zahlen, nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.09.2010 zu zahlen und
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6. die Beklagte zu verurteilen, an sie zur gesamten Hand außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 11.168,15 Euro zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie behauptet, eine wesentliche Verschlechterung der Vermögensverhältnisse oder eine Überschuldung der Beklagten liege nicht vor bzw. habe nicht vorgelegen. Nach dem Vortrag der Kläger habe ja bereits seit 2005 eine finanziell bedenkliche Situation bestanden, weshalb die Vermögensverhältnisse gleichbleibend schlecht gewesen seien. Sie ist der Ansicht, es bestünde auch deshalb kein Kündigungsrecht, weil die Kläger aus einer Kündigung keinerlei Vorteile ziehen könnten. Hierzu behauptet sie, bei einem Erfolg der Klage sei auch im Hinblick auf die Klageforderungen anderer Anleger eine positive Fortbestehensprognose ausgeschlossen und die Beklagte müsste die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragen, weil sie dann überschuldet wäre. In diesem Fall würden die Kläger einen Totalverlust erleiden. Sie ist daher der Ansicht, dass den Klägern die Fortsetzung des Schuldverhältnisses aus der Anleihe zugemutet werden könne. Ferner erstrebten die Kläger mit ihrer Kündigung einen unzulässigen Sondervorteil. Weiter stünden den Kündigungen der Kläger die Beschlüsse der Anleihegläubiger, insbesondere der Kündigungsverzicht, entgegen. Auch im Vorfeld des Erwerbs habe sie keine fehlerhaften Angaben zu ihrer Vermögenssituation gemacht. Ebenso seien die Angaben im Wertpapierprospekt und auch in anderen von ihr ausgegebenen Dokumenten und Berichten richtig und vollständig. Auch sie die geltend gemachte Vergütung für die vorgerichtliche Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten der Kläger zu hoch bemessen. Sie bestreitet schließlich die Aktivlegitimation der Kläger mit Nichtwissen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die zulässige Klage ist im Wesentlichen begründet.
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Den Klägern steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von 680.000,00 Euro bzw. 70.000,00 Euro entsprechend § 488 Abs. 1 S. 2 BGB in Verbindung mit dem Wertpapierkaufvertrag zu.
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An der Aktivlegitimation der Kläger bestehen keine Bedenken, nachdem diese mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 02.12.2011 Depotbescheinigungen vom 27.11.2011 vorgelegt haben, aus denen sich ergibt, dass die streitgegenständlichen Anleihen nach wie vor in seinem Depot vorhanden sind. Die Kläger sind nicht verpflichtet gewesen, bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung eine weitere, aktuellere Depotbescheinigung vorzulegen. Soweit die Beklagte mit Blick auf das Datum der Depotbescheinigung weiterhin bestreitet, dass die Kläger noch Inhaber der Anleihen sind, ist dieses viel zu allgemein gehalten um beachtlich zu sein. Es sind von der Beklagten weder konkrete Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die Kläger die Anleihen zwischenzeitlich veräußert oder sonst wie weg gegeben haben. Dies ist auch sonst nicht ersichtlich.
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Die mit Schreiben vom 08.09.2010 erklärten Kündigungen der Kläger aus wichtigem Grund sind gemäß § 314 BGB wirksam.
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Ein wichtiger Grund im Sinne des § 314 Abs. 1 BGB liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
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Dabei kann nach Einschätzung der Kammer offen bleiben, ob die Beklagte bereits zum Erwerbszeitpunkt überschuldet und insolvenzreif war oder fehlerhafte Angaben im Emissionsprospekt oder zur Sicherheitenlage gemacht hat. Denn den Klägern ist schon deshalb eine Fortsetzung des Vertrages nicht mehr zumutbar, weil die Beklagte in den Pressmitteilungen vom 30.06.2010 und vom 12.08.2010 angekündigt hat, bei unveränderten Vertragsbedingungen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit einen Insolvenzantrag stellen zu müssen. Damit drohte der Beklagten nach eigener Aussage unmittelbar die Zahlungsunfähigkeit. Auf die Frage, ob die Beklagte damals tatsächlich überschuldet gewesen ist oder nicht, kommt es nicht an. Denn nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kann in der unmittelbar drohenden Gefahr der Zahlungsunfähigkeit selbst dann ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung liegen, wenn die Überschuldung nicht festgestellt ist (BGH, Beschluss vom 10.03.2009 – XI ZR 492/07 und BGH NJW 2003, 2674 ff.; zitiert nach Juris). Diese von der Rechtsprechung für Darlehensverträge entwickelten Grundsätze sind auf den hier vorliegenden Fall der Kündigung von Hypothekenanleihen zu übertragen. Denn, ähnlich wie bei einem Darlehensvertrag, haben die Kläger der Beklagten für eine bestimmte Zeit Gelder zur Verfügung gestellt, die von dieser am Ende der vereinbarten Laufzeit zurückgezahlt werden müssen. Daneben besteht ein schuldrechtlicher Anspruch der Kläger auf die Zahlung eines zeitabhängigen Entgelts (Zinszahlung). Dabei ist zu beachten, dass nachrangige Hypothekenanleihen bzw. Immobilienanleihen Anleihen an Unternehmen sind, deren Mittelverwendung zwar im Interesse der Anleger erfolgt, die die erworbenen Immobilien aber zu einem bestimmten Teil auch fremd finanzieren. Folglich sind die die Ansprüche der Anleihegläubiger sichernden Grundpfandrechte nicht oder allenfalls nachrangig gegenüber den der Besicherung der Bankkredite dienenden Grundpfandrechten gesichert. Sie unterscheiden sich im Hinblick auf ihre faktische Absicherung letztlich nicht von herkömmlichen Unternehmensanleihen, welche – wie bereits beschrieben –nichts anderes als ein Darlehen an das jeweilige Unternehmen darstellen.
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Eine vorherige Abmahnung der Kläger nach § 314 Abs. 2 Satz 1 BGB ist vorliegend nach § 314 Abs. 2 Satz 2 BGB in Verbindung mit § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB entbehrlich gewesen. Denn die Beklagte behauptet nach wie vor, dass ein Insolvenzverfahren drohe, wenn nicht die Anleihegläubiger auf einen Großteil ihrer Forderungen verzichten. Vor diesem Hintergrund wäre ein Abmahnung bloße Förmelei. Die Beklagte ist nämlich ohne Mitwirkung der Anleihegläubiger nach eigenem Vorbringen nicht in der Lage, ihre finanzielle Situation innerhalb einer überschaubaren Frist entscheidend zu verbessern. Im Übrigen liegen auch weitere besondere Umstände vor, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen. Denn die Beklagte hatte mit der zweiten Ad-hoc-Mitteilung angekündigt, dass zeitnah Gläubigerversammlungen durchgeführt werden sollen, in denen das Kündigungsrecht der Anleihegläubiger mittels einer Mehrheitsentscheidung ausgeschlossen werden sollte. Vor diesem Hintergrund war es den Klägern nicht zuzumuten der Beklagten eine Frist zur Abhilfe zu setzen. Zudem wäre eine Fristsetzung zu der Überschuldung reduzierenden Maßnahmen auch erkennbar aussichtslos gewesen, da die Beklagte nur durch die Zustimmung der Mehrheit der Gläubiger hierzu in der Lage gewesen wäre und daher von dem Verhalten Dritter abhängig war. Die Kläger haben die Kündigung auch innerhalb einer angemessenen Frist gemäß § 314 Abs. 3 BGB erklärt.
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Entgegen der Einschätzung der Beklagten ist das Recht der Kläger zur Kündigung auch nicht ausnahmsweise nach § 242 BGB ausgeschlossen.
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Zwar ist zutreffend, dass bei der Beurteilung der Frage, ob ein wichtiger Grund zur Kündigung vorliegt, eine Gesamtwürdigung der besonderen Umstände des konkreten Falles und eine Abwägung der beiderseitigen Interessen der Vertragsteile erforderlich ist. Im vorliegenden Fall kann aber auch unter Berücksichtigung sämtlicher im Rahmen einer Abwicklung relevanter Gesichtspunkte nicht angenommen werden, dass es der Interessenlage der Parteien besser entspreche, den Vertrag bestehen zu lassen. Insbesondere liegt kein Fall vor, bei dem sich die Vermögensverhältnisse des Darlehensnehmers/Emittenten mit einer Kündigung wesentlich bis zur Insolvenz verschlechtern würden. Die Beklagte ist nach eigenem Vorbringen schon unabhängig von den Kündigungen der Kläger überschuldet und Insolvenzreif. Sie ist zurzeit nur darum bemüht, durch einen angestrebten Verzicht der Anleihegläubiger auf einen Teil der diesen zustehenden Forderungen eine positive Fortbestehensprognose zu begründen. Die Beklagte ist darüber hinaus nach ihrem eigenen Vorbringen nicht in der Lage, ihren vertraglichen Verpflichtungen, also der Zahlung von jährlich 6 Prozent Zinsen und die vollständige Rückzahlung der Anleihe, zumindest Ratenweise nachzukommen. Für den Fall, dass es bei den ursprünglich vertraglich vereinbarten Pflichten bleiben sollte, hat die Beklagte vielmehr die Stellung eines Insolvenzantrages als äußerst wahrscheinlich angekündigt. Daher ist die Beklagte ja auch darum bemüht, einen erheblichen Verzicht der Anleihegläubiger herbei zu führen. Unter diesen Umständen ist den Klägern jedoch eine Fortsetzung des Vertrages nicht zuzumuten.
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Die Kläger müssen auch nicht etwa den tatsächlichen Eintritt der wesentlichen Vermögensverschlechterung bei der Beklagten noch abwarten, sondern sie haben bereits dann ein Kündigungsrecht, wenn sich die Vermögensverschlechterung und die daraus folgende Gefährdung der Rückzahlung seines Anlagebetrages sichtbar abzeichnen. Für den Darlehensvertrag ist anerkannt, dass anderenfalls der Sinn des außerordentlichen Kündigungsrechtes im Fall von Vermögensverschlechterungen für den Darlehensgeber in vielen Fällen verfehlt würde: Denn diese soll den Darlehensgeber gerade vor einem durch die Insolvenz des Darlehensnehmers eintretenden Vermögensverlust bewahren. Dieses Ziel würde konterkariert, wenn der Darlehensnehmer zunächst den Eintritt der Insolvenz abwarten müsste, da diese gerade den Vermögensverlust herbeiführt, so dass eine danach erklärte Kündigung wirkungslos wäre (BT-Drs. 14/6040, Seite 254 zu § 490 Abs. 1 BGB).
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Zwar kann es dem Darlehensgeber im Einzelfall durchaus zumutbar sein, das Darlehen bei dem Darlehensnehmer zu belassen. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn sich die Vermögenssituation des Schuldners erst durch die Rückforderung des Darlehensvertrages in einer Summe so sehr verschlechtert, dass er insolvent wird, während ihm bei Belassung des Darlehens jedenfalls eine ratenweise Rückführung möglich wäre. Auch im Falle einer lediglich vorübergehenden Vermögensverschlechterung kann es im Einzelfall dem Darlehensgeber zumutbar sein, dem Darlehensgeber das Darlehen zu belassen (BT-Drs. a. a. O.). Diese Grundsätze sind auf den vorliegenden Fall der Kündigung von Hypothekenanlagen zwar grundsätzlich anwendbar. Jedoch liegt keiner der genannten Fälle vor, in dem es dem Darlehensgeber zumutbar ist, dem Darlehensnehmer das Darlehen zu belassen. Die Beklagte selbst trägt nicht vor, dass bei ihr nur eine vorübergehende Vermögensverschlechterung vorliegt. Ebenso wenig kann angenommen werden, dass die Rückforderung des vorliegenden Nennbetrages die Vermögenssituation der Beklagten so sehr mehr verschlechtern würde, dass sie nur deshalb insolvent würde. Denn insoweit ist die Beklagte nach eigenen Angaben bereits jetzt ohne Forderungsverzicht der Anleihegläubiger insolvenzreif.
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Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass auch im Rahmen von § 490 BGB ein wichtiger Kündigungsgrund nach der Valutierung eines Darlehens nach ganz überwiegender Ansicht jedenfalls dann vorliegt, wenn durch weiteres Belassen der Mittel beim Darlehensnehmer die Rückgewehr so stark gefährdet wird, dass unter Preisgabe des Interesses des Schuldners am Behalten bis zum vereinbarten Fälligkeitstermin so schnell wie möglich gerettet werden muss, was zu retten ist; dies setzt eine Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung auch der Belange des Schuldners voraus (BT-Drs. a. a. O.; Mülbert in: Staudinger Kommentar zum BGB, Neubearbeitung 2011, § 490 Rn. 3, 38; Berger in: Münchener Kommentar zum BGB, 5. Auflage 2008, § 490 Rn. 17 ff.).
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Diese Voraussetzungen liegen hinsichtlich der Kläger vor. Denn wenn sie nicht gekündigt hätten, wäre ein Großteil ihres Anlagebetrages höchstwahrscheinlich verloren und eine Kündigung aufgrund des anvisierten Gläubigerversammlungsbeschlusses ausgeschlossen gewesen. Auf Seiten der Beklagten ist zwar zu berücksichtigen, dass aufgrund der Kündigung einer Vielzahl von Anlegern nunmehr die Insolvenz kaum mehr zu vermeiden sein wird. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den Anlegern nicht um gewerblich handelnde Kreditgeber handelt und es sich deshalb für diese um erhebliche Summen handelt, so dass es diesen nicht zumutbar ist, ihr Geld bei der Beklagten zu belassen.
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Ebenso wenig kann angenommen werden, dass die Kläger im Verhältnis zu anderen Anlegern, die ihre Anleihe bislang nicht gekündigt haben, durch die Kündigung einen unzulässigen Sondervorteil anstreben. Die Kündigung soll den Darlehensgeber gerade vor einem durch die Insolvenz verursachten Gesamtausfall schützen. Insbesondere muss der Darlehensgeber, wie bereits dargelegt, den tatsächlichen Eintritt der wesentlichen Vermögensverschlechterung nicht abwarten. Da die Kläger keine Gesellschafter der Beklagten sind, sondern lediglich Gläubiger, ist eine über die normalen Treuepflichten im Verhältnis Gläubiger-Schuldner hinausgehende, den Treuepflichten eines Gesellschafters vergleichbare Treuepflicht nicht gegeben und die Kläger sind nicht verpflichtet, mit ihrem Verhalten übrige Anleihegläubiger zu schützen bzw. nicht zu schädigen. Insbesondere hatte jeder Gläubiger genauso wie die Kläger die Möglichkeit bis zum Wirksamwerden der Beschlüsse der Gläubigerversammlung und dem Ausschluss des Kündigungsrechts von dem ihm zustehenden Kündigungsrecht Gebrauch zu machen. Das Bestehen eines Sondervorteils durch bloße Ausübung eines allseits bestehenden Kündigungsrechts kann folglich nicht angenommen werden.
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Nichts anderes ergibt sich aus dem auf der Gläubigerversammlung im Oktober 2010 beschlossenen Kündigungsverzicht. Denn dieser ist für die von den Klägern schon vorher am 08.09.2010 wirksam erklärten Kündigungen rechtlich ohne Bedeutung. Insbesondere entfaltete der Beschluss der Gläubigerversammlung im August 2010 keine Wirksamkeit, da zu diesem Zeitpunkt eine Beschlussfähigkeit nicht gegeben war. Soweit die Beklagte den Klägern vorwirft, sie hätten sich treuwidrig verhalten, weil sie sich Ladungsfristen zunutze gemacht hätten, um noch schnell zu kündigen, überzeugt dies nicht. Denn den Kläger ist es nach keinem rechtlichen Gesichtspunkt verboten gewesen, die Anleihe innerhalb der Ladungsfrist zu kündigen. Auch der Hinweis der Beklagten auf das Ziel des Schuldverschreibungsgesetzes ist nicht überzeugend. Denn die auf den jeweiligen Versammlungen gefassten Beschlüsse sollen auch nach den Vorgaben des Schuldverschreibungsgesetzes keine (Rück-) Wirkung auf bereits gekündigte Altverträge haben.
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Darauf, dass diejenigen Anleger, die bis zur Beschlussfassung von ihrem Kündigungsrecht keinen Gebrauch gemacht haben, ihre Verträge nun nicht mehr kündigen können, kommt es nicht entscheidend an. Denn es hat jedem Anleger frei gestanden, von dem ihm zustehenden Kündigungsrecht bis zur Gläubigerversammlung Gebrauch zu machen oder nicht. Das Kündigungsrecht des einzelnen Anlegers ist nicht von einer Mehrheitsentscheidung der Anleger abhängig. Vor diesem Hintergrund kann dem Kläger auch nicht mit Erfolg vorgeworfen werden, er erstrebe mit seiner Kündigung ein für ihn günstiges Ergebnis auf Kosten der übrigen Anleihegläubiger.
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Die Kündigung war auch nicht vor dem Hintergrund der vermeintlich bestehenden Sicherheiten ausgeschlossen. Denn selbst wenn solche Sicherheiten bestünden, handelte es sich um nachrangige Sicherheiten, die im Falle der Insolvenz der Beklagten von den vorrangigen Sicherungsgebern, nämlich den Banken, aufgezehrt würden, somit nicht werthaltig wären.
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Soweit die Kläger darüber hinaus Zahlung der vertraglich geschuldeten Zinsen verlangen, ist insoweit zu beachten, dass nach unbestrittenem Beklagtenvortrag die Zinsen für die erste und zweite Anleihe zum 11.11.2010 gezahlt wurden. Es besteht folglich nur ein Anspruch auf Zahlung der vertraglich geschuldeten Zinsen hinsichtlich der dritten Anleihe, soweit eine Zahlung – wie vorliegend in Höhe von 1 % – nicht durch die Beklagte erfolgt ist, mithin in Höhe von 5 % p.a. Dieser Anspruch ist nicht durch die nachträgliche Reduzierung der vertraglich geschuldeten Anleihezinsen durch den Beschluss der Gläubigerversammlung im Oktober 2010 beeinträchtigt, da die Kündigung vor dieser Beschlussfassung erfolgte und diese somit keine Wirkung mehr für das zwischenzeitlich beendete Anleihenschuldverhältnis zwischen den Parteien entfalten konnte. Der Zinsanspruch für 348 Anleihen der dritten Tranche beläuft sich insoweit unter Berücksichtigung des geltend gemachten Zeitraumes und bei einer noch geschuldeten Verzinsung von 5 % auf einen Gesamtbetrag in Höhe von 2 Monaten und 16 Tagen (30/360) auf 3.673,33 Euro.
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Der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der vorprozessualen Anwaltskosten ist dem Grunde nach aus den §§ 280, 286 BGB gerechtfertigt. Denn die Beklagte hat sich mit der Zahlung der geschuldeten Zinsen in Verzug befunden. Im Übrigen verpflichtet aber auch schon die Ankündigung einer Erfüllungsverweigerung zum Schadensersatz nach § 280 BGB (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Auflage, § 280 Rn. 24). Jedoch ist im Hinblick auf die Höhe der geltend gemachten Anwaltskosten zu berücksichtigen, dass diese vorliegend nur bis zu einer Gebühr von 1,8 ersatzfähig sind.
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Zwar bestimmt nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG bei Rahmengebühren wie der Geschäftsgebühr grundsätzlich der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ist die Gebühr einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung jedoch nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist, wobei ihm nach allgemeiner Ansicht auch im Anwendungsbereich des RVG ein Spielraum von 20 % (Toleranzgrenze) zusteht (vgl. BGH, Urteil v. 31.10.2006, Az. VI ZR 261/05). Dabei kann eine Gebühr über 1,3 nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig, mithin überdurchschnittlich gewesen ist (vgl. RVG Anl. 1 VV Nr. 2003; BGH a.a.O.).
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Zwar erkennt die Kammer vorliegend eine überdurchschnittliche Schwierigkeit und Umfangstätigkeit aufgrund der Sichtung der umfangreichen Unterlagen und einer gewissen rechtlichen Komplexität. Diese erachtet die Kammer jedoch mit einer Gebühr von 1,8 als abgegolten. Die geltend gemachte Gebühr von 2,5 war folglich auch nicht von der Toleranzgrenze in Höhe von 20 % umfasst, weshalb sie entsprechend zu reduzieren war.
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Der jeweilige Zinsanspruch hinsichtlich des Rückzahlungsbetrages aus der Anleihe sowie der Anleihenverzinsung folgt aus den §§ 286 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2, 288 BGB. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen gewesen, dass die von den Klägern gesetzte Frist von unter 2 Wochen zur Rückzahlung des Anlagebetrages nach Einschätzung der Kammer zu kurz bemessen ist. An ihrer Stelle gilt eine angemessene Frist von 2 Wochen.
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Der Feststellungsantrag ist mangels Feststellungsinteresse unzulässig. Da die Beklagte ein Leistungsverweigerungsrecht nicht geltend gemacht hat, ist ihre Verurteilung dem Antrag entsprechend nicht Zug-um-Zug gegen Rückgabe der streitgegenständlichen Inhaberschuldverschreibungen erfolgt. Der Feststellung des Annahmeverzugs bedarf es daher nicht.
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Die weiteren prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 709 ZPO.
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Streitwert: 757.916,65 Euro.
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