Tsipras feiert die Einigung als Sieg
Heftige Reaktionen in griechischer Regierungspartei
Die griechische Regierung muss nach der Einigung mit der Euro-Gruppe eine Reformliste zusammenstellen. Diese soll am Montag genehmigt werden.
Die Einigung der griechischen Regierung mit den Partnern und Gläubigern hat in der Bevölkerung grosse Erleichterung ausgelöst. Vor allem die Finanzwelt bejubelte das Ergebnis, denn wäre die Sitzung der Euro-Finanzminister im Krach beendet worden, wären spätestens am Mittwoch die griechischen Banken gezwungen gewesen, die Schalter zu schliessen. Vergangenen Donnerstag waren Einlagen in der Höhe von über einer Milliarde Euro abgehoben worden. Die meisten Medien begrüssten die Vereinbarung als einen ehrlichen Kompromiss. Die Regierung versuchte, die Einigung als einen Meilenstein auf dem Weg zur Beendigung der Austeritätspolitik zu verkaufen.
Das Schwierigste kommt noch
Im Fernsehen sprach Ministerpräsident Alexis Tsipras von einem ersten Sieg, er wies aber zugleich warnend darauf hin, dass der schwierige Teil des Weges noch bevorstehe. Gleichzeitig erklärte er, dass Griechenland nun die Austerität und die Troika hinter sich lasse. Dagegen bezeichnete der ehemalige Ministerpräsident Antonis Samaras das Abkommen als ein Fiasko. Die sozialistische Pasok beschuldigte die Regierung, das Land geradewegs in ein drittes Hilfsprogramm zu führen. Allerdings leidet die Opposition an einem massiven Glaubwürdigkeitsverlust. Gemäss einer Meinungsumfrage bejahen 80 Prozent der Bevölkerung den Verhandlungsstil der neuen Regierung. Entsprechend hoch ist auch die Popularität des Ministerpräsidenten.
Ein grösseres Problem für Tsipras stellen die parteiinternen Reaktionen dar. Den wohl schwersten Schlag versetzte der Regierung der 91-jährige Europa-Abgeordnete Manolis Glezos. Die Galionsfigur der Linken bat die Bürger um Verzeihung für die Einigung mit den Partnern und beschuldigte die Parteiführung, das Volk für dumm zu verkaufen. Man habe bisher einzig erreicht, dass die Troika in Institutionen, das Memorandum in eine Einigung und die Gläubiger in Partner umgetauft worden seien. Glezos forderte schliesslich die Parteibasis auf, von der Führung eine Urabstimmung zu verlangen. Er stand mit seiner Kritik nicht allein. Fraktionssprecher Alexis Mitropoulos erklärte, dass die Konditionen der Vereinbarung mit den Finanzministern der Euro-Gruppe sehr harsch seien. Der stellvertretende Minister für Reform des öffentlichen Dienstes, Jorgos Katroungalos, sagte, er werde zurücktreten, falls sich die Regierung von ihren Wahlversprechen abwende.
Niedrigerer Überschuss
Diese versucht derweil bis Montag, die mit der Euro-Gruppe vereinbarte Reformliste zusammenzustellen. Griechenlands wichtigstes Anliegen besteht darin, das vereinbarte Ziel für den Primärüberschuss (von 3 Prozent des Bruttoinlandproduktes) im Jahre 2015 zu senken. Finanzminister Janis Varoufakis visiert einen Primärüberschuss von 1,5 Prozent an. Laut Regierungskreisen sollen die Reformen, die die griechische Regierung den Partnern vorschlägt, nur in Umrissen vorgestellt und in ihrer Wirkung nicht genau kalkuliert sein. Es wird sich vor allem um Strukturreformen im öffentlichen Bereich und um einen Plan zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung bei Treibstoffen und Tabak handeln. Diese Massnahmen sollen nach Ansicht der Regierung bis zu zwei Milliarden Euro zusätzlich einbringen.
Da der niedrigere Primärüberschuss im laufenden Jahr ein Finanzierungsloch verursachen wird, wird die Regierung ihren Vorsatz, die Bürger zu entlasten, für einige Zeit einfrieren müssen. Laut Regierungsquellen wurde in den Sitzungen in Erwägung gezogen, die Grundsteuer nicht wie im Wahlkampf versprochen 2015 abzuschaffen, sondern erst im kommenden Jahr. Auch die Annullierung der von der Vorgängerregierung beschlossenen Massnahmen im Sozialversicherungssystem, die zu einer Senkung der Renten führen werden, soll nicht mit sofortiger Wirkung vorgenommen werden.
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