Gesamtzahl der Seitenaufrufe

Samstag, 10. Mai 2014

Steuersünder, die sich selbst anzeigen, müssen sich demnächst mit verschärften Regeln auseinandersetzen. Die Finanzminister von Bund und Ländern einigten sich auf eine drastische Erhöhung der Strafen und längere Verjährungsfristen.

SelbstanzeigenHärtere Regeln für reuige Steuersünder

Steuersünder, die sich selbst anzeigen, müssen sich demnächst mit verschärften Regeln auseinandersetzen. Die Finanzminister von Bund und Ländern einigten sich auf eine drastische Erhöhung der Strafen und längere Verjährungsfristen.
© DPAVergrößernSteuerentlastungen? Dafür sehen Norbert Walter-Borjans und Kollegen keinen Spielraum.
Das Bundesfinanzministerium hat angekündigt, noch vor der Sommerpause einen Gesetzentwurf für eine verschärfte Regelung für die straffreie Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung vorzulegen. Die Finanzminister von Bund und Ländern einigten sich bei ihrem Jahrestreffen in Stralsund am Freitag darauf, dass die Strafaufschläge drastisch angehoben, die Verjährungsfristen verlängert und die Grenzbeträge gesenkt werden, ab der eine Steuerhinterziehung geahndet wird. Das Gesetz solle am 1. Januar 2015 in Kraft treten, kündigte der Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Johannes Geismann, nach der Sitzung der Finanzminister an.
Mit der beschlossenen Neuregelung sei sichergestellt, dass Steuersünder nach einer Selbstanzeige nicht besser gestellt würden als ehrliche Steuerzahler, sagte der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD). Sein hessischer Kollege Thomas Schäfer (CDU) lobte die Einigkeit, das Instrument der strafbefreienden Selbstanzeige beizubehalten. Dies habe dem Staat seit 2010 Einnahmen von mehr als drei Milliarden Euro in die Kassen gespült. Walter-Borjans betonte, Grund für die steigende Zahl an Selbstanzeigen sei aber vor allem der Ankauf von CDs mit den Namen von Steuersündern gewesen.
Die Grenze für die Straffreiheit wird von 50.000 auf 25.000 Euro zu zahlender Steuer gesenkt. Laut Walter-Borjans bedeutete die bisherige Schwelle, dass man damit im Ausland Kapital von rund zehn Millionen Euro straffrei habe verstecken könne. „Wir reden nicht von Kleinigkeiten“, sagte er. Die Verjährungsfrist für alle Fälle der Steuerhinterziehung wird auf zehn Jahre ausgedehnt. Um Straffreiheit zu erhalten, muss der hinterzogene Betrag mit einem Hinterziehungszins-Aufschlag von sechs Prozent pro Jahr sofort entrichtet werden. Bei hinterzogenen Steuern von bis zu 100.000 Euro wird zudem ein Zuschlag von zehn Prozent der Summe fällig. Ab einer Million Euro steigt der Zuschlag auf 20 Prozent.

Länder argumentieren gegen Steuerentlastung

Zudem wurde bei dem Treffen klar, dass die Länder derzeit keinen Spielraum für eine steuerliche Entlastung der Arbeitnehmer bei der Einkommensteuer sehen – ungeachtet der erwarteten Steuermehreinnahmen. Die Finanzminister beschlossen ein finanzpolitisches Papier, in dem andere Schwerpunkte gesetzt werden. Die Länderressorchefs Norbert Walter-Borjans (NRW, SPD), Thomas Schäfer (Hessen, CDU) und Heike Polzin (Mecklenburg-Vorpommern, SPD) betonten zudem übereinstimmend, sie sähen derzeit keinen Spielraum für eine Korrektur der sogenannten kalten Progression.
Die Debatte über die kalte Progression war nach der neuesten Steuerschätzungzum wiederholten Male losgebrochen. Die Steuerschätzer hatten gestern in Berlin ihre neueste Prognose vorgelegt und vorausgesagt, dass die Steuern bis 2018 stärker sprudeln werden, als zuvor prognostiziert. Unter dem Begriff „kalte Progression“ versteht man das Phänomen, dass die Arbeitnehmer mit jeder Gehaltserhöhung in eine höhere Steuerbelastung rutschen, selbst wenn die Gehaltserhöhung nur die gestiegenen Preise abdeckt. Dafür sorgt die Progression in der Einkommensteuer. Weil der Tarif von Nominalgrößen ausgeht, kann es dazu kommen, dass sich Bürger trotz höherer Einkommen wegen der gestiegenen Steuer am Ende weniger leisten können.

Länder betonen: Wir haben mit der Schuldenbremse mehr zu kämpfen

Die Bundesländer haben nun allerdings klargemacht, dass sie zunächst keinen Eingriff der Politik an dieser Stelle wollen. Vielmehr dringen sie darauf, dass der Bund zunächst die zugesagten Finanzhilfen für Länder und Kommunen rasch leisten solle. Dazu zählten die Eingliederungshilfe für Behinderte, mehr Bundesgeld für Kindertagesstätten, Schulen, Hochschulen, außeruniversitäre Forschung, Verkehrsinfrastruktur und Städtebauförderung. „Ferner erinnern die Länder an ihre im Koalitionsvertrag vorgesehene Entlastung in Höhe eines Drittels der zusätzlich entstehenden finanziellen Spielräume des Bundes“, heißt es in dem Papier der Finanzministerkonferenz.
Zugleich wird gefordert, dass Deutschland die im Rahmen des europäischen Fiskalpaktes noch erlaubte strukturelle Defizitquote von 0,5 Prozent als mittelfristiges Haushaltsziel nicht voll ausschöpfen solle. „Dies gilt insbesondere angesichts der Risiken, die der aktuell guten Haushaltslage gegenüberstehen“, heißt es. Erinnert wird auch an den nach wie vor bestehenden möglichen Ausfall von Krediten an Partner in der Euro-Zone. Die Kosten müsste dann der Bund übernehmen. Nach Einschätzung der Minister sind die Vorgaben der Schuldenbremse zur Eindämmung der Staatsverschuldung für die Länder deutlich schwerer zu erreichen als für den Bund. Die Bundesländer sähen sich wachsenden Versorgungsausgaben und steigenden Zahlungen an die Gemeinden gegenüber.
Mehr zum Thema
Walter-Borjans betonte, dass nach der Steuerschätzung klar sei, dass es keinen Spielraum für eine Korrektur der kalten Progression gebe. Zudem habe auch die Bundesregierung betont, dass sie vorrangig andere Prioritäten habe, nämlich den Ausgleich des Haushalts und nötige zusätzliche Ausgaben für die Infrastruktur. Ohne eine Gegenfinanzierung etwa durch Steuererhöhungen an anderer Stelle sei eine Entlastung bei der kalten Progression nicht finanzierbar. Auch sein hessischer Kollege Schäfer betonte, die Steuerschätzung habe gezeigt, dass derzeit kein Spielraum bestehe. Die Debatte über die kalte Progression werde aber wiederkehren, wenn das Existenzminimum erneut angehoben werden müsse.

1 Kommentar: