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Samstag, 25. Oktober 2014

Bemerkenswerterweise ist Clearstream und State Street (auch ein C-Verwahrer) in Luxemburg im Pfüfungsvisier......

Wer fällt durch die EZB-Prüfung?

Das grosse Zittern vor den Testergebnissen

Wie sicher ist das System? Ein Fensterputzer am Gebäude der EZB in Frankfurt.
Wie sicher ist das System? Ein Fensterputzer am Gebäude der EZB in Frankfurt. (Bild: EPA/Frank Rumpenhorst)
Über ein Jahr lang haben die europäischen Aufseher die Bücher der Banken unter die Lupe genommen. Am Sonntag wollen sie ihre Resultate präsentieren. Als Reaktion auf die Prüfung haben viele Banken ihre Kapitalbasis bereits gestärkt.
Manch ein europäischer Banker dürfte sich dieser Tage in seine Kindheit zurückversetzt fühlen, als er mit mulmigem Gefühl sein Schulzeugnis den Eltern übergab und auf deren Reaktion wartete. Dieser Tage flattert den Bankern Europas ein Zeugnis ins Haus, auf das sich ebenfalls nicht alle uneingeschränkt freuen können. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihre Prüfung der Banken der Euro-Zone abgeschlossen und stellt die Ergebnisse aus dem bisher umfassendsten Test europäischer Geldhäuser diesen Sonntag öffentlich vor. Zuvor werden aber diskret die Banken über ihr Abschneiden informiert. Es soll ihnen Zeit gegeben werden, die Resultate nachzuvollziehen und freizugeben. Vor allem aber sollen jene Häuser Vorlauf erhalten, welche die Prüfung nicht bestanden haben. Diese müssen nämlich ihre Eigentümer unterrichten und Gegenmassnahmen aufgleisen. Denn eines gilt als sicher: Nicht alle Banken werden von der EZB ein gutes Zeugnis bekommen.

Gerüstet für schlechte Zeiten

Die Notenbank will streng sein mit den Geldhäusern, um das Vertrauen in die europäische Bankenlandschaft wieder herzustellen. Sie will sich aber auch selbst vor bösen Überraschungen schützen, denn am 4. November übernimmt sie die Aufsicht über die 120 systemrelevanten Banken der Euro-Zone. Um mögliche Altlasten zu beseitigen, bevor sie für die Solidität der Bankenbranche verantwortlich ist, hat sie die Banken ein Jahr lang auf Herz und Nieren geprüft. Zusammen mit den nationalen Aufsehern der Euro-Zone hat sie Bankaktiva im Wert von 4 Bio. € geprüft, pro Institut mindestens 50% der risikogewichteten Aktiva unter die Lupe genommen und dabei pro Geldhaus durchschnittlich 1250 Kreditdossiers analysiert. Insgesamt waren bei diesem Mammutprojekt allein auf Aufsichtsseite über 6000 Personen im Einsatz.
Diese umfassende Bewertung (Comprehensive Assessment) besteht aus zwei Bausteinen: einer Prüfung der Aktiva-Qualität (Asset Quality Review) und einem Stresstest. Im ersten Teil wird die Qualität der Bankaktiva geprüft und kontrolliert, ob die Geldhäuser ihre Aktiva richtig bewerten und für sie korrekt Rückstellungen bilden. Beim Stresstest soll, darauf aufbauend, getestet werden, ob die Banken genügend widerstandsfähig sind, um auch schwierigere Zeiten zu überstehen. Dabei werden zwei Szenarien unterstellt: ein Basisszenario und ein adverses Szenario. Das erste, bei dem ein milder Wirtschaftseinbruch simuliert wird, wurde von der EU-Kommission formuliert; das zweite, bei dem ein heftigerer Einbruch angenommen wird, wurde vom Europäischen Ausschuss für Systemrisiken (European Systemic Risk Board, ESRB) konzipiert.
Bei sämtlichen Untersuchungen geht es letztlich darum, zu testen, ob die Banken ausreichend kapitalisiert sind. Die Prüfung gilt dann als bestanden, wenn die Institute eine harte Kernkapitalquote (Common Equity Tier-1 nach den EU-Richtlinien CRD IV und CRR) von mindestens 8% sowohl bei der Prüfung der Aktiva-Qualität als auch beim Basisszenario des Stresstests ausweisen. Dies bedeutet, dass die Banken genügend Eigenmittel halten müssen, um damit mindestens 8% ihrer risikogewichteten Aktiva zu decken – und zwar so, wie die EZB diese Aktiva klassifiziert, bewertet und risikogewichtet. Im adversen Szenario, bei dem eine Rezession mit entsprechendem Einbruch des Bruttoinlandprodukts, der Immobilienpreise und der Aktienkurse angenommen wird, muss diese Quote noch mindestens 5,5% betragen.
Die Kapitalquote, die darüber bestimmt, ob eine Bank die EZB-Prüfung besteht oder nicht, ist aber nicht die einzige Kennziffer, die ermittelt wird. Die EZB wird eine Fülle von weiteren Daten veröffentlichen. Im Hauptteil der Testresultate werden die Bilanzsumme, der Gewinn/Verlust des Jahres 2013, die Verschuldungsquote (Leverage-Ratio), der Anteil notleidender Kredite an den gesamten Aktiva, die Rückstellungen dafür und der Anteil illiquider Aktiva (sog. Level-3-Assets) ausgewiesen. Bei der Prüfung der Aktiva-Qualität wird noch viel stärker ins Detail gegangen. Die Kredite werden in Gruppen eingeteilt, womit beispielsweise für jede Bank dargestellt wird, wie viele Staatsanleihen sie hält. Vor allem aber wird transparent dargelegt, bei welchen Positionen die EZB Korrekturen vorgenommen hat, welche Anpassungen nötig waren und wie sich diese auf die Kapitalquote der Bank ausgewirkt haben. Banken, die problematische Kredite bisher «schöngerechnet» haben, werden dadurch nicht nur zu Korrekturen gezwungen, sondern auch an den Pranger gestellt. Dies wird vor allem bei Posten wie den Level-3-Aktiva aufschlussreich sein, bei denen die Banken bisher mangels Marktpreisen viel Ermessensspielraum hatten. Separat dazu und ohne einen direkten Einfluss auf die ausgewiesenen Kapitalquoten werden auch die Kosten für Rechtsstreitigkeiten und Bussen offengelegt, welche die Banken 2014 verbucht haben. Somit wird erstmals transparent dargestellt, welche Grossbanken in Europa wie stark in juristische Dispute involviert sind.
Am Schluss wird die Öffentlichkeit aber vor allem eins interessieren: welche Banken eine Kapitallücke, also zu wenig Kapital, ausweisen. Die EZB wird dabei drei verschiedene Lücken veröffentlichen: jene, die bei der Prüfung der Aktiva-Qualität entsteht; jene, die beim Basisszenario des Stresstests anfällt; und jene, die im adversen Szenario resultiert. All diese Berechnungen beziehen sich auf den 31. Dezember 2013, den Stichtag der Prüfung. Deshalb wird die EZB auch sämtliche Massnahmen zur Stärkung der Kapitalbasis der Banken berücksichtigen, die erst im Verlauf von 2014 ergriffen worden sind. Hat eine Bank also in den vergangenen Monaten ihr hartes Kernkapital erhöht, wird dies ausgewiesen. Ebenfalls angegeben wird die Emission von umwandelbaren Kapitalinstrumenten (Additional Tier-1 Instruments) wie beispielsweise CoCos, die für Lücken verwendet werden dürfen, die beim adversen Szenario ans Licht kommen. Es dürfen allerdings nur CoCos mit hohen Schwellenwerten zum Einsatz kommen und auch sie nur bis zu einem Gesamtbetrag von 1% der risikogewichteten Aktiva.
Die Fokussierung auf den Stichtag 31. Dezember führt dazu, dass die EZB für einige Banken zwar eine Kapitallücke ausweisen wird, dass diese mit den Kapitalmassnahmen des laufenden Jahres möglicherweise aber bereits wieder geschlossen wurde. Teilweise hat die EZB ihr Ziel also bereits vor Abschluss der Untersuchungen erreicht: Die Banken haben im Wissen um allfällige Schwachstellen im eigenen Haus und um die Schärfe der EZB-Tests bereits im Vorfeld Gegenmassnahmen ergriffen und die Kapitalbasis gestärkt. Tatsächlich haben die Banken, die ab November direkt von der EZB beaufsichtigt werden, laut den Daten der Notenbank seit Sommer 2013 ihre Bilanzen um 203 Mrd. € gestärkt, indem sie unter anderem neue Eigenmittel im Wert von knapp 60 Mrd. € und CoCos im Wert von gut 30 Mrd. € ausgegeben, Gewinne in der Höhe von 26 Mrd. € einbehalten, gut 18 Mrd. € an Aktiva verkauft und knapp 18 Mrd. € an Einmaleffekten und Rückstellungsauflösungen realisiert haben.

Tempo bei der Reparatur

Wirklich beunruhigen dürften die Finanzmärkte also nur noch die Fälle, bei denen ein Kapitalmanko besteht und gleichzeitig die bereits ergriffenen Massnahmen nicht ausreichen, dieses ganz zu beheben. In diesem Fall müssen die Banken der EZB innerhalb von zwei Wochen Pläne vorlegen, die detailliert erklären, wie sie ihre Kapitallücke decken wollen. Diese können eine Neuemission von Eigenkapital, einbehaltene Gewinne, niedrigere Bonuszahlungen, solides bedingtes Kapital oder die Veräusserung ausgewählter Vermögenswerte vorsehen. Heisst die EZB die Pläne gut, haben die Banken sechs Monate Zeit, die Lücke aus der Prüfung der Aktiva-Qualität und jene aus dem Basisszenario des Stresstests zu schliessen. Ferner hat man neun Monate Zeit, um das Manko aus dem adversen Szenario zu beseitigen. Für einzelne Banken der Euro-Zone geht der Stress nach der Veröffentlichung der Prüfungsresultate also erst richtig los.

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