Erste Agentur stuft Russland auf Ramsch-Niveau ab
Standard&Poor's hat Russlands Bonität als erste Ratingagentur offiziell auf Ramsch-Niveau abgestuft. Die Experten kritisieren vor allem die stark schrumpfenden Devisenreserven. Der Rubel bricht ein.
Die US-Ratingagentur Standard&Poor's hat das Rating für russische Staatsanleihen am Montagabend von BBB- auf BB+ gesenkt. Das ist zwar nur eine Stufe – doch die hat es in sich. Denn die Analysten verleihen den Papieren damit den offiziellen Ramsch-Status.
Der Kreml dürfte diesen Schritt als weiteren Beleg dafür werten, dass die Finanzmärkte Russland den Kalten Krieg erklärt haben. Denn ein Großteil ihrer Rating-Gründe ist politischer Natur. S&P kritisiert unter anderem die schlechten politischen Rahmenbedingungen sowie auch die mangelhafte demokratische Gewaltenteilung.
Doch die Hauptgründe sind ökonomischer Natur. Die US-Finanzexperten verweisen darauf, dass sich die Wachstumsaussichten weiter verschlechtert haben. Sie rechnen für 2015 bis 2018 mit einem durchschnittlichen jährlichen BIP-Plus von lediglich 0,5 Prozent. Für die Ökonomie eines ambitionierten Schwellenlandes – als das Russland bis vor kurzem noch galt – wäre das eine desaströse Stagnation.
Der Staatsschatz schrumpft bedenklich
"Die Geldpolitik hat ihre Flexibilität verloren und die finanziellen Puffer haben dramatisch abgenommen. Sie sind inzwischen auf ein bedenkliches Niveau zusammengeschmolzen", heißt es im Report. Und in der Tat: Der Staatsschatz – also die Devisen- und Goldreserven – ist nur noch 379 Milliarden Dollar schwer. Noch vor einem Jahr war er 498 Milliarden wert.
Die Nachricht blieb auch auf den Devisenmärkten nicht ohne Echo. Der Rubel büßte zum Dollar in der Spitze mehr als sieben Prozent ein. Inzwischen muss man für einen Dollar knapp 68 Rubel hinlegen. Noch vor drei Monaten waren es gut 40 Rubel.
Mit dem S&P-Urteil wird das Land offiziell aus der Liga der investierbaren Nationen ausgeschlossen. Die Ratingagentur hatte bereits im Dezember gewarnt, dass es bald dazu kommen könnte. Nun haben sie als erste der drei großen Agenturen Ernst gemacht. Die Konkurrenz von Fitch und Moody's bewertet die russischen Staatspapiere noch mit einer Stufe über Ramsch. Ihr negativer Ausblick deutet allerdings darauf hin, dass sich auch dies bald ändern dürfte.
Das Geld flieht außer Landes
Die russische Notenbank versucht unterdessen mit allen Mitteln, die Wirtschaft des Landes gegen den Sturm zu wappnen. Die Währungshüter haben seit März 2014 sechs Mal die Zinsen angehoben und annähernd 100 Milliarden Dollar an Währungsreserven eingesetzt. Genützt hat es nichts.
Ein Grund: Im vergangenen Jahr sind 151 Milliarden Dollar außer Landes gebracht worden. Der bisherige "Rekord" stammt aus dem Krisenjahr 2008. Damals waren es 134 Milliarden. Allein im vierten Quartal 2014 flossen 72,9 Milliarden Dollar ab. Das ist umso bemerkenswerter, weil Putin die Konzerne und Oligarchen ausdrücklich "gebeten" hatte, ihre Dollarreserven wieder heim zu holen.
Auch die russische Börse leidet. Der Aktienmarkt ist insgesamt nur noch 402 Milliarden Dollar schwer. Zum Vergleich: Allein die Apple-Aktie kommt auf 660 Milliarden.
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