Wahl in GriechenlandErdrutschsieg für Linksbündnis von Tsipras
Bei der Parlamentswahl in Griechenland ist das Linksbündnis Syriza von Alexis Tsipras mit großem Abstand stärkste Kraft geworden. Nach ersten Hochrechnungen erzielte Syriza 36,5 Prozent der Stimmen. Offen ist noch, ob es auch für eine absolute Mehrheit reicht.
25.01.2015, von MICHAEL MARTENS, ATHEN
Die bisherige Oppositionspartei „Bündnis der radikalen Linken (Syriza) hat die griechische Parlamentswahl am Sonntag klar gewonnen. Nach Auszählung von mehr als einem Viertel der Stimmen lag die Partei von Oppositionsführer Alexis Tsipras nach ersten Hochrechnungen mit 36,5 Prozent der Stimmen deutlich vor der bisherigen Regierungspartei des scheidenden Ministerpräsidenten Antonis Samaras. Dessen Nea Dimokratia lag bei knapp 28 Prozent.
Noch in der Wahlnacht setzte eine Nachfolgediskussion ein. Sicher ist, dass Samaras´ Führungsanspruch in der Partei nicht unangefochten bleiben wird.
Erzielt Tsipras auch die absolute Mehrheit?
Unklar blieb zunächst, ob Syriza auch die absolute Mehrheit der 300 Sitze im griechischen Parlament gewinnen konnte. Das griechische Wahlrecht sieht für die Partei mit den meisten Stimmen einen „Bonus“ von 50 Sitzen vor. Je nach Zahl der Parteien, denen der Sprung über die Dreiprozenthürde zum Einzug in das Parlament gelingt, kann dem Wahlsieger deshalb schon ein Zuspruch von etwa 36 Prozent der Wähler genügen, um nicht auf einen Koalitionspartner angewiesen zu sein. Da aber auch die rechtspopulistischen „Unabhängigen Griechen“ (4,6 Prozent) die Sperrklausel überwanden, stünde Tsipras bei einem Verfehlen der absoluten Mehrheit ohnehin sein bevorzugter Koalitionspartner zur Verfügung. Ideologisch stehen sich Syriza und die „Unabhängigen Griechen“ fern, geeint sind sie aber in ihrer Ablehnung der Sparpolitik sowie in der Haltung, Deutschland für Griechenlands Misere verantwortlich zu machen.
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Die rechtsextreme „Goldene Morgenröte“, deren Führungspersonal unter dem Vorwurf der Bildung einer kriminellen Vereinigung in Untersuchungshaft sitzt, wurde mit mehr als sechs Prozent der Stimmen drittstärkste Kraft. Vierte Kraft wurde die 2014 gegründete sozialliberale Partei „To Potami“ („Der Fluss“, 5,7 Prozent). Ihre Wähler hatten die von einem ehemaligen Fernsehjournalisten geführte gemäßigte Partei in der Hoffnung unterstützt, sie könne als Mehrheitsbeschafferin Syriza einhegen. Da die „Unabhängigen Griechen“ aber in das Parlament einziehen, ist Tsipras auf „To Potami“ als Juniorpartnerin nicht unbedingt nicht angewiesen.
Pasok-Partei mit schwächstem Ergebnis ihrer Geschichte
Die Panhellenische Sozialistische Bewegung (Pasok), die einzige politische Kraft, die seit dem Ausbruch der Krise 2009 durchgängig an allen gewählten Regierungen beteiligt war, konnte ebenfalls wieder in das Parlament einziehen, wenn auch mit dem schwächsten Ergebnis ihrer Geschichte (4,8 Prozent). Die von dem bisherigen Außenminister Evangelos Venizelos geführte Pasok war zu Jahresbeginn zusätzlich geschwächt worden, da ihr ehemaliger Vorsitzender Giorgios Papandreou eine eigene Partei gegründet hatte. Papandreous „Bewegung demokratischer Sozialisten“ misslang jedoch der Sprung über die Dreiprozenthürde.
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Das griechische Dilemma
Die Bevölkerung in Griechenland musste in den vergangenen fünf Jahren in Friedenszeiten nie dagewesene Entbehrungen verkraften. Einige Zahlen und Fakten im Überblick:
Arbeitslosigkeit: Die Arbeitslosigkeit liegt bei 25,5 Prozent. Bei den unter 25-Jährigen ist sogar fast jeder zweite ohne Job. Nach jüngsten Erhebungen liegt die Jugendarbeitslosigkeit bei 48,4 Prozent.
Staatsschulden: Griechenland hat insgesamt Schulden in Höhe von rund 320 Milliarden Euro (Stand September 2014). Das sind fast 180 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die EU und der Internationale Währungsfonds haben dem Land mit Darlehen in Höhe von rund 240 Milliarden Euro unter die Arme gegriffen.
Einkommen: Nach übereinstimmenden Angaben von Regierung und Gewerkschaften mussten die Menschen in Griechenland seit 2009 im Durchschnitt Einkommenseinbußen von 30 Prozent hinnehmen. Im öffentlichen Dienst wurden Urlaubs- und Weihnachtsgeld gestrichen. Auch Renten wurden massiv gekürzt.
Öffentlicher Dienst: Nach jüngsten Zahlen arbeiten derzeit 675.000 Menschen im öffentlichen Dienst. Das sind rund 277.000 weniger als noch 2009. Allein im Jahr 2014 wurden 9500 Staatsbedienstete entlassen. Zudem wurden viele Stellen nach altersbedingtem Ausscheiden von Angestellten nicht nachbesetzt.
Wirtschaftswachstum: Erstmals nach vielen Rezessionsjahren wuchs die Wirtschaft 2014 nach vorläufigen Zahlen um 0,7 Prozent. Für 2015 werden zwischen 1,5 Prozent und 2,9 Prozent Plus erwartet.
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