Wird es mit Griechenland langsam bergauf gehen?
Da bin ich sehr skeptisch. Die neue Regierung wird zwar gelobt. Aber der Anfangsschwung ist schon wieder weg. Die Regierung wird schwächer, und es würde mich nicht wundern, wenn sie das nächste Jahr nicht übersteht. Dann kommen Neuwahlen - und die radikale Linke könnte gewinnen. Dann sind gar keine Reformen mehr zu erwarten.
Dann muss Griechenland doch noch aus dem Euro austreten?
Nein, das glaube ich nicht. Die Politik und die EZB wollen den Euro verteidigen. Koste es, was es wolle. Deshalb wird die EZB den griechischen Banken den Geldhahn nicht abdrehen. Sie sichert den Fortbestand der Währungsunion.
Für Deutschland bedeutet das enorme Kosten. Kann das Land die überhaupt weiter schultern?
Ja, denn die EZB wird einen Teil der Lasten tragen. Dafür bekommt Deutschland aber eine völlig veränderte Währungsunion, die es so nie gewollt hat.
Inwiefern?
Die EZB wird Teil einer Wirtschaftsregierung für den Euroraum. Sie ist auf dem besten Weg dahin. Längst verfolgt sie nicht mehr nur das Ziel, den Euro stabil zu halten. Seit die Krise begonnen hat, soll sie sich auch um den Zugang der Staaten zum Kapitalmarkt und um die Finanzmarktstabilität kümmern. Und je länger und tiefer die Rezession im Süden Europas wird, desto mehr dürfte der politische Druck auf die EZB zunehmen, sich auch um das Wachstum zu kümmern. Sie wird sich dem kaum entziehen können.
Was bedeutet das?
Das wird es erschweren, ihr ursprüngliches Ziel, die Preisstabilität, zu verfolgen - es drohen eine weichere Währung und Inflation.
Kurzfristig sei Inflation keine große Gefahr, haben Sie in Ihrer Kolumne argumentiert...
Ich argumentiere mit Milton Friedman: Inflation ist immer ein monetäres Phänomen. Aber die Wege von mehr Geld zu Inflation sind lang und schwer berechenbar. Es wird also Inflation geben - aber wann, das weiß man nicht. Über kurz oder lang wird sich der Anstieg der Geldmenge jedoch auch in einem Verlust des Geldwertes bemerkbar machen. Menschen müssen für alles Mögliche mehr Geld zahlen - angefangen mit Immobilien über bestimmte Wertpapiere bis hin zu den Dingen des täglichen Konsums.
Können Anleger in Gold investieren, um sich zu schützen? Oder ist der Goldpreis schon zu hoch?
Ich glaube nicht, dass Gold schon zu teuer ist. Es wird noch eine ganz neue Funktion bekommen. Auf die Finanz- und Wirtschaftskrise, die zu einer Staatsschuldenkrise wurde, kann nämlich eine weltweite Krise des Papiergelds folgen. Die Menschen werden ihrem Geld nicht mehr vertrauen - dann wird Gold zu einer Art weltweiten Parallelwährung. So ähnlich war das in den 70er Jahren nach dem Ölpreisschock. Damals wurde Gold auch plötzlich viel teurer, genauso wie Immobilien. Ich halte es für gut möglich, dass wir auf eine ähnliche Entwicklung zusteuern.
Aber der Ölpreis sinkt gerade etwas. Und im nächsten Jahr wird die schwächelnde Industrie eher weniger Öl verbrauchen.
Ich würde nicht vorschnell davon ausgehen, dass der Ölpreis 2013 nur die Richtung nach unten kennt. Immerhin gibt es Risiken im Nahen Osten. Wenn der Konflikt zwischen Israel und dem Iran sich verschärft, können die Öllieferungen an die westliche Welt schnell ins Stocken geraten. Dann würde der Ölpreis kräftig steigen.
Viele Anleger fürchten sich vor Blasen. Zu Recht?
Bei Bundesanleihen sowie bei den Anleihen von Unternehmen würde ich sagen: in jedem Fall. Und auch bei den Immobilien könnte sich wiederholen, was andere Länder wie Spanien oder Irland schon schmerzhaft erfahren mussten. Erst ging es kräftig hoch, dann kam der Einbruch. Nur Aktien finde ich noch nicht zu teuer. Da zögern die Anleger noch etwas, weil sie sich vor zehn Jahren bei der Technologieblase die Finger mit Aktien kräftig verbrannt haben.
Wie soll der Anleger bei der Lage der Weltwirtschaft überhaupt noch sinnvoll sparen?
Das ist schwer geworden. Wer kurz vor dem Ruhestand steht, wird es nicht vermeiden können, Anleihen zu kaufen, auch wenn die derzeit wenig Zinsen bieten.
Aber die Zinsen bleiben nicht ewig so niedrig...
Doch, die Zinsen dürften noch sehr lange auf niedrigem Niveau verharren, weil die Entschuldung der Staaten absolute Priorität genießt. Unter Umständen dauert das noch das ganze Jahrzehnt.
Was können jüngere Sparer da machen?
Sie brauchen ein globales Aktiendepot. Sie sollten dabei Firmen meiden, die nach Europa liefern, und sich das Wachstum der Schwellenländer sichern. Nicht mit Aktien aus den Schwellenländern, sondern mit Exportfirmen, die dorthin liefern. Zum Beispiel mit deutschen und amerikanischen Titeln.
Das Gespräch führten Dyrk Scherff und Christian Siedenbiedel.
http://www.faz.net/aktuell/finanzen/devisen-rohstoffe/thomas-mayer-im-interview-gold-wird-zu-einer-globalen-parallelwaehrung-12009635.html
Unser Kolumnist
Bis Juni war Thomas Mayer, Jahrgang 1954, Chefvolkswirt der Deutschen Bank, als Nachfolger des unlängst verstorbenen Norbert Walter. Heute ist Mayer „Senior Fellow“ am Center for Financial Studies der Frankfurter Goethe-Universität und Berater der Deutschen Bank. Für die F.A.S. schreibt er wöchentlich eine Kolumne: „Wie geht es der Weltwirtschaft?“
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