BGH-UrteilAnleger dürfen Ratingagenturen verklagen
17.01.2013 · Geprellte Lehman-Anleger dürfen wieder hoffen: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat erstmals Schadenersatzklagen gegen amerikanische Ratingagenturen vor deutschen Gerichten zugelassen.
Die Grundsatzentscheidung erging auf die Klage eines Rentners gegen die Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) (Az:III ZR 282/11). Seine Begründung: S&P habe trotz der sich bei der Lehman-Bank.abzeichnenden Probleme eine gute Bewertung (A+) ausgestellt, auf die er sich verlassen und deshalb gekauft habe.
Die neue Klagemöglichkeit gegen ausländische Rating-Agenturen in Deutschland hat aber nach Einschätzung von Experten zweifelhafte Erfolgsaussichten. Nur sehr wenige geprellte Kapitalanleger dürften Ansprüche gegen die US-Agentur Standard & Poor’s durchsetzen können, erklärte die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK). Auch die auf Anlegerrecht spezialisierte Münchener Kanzlei KAP bezeichnete es als schwierig, die Bonitätsbewerter in Haftung zu nehmen.
Bisher erfolglos
Hintergrund war die Klage eines Anlegers, der im Vertrauen auf das Bonitätsurteil von S&P Lehman-Zertifikate gekauft hatte. Die Investmentbank ging im September 2008 pleite, was die globale Finanzkrise befeuerte und immense Verluste hinterließ. Allein in Deutschland verloren nach Schätzung der SdK 40.000 bis 50.000 Anleger teilweise hohe Summen. Viele von ihnen verklagten die Banken, die die Zertifikate vermittelt hatten, wegen Beratungsfehler auf Schadenersatz - überwiegend erfolglos.
Der BGH hat bisher alle Klagen, die nach Durchlaufen aller Instanzen bei ihm landeten, abgewiesen - unter anderem mit dem Argument, die Banken hätten zum Zeitpunkt des Verkaufs die kritische Lage von Lehman Brothers nicht erkennen können. Nach Ansicht der Bremer Anwaltskanzlei KWAG-Partner, die den Kläger gegen die Rating-Agentur vertritt, hat der BGH den Weg nun frei gemacht für Schadenersatzklagen tausender Investoren. Das Landgericht Frankfurt hatte sich für die Klage für nicht zuständig erklärt. Doch der BGH erklärte, für die Zuständigkeit der deutschen Gerichte reiche es aus, dass der Kläger seinen Wohnsitz in Deutschland habe.
Hohe Hürden
Eine Klage gegen die Rating-Agentur wird sich nach Ansicht der SdK aber nur für Betroffene mit einer Rechtsschutzversicherung oder für Anleger mit hohen Verlusten lohnen. Eine enorme Hürde sei es allein schon, nachzuweisen, dass das Rating der Agentur zum Kaufzeitpunkt falsch gewesen sei, erklärte Daniel Bauer vom Vorstand der SdK. Auch müsse glaubhaft nachgewiesen werden, dass das Rating die Kaufentscheidung beeeinflusst habe. „Das deutsche Schadenersatzrecht stellt generell sehr harte Bedingungen an den Kläger, und daher dürften am Ende nur sehr wenige Betroffene Aussicht auf Erfolg haben“, ergänzte er.
Auch die Münchener Kanzlei KAP ist skeptisch. „Grundsätzlich sehen wir es als schwierig an, die Rating-Agenturen in die Haftung zu nehmen“, sagte KAP-Anwältin Anja Appelt. Es komme dabei auf die Rechtsprechung des BGH zu Ad-hoc-Mitteilungen von Unternehmen an, die allerdings hohe Hürden für eine Haftung gesetzt habe. Die Rating-Agentur selbst gab sich denn auch gelassen. „Wir sind der Meinung, dass solche Klagen völlig unbegründet sind“, sagte eine Sprecherin.
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