Wahlen in Griechenland
Am Ende der Geduld
Das Verdikt ist eindeutig. Die Linken sollen Griechenland aus der Misere führen. Eine klare Mehrheit der von der Krise gebeutelten griechischen Wählerinnen und Wähler erhofft sich vom Bündnis der radikalen Linken mit Alexis Tsipras an der Spitze ein Ende der Not. Im Unterschied zu den letzten Wahlen vom Juni 2012 war diesmal der Wunsch nach Wandel und nach einer unverbrauchten Kraft grösser als die diffusen Ängste vor einem Ausschluss des Landes aus der Euro-Zone. Die Angstkampagne der Regierung hat ihre Wirkung verfehlt. Doch die schrille Rhetorik, die zu jedem griechischen Wahlkampf gehört, ist das eine, etwas anderes ist die Realität. Tsipras macht es sich einfach, wenn er Griechenland allein als Opfer des Spardiktats der westlichen Geldgeber hinstellt und verkündet, die Athen aufgezwungene Austeritätspolitik habe die griechische Gesellschaft zerstört. Die Krise ist vor allem das Resultat der jahrzehntelangen eigenen Misswirtschaft.
Eine der Wurzeln des Übels ist der aufgeblähte, ineffiziente und teure öffentliche Sektor. Jahrzehntelang diente der Staat als üppige Futterkrippe, an der sich die Klientel der jeweiligen Regierungspartei labte. Ganze Generationen sind im Glauben aufgewachsen, dass der Staat es richten werde und dass die Staatsbetriebe der wahre Reichtum des Landes seien. Ohne eine Entschlackung des öffentlichen Sektors kann das Land jedoch nicht saniert werden. Doch ist gerade bei den Linken die Staatsgläubigkeit tief verwurzelt.
Der Wahltriumph des Linksbündnisses hat auch politisch eine europäische Dimension. Er wird in den südeuropäischen Ländern jene Protestparteien beflügeln, welche die Sparpolitik bekämpfen. Tsipras will nicht nur Griechenland retten, sondern den ganzen Kontinent verändern. Ihm schwebt ein Europa ohne Austerität vor. Der Wahlsieger hat der eigenen Bevölkerung trotz dem gewaltigen Schuldenberg viel versprochen. Die Erwartung ist gross, dass die neue Partei die alten Verkrustungen aufbrechen kann. Ob die Rezepte von Tsipras Linderung bringen werden, ist fraglich. Sie könnten das Land auch in ein noch grösseres Elend stürzen.
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