Konflikt mit MoskauCDU-Außenpolitiker fordert Aufklärungsflüge über der Ostukraine
Ein Zeichen von Normalität? Der jüngste russische Aufklärungsflug über Deutschland fällt in Zeiten zunehmender Spannungen zwischen der Nato und Moskau. Unions-Obmann Kiesewetter fordert, Russland zu testen.
03.09.2014, von LORENZ HEMICKER
© PICTURE ALLIANCE / DPArussischer Militäraufklärer: Eine Antonov An-30B 2010, aufgenommen 2010 in Tschechien
Der Obmann der Union für Außenpolitik im Bundestag, Roderich Kiesewetter (CDU), fordert angesichts des jüngst anberaumten russischen Aufklärungsflugs über Deutschland und vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise, den Vertrag über den „Offenen Himmel“ über der ukrainisch-russischen Grenze zu testen.
„Der Open Skies Vertrag, muss aufgrund der aktuellen sicherheitspolitischen Lage auf den Prüfstand“, so Kiesewetter mit Blick auf die „andauernden Provokationen Russlands“ in der Ostukraine.
Am Montag war bekannt geworden, dass zwischen dem 1. und 5. September russische Militär-Inspektoren in Deutschland weilen und ein russischer Militäraufklärer im Rahmern des Open-Skies-Vertrags über das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik fliegen soll. Die Maschine vom Typ Antonov An-30B (Nato-Codename „Clank“) darf gemäß Vertrag Foto-, Video-, Radar- sowie Infrarotaufnahmen von Stützpunkten der Bundeswehr und der in Deutschland stationierten amerikanischen Streitkräfte machen. Auch über Truppenstärke, Panzer, Geschütze, Raketen und andere Waffensysteme dürfen sich die Inspektoren informieren. Gedacht ist der Vertrag als wichtiger Eckpunkt der konventionellen Rüstungskontrolle in Europa im Rahmen der OSZE. Er soll das gegenseitige Vertrauen in Europa fördern.
Kiesewetter, der vor seiner Zeit im Bundestag Generalstabsoffizier der Bundeswehr war und seit 2011 Präsident des bundeswehrnahen Reservistenverbands ist, begrüßte den Flug einerseits als „mögliches Zeichen der Normalität“, das nicht zwingend negativ ausgelegt werden müsse. Zugleich aber forderte er, die russische Bereitschaft vice versa zu testen. „Wir sollten in Überprüfungsflügen über Russland an der Grenze zur Ukraine und über der Ukraine klären, wie viel Offenheit und Vertragstreue es noch auf russischer Seite gibt.“ Sollte von Moskauer Seite dazu keine Bereitschaft mehr vorhanden sein, müssten auch die gegenwärtig über Deutschland stattfindenden Flüge mit russischen Besatzungen ausgesetzt werden.
Bundeswehr sitzt mit im Flugzeug
Das deutsche Verteidigungsministerium trat unterdessen dem Eindruck entgegen, der jüngste Aufklärungsflug über Deutschland könne eine russische Reaktion auf die am Wochenende bekannt gewordenen Pläne der Nato sein, ihre Truppenpräsenz in Osteuropa deutlich zu verstärken. Ein Sprecher sagte FAZ.NET, die entsprechende Notifikation sei bereits am 25. August bei der OSZE in Wien abgegeben und an Deutschland weitergereicht worden. Das Zentrum für Verifikationsausgaben der Bundeswehr gewährleiste die ordnungsgemäße Durchführung des OH-Beobachtungsflugs. Demnach würden die russischen Inspektoren während des Flugs von deutschen Offizieren begleitet. Auch müssten die Ergebnisse der Beobachtungsflüge auf Wunsch mit allen übrigen Signatarstaaten des Vertrags über den „Offenen Himmel“ geteilt werden.
Der jüngste deutsche Überwachungsflugzeug über Russland fand laut Angaben des Verteidigungsministeriums am 7. Juli, zusammen mit Rumänien statt. Die Zahl der zuzulassenden Überwachungsflüge ist im Open-Skies-Vertragstext für alle 27 Signatarstaaten mittels eines komplexen Quotensystems verbindlich festgelegt. Russland, das zusammen mit Weißrussland veranlagt wird, darf bis zu 42 Flüge pro Jahr vornehmen. Im Gegenzug dürfen die übrigen Vertragsstaaten ins Summe über Russland und Weißrussland prinzipiell bis zu 42 Flüge pro Jahr durchführen. Für Deutschland liegt die Quote bei je zwölf Flügen pro Jahr.
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Nähere Angaben über die Zahl der absolvierten jüngst absolvierten Kontrollflüge lagen im deutschen Verteidigungsministerium am Dienstag nicht vor. Das litauische Verteidigungsministerium teilte der F.A.Z. am Mittwoch mit, das Russland im Jahr 2014 bislang 20 Open-Skies-Inspektionen in anderen Signatarstaaten vorgenommen habe und selbst vier Mal inspiziert wurde. Deutschland inspizierte demnach 2014 andere Signatarstaaten bislang vier Mal, in zwei Fällen kamen ausländischen Inspektoren nach Deutschland.
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