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Montag, 29. September 2014

"Die Situation ist schlimmer als 2010" Die Sparmaßnahmen haben die Privatwirtschaft "vernichtet", klagen Ökonomen.


Letztes Update am 29.09.2014, 06:00

"Die Situation ist schlimmer als 2010"Die Sparmaßnahmen haben die Privatwirtschaft "vernichtet", klagen Ökonomen.

Diese Feststellung wird nur wenige überraschen: InGriechenland hat man es immer noch nicht geschafft, notwendige Reformen im öffentlichen Sektor durchzuführen, um dem Land aus der Finanzkrise zu helfen. Der griechische Ökonom Michael Mitsopoulos geht aber noch einen Schritt weiter. Mit dem Sparkurs der vergangenen Jahre ist es am Ende nur gelungen, "die private Wirtschaft im Land zu vernichten", sagt er im Gespräch mit dem KURIER. "Die Situation ist schlimmer, als sie 2010 war."
Nach dem Ausbruch der Krise habe die griechische Politik die notwendigen Reformen "mit allen Kräften gescheut", kritisiert der Wirtschaftswissenschaftler vom Unternehmerverband SEV. Auch der Troika (EU-Kommission, Europäische Zentralbank und Internationaler Währungsfonds) sei es nie gelungen, wirksam Druck auf Athen auszuüben. "Der Widerstand der Regierung gegen Reformen war größer und der gegen neue Steuern niedriger. Wenn man also den griechischen Politikern gesagt hat: Jetzt müsst ihr wählen – Reformen oder Steuern, dann haben sie gesagt: Wir versteuern alles", erklärt Mitsopoulos.

Kurzsichtigkeit

Mitsopoulos…
Michael Mitsopoulos klagt über die hohe Steuerbelastung - Foto: /Privat
"Griechenland: vom Austritt zum Aufschwung?", heißt sein Buch, das er mit seinem Kollegen Theodor Pelagidis geschrieben hat; der Band gibt einen Überblick über drei Jahrzehnte, in denen Griechenland viele Chancen zu Reformen versäumt hat. Dabei gilt die scharfe, mit vielen Zahlen und konkreten Beispielen belegte Kritik der Autoren nicht nur einer Reihe griechischer Regierungen. Schuld sei auch eine Kurzsichtigkeit der Troika, die dem finanziell ruinierten griechischen Staat Geld gegen Reformaßnahmen leiht.
Zahlungen aus dem EU-Hilfspaket sollen bis Ende des Jahres ins Budget fließen. Mit IWF-Krediten kann Athen bis Ende 2016 rechnen. Das Fragezeichen im Buchtitel drückt laut Mitsopoulos den Zweifel aus, ob es Griechenland danach tatsächlich aus der Krise schafft.
"Reformen bedeuten, dass der Markt arbeiten kann, bedeuten Wettbewerb, dass es keine Monopole gibt", erläutert Mitsopoulos. Im Buch heißt es: "Die Strategie, die Löhne nach unten zu drücken, um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, war aggressiv auf eine ‚interne Abwertung‘ der Privatwirtschaft ausgerichtet. Dagegen war der Druck, dasselbe auf dem öffentlichen Sektor auszuüben, viel schwächer. Schlimmer noch: Die Bemühungen, Reformen im öffentlichen Sektor durchzuführen, hatten zur selben Zeit keine Priorität", schreiben Mitsopoulos und Pelagidis.

Exporteinbruch

Massive Steuererhöhungen, um schnell Geld in die Staatskasse zu bringen und den Schuldenberg abzutragen, hatten verheerende Folgen für private Unternehmen, erklärt der Ökonom: "Zwischen 2010 und 2013 haben wir allein wegen der Steuern auf Energie eine Milliarde Euro an Exporten bei Textil und Stahl verloren."
Der Abzug ausländischer Investoren nach dem Ausbruch der Krise in Griechenland habe wiederum hauptsächlich der Privatwirtschaft geschadet. "Der Staat hatte nicht das finanzielle Problem, denn er hatte ja das Geld von den Hilfskrediten. Die private Wirtschaft hatte nicht mehr dieses Geld," begründet der Ökonom. Durch die Politik von Sparmaßnahmen gegen Kredite habe man also gerade den Teil der griechischen Wirtschaft getroffen, der produziere und Steuern, Gehälter der Beamten und Pensionen zahle. "Auch der Staat ist kleiner geworden, aber die private Wirtschaft noch schmäler."
Die Zukunft sieht er pessimistisch: "Ich glaube, dass man den Schaden an der Wirtschaft hier nicht mehr reparieren kann." Um tatsächlich etwas zu ändern, bräuchte man drastische Veränderungen. Doch dazu seien weder die EU noch Griechenland bereit: "Abnorme Situationen verlangen abnorme Lösungen."

(KURIER) ERSTELLT AM 29.09.2014, 06:00

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