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Dienstag, 23. September 2014

usgerechnet der ehemalige russische Finanzminister Alexej Kudrin hat in diesen Tagen darauf hingewiesen, was Putin beeindrucken könnte: der Ausschluss russischer Banken aus dem internationalen Zahlungsverkehrssystem Swift. Über Swift verschicken mehr als 10000 Finanzinstitute verschlüsselte Nachrichten, die für einen reibungslosen Ablauf von grenzüberschreitenden Überweisungen und anderen Transaktionen sorgen. Auf einer Veranstaltung der amerikanischen Handelskammer in Moskau warnte Kudrin nun, dass ein Swift-Ausschluss die russische Wirtschaftsleistung um 5 Prozent drücken könnte.


Zahlungssystem SwiftEin Banken-Ausschluss macht Russland Angst

Russlands internationaler Zahlungsverkehr käme zum Erliegen, wenn seine Banken aus dem Swift-System verbannt würden. Die Wirtschaft träfe das hart.

© DPAVergrößernWechselstube auf der Krim: Die Devisen können bei einem Swift-Ausschluss für Russland knapp werden.
Die Sanktionen der westlichen Staaten gegen Russland fruchten nicht. Präsident Wladimir Putin unterstützt die russischen Separatisten in Donezk und Luhansk weiter militärisch. Ausgerechnet der ehemalige russische Finanzminister Alexej Kudrin hat in diesen Tagen darauf hingewiesen, was Putin beeindrucken könnte: der Ausschluss russischer Banken aus dem internationalen Zahlungsverkehrssystem Swift. Über Swift verschicken mehr als 10000 Finanzinstitute verschlüsselte Nachrichten, die für einen reibungslosen Ablauf von grenzüberschreitenden Überweisungen und anderen Transaktionen sorgen. Auf einer Veranstaltung der amerikanischen Handelskammer in Moskau warnte Kudrin nun, dass ein Swift-Ausschluss die russische Wirtschaftsleistung um 5 Prozent drücken könnte.
Es gibt schon ein Land, das mit dieser Maßnahme konfrontiert ist: Iran ist im Zuge des Atomstreits im März 2012 von Swift ausgeschlossen worden. Der internationale Zahlungsverkehr des auf Erdölexporte angewiesenen Landes ist stark beeinträchtigt. In den Verhandlungen drängt die iranische Seite regelmäßig darauf, den Ausschluss rückgängig zu machen. Nicht nur der Staat, sondern auch private Unternehmen können nicht mehr am internationalen elektronischen Zahlungsverkehr teilnehmen. Sie müssen auf andere Standorte wie zum Beispiel Dubai ausweichen. Das ist auf Dauer aber umständlich. Eine Alternative wären Partnerbanken im Ausland, die sich aber selbst strafbar machen, wenn sie Iran bei der Umgehung von Sanktionen helfen. Die Transaktionen über Mittelsmänner und Bargeld abzuwickeln ist zu unsicher, erst recht, wenn es um Ölgeschäfte mit hohen Beträgen geht.

Debatte sorgt für Nervosität

Das ebenfalls von Rohstoffexporten abhängige Russland hat schon im August den Aufbau eines nationalen Zahlungsverkehrssystems angestoßen. Ob damit ein Swift-Ausschluss, den Großbritannien vorgeschlagen hatte, der aber von den anderen EU-Mitgliedstaaten bislang nicht unterstützt wird, kompensiert werden könnte, steht in Frage. Denn mit fast 74 Millionen Swift-Nachrichten zählt Russland zu den 15 Ländern, die Swift am meisten nützen. Mit einer Zunahme von 43 Prozent im vergangenen Jahr weist das Land, dessen Bruttoinlandsprodukt rund 2 Billionen Dollar ausmacht, unter den großen Ländern die höchste Swift-Wachstumsrate auf.
Infografik / Die wichtigsten Swift-Nutzer
Die Debatte um einen Ausschluss sorgt auch unter Banken und bei Swift selbst für Nervosität. Die Organisation sitzt in Belgien und wurde 1973 in Brüssel gegründet. Sie ist als Genossenschaft organisiert und gehört ihren Mitgliedern, im Wesentlichen den Banken. Der offizielle Name lautet Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication. Dass sich nun auch das Europäische Parlament in einer Resolution für den Swift-Ausschluss Russlands starkmacht, sorgt im belgischen La Hulpe, wo Swift sitzt, für Empörung. Das Unternehmen fühlt sich in seiner Geschäftsfreiheit beeinträchtigt und befürchtet einen Reputationsschaden. Ansonsten hält sich Swift, auch auf Anfragen dieser Zeitung, aufgrund der aktuellen politischen Diskussion bedeckt.
Auch die Deutsche Bank oder die Bundesbank wollen sich derzeit nicht zu Swift äußern, nicht einmal zu grundlegenden Fragen wie „Warum benötigen Banken Swift?“ oder „Gibt es Alternativen zu Swift?“.

Eine zentrale Schnittstelle im Bankwesen

Diese Fragen bereiten dagegen der Commerzbank keine Probleme. „Die Vorteile liegen insbesondere in der schnellen, sicheren, stabilen und standardisierten Übertragung“, sagt eine Sprecherin. Bei der Abwicklung internationaler Zahlungsverkehrs- und Wertpapiertransaktionen gibt es aus Sicht der Commerzbank keine wirkliche Alternative. Deshalb wollen die Banken auf Swift ungern verzichten. Swift nimmt im internationalen Zahlungsverkehr eine Monopolstellung ein. Die Banken benötigen Swift, weil sie so Finanznachrichten wie beispielsweise Überweisungen und Kontoauszüge zwischen nationalen und internationalen Kreditinstituten elektronisch übermitteln können. Insgesamt können sich die Meldungen auf bis zu 20 Millionen am Tag belaufen. Zahlungsströme erfolgen darüber nicht. Vielmehr wird eine Bank von einer Partnerbank darüber informiert, dass auf ihrem Konto oder bei einer Verrechnungsbank ein Betrag für einen Kunden gutgeschrieben worden ist. Swift selbst betrachtet sich als zentrale Schnittstelle im Bankwesen. Die angeschlossenen Institute müssen ihre eigenen Systeme nicht an die anderer Banken angleichen, weil der Datenverkehr standardisiert erfolgt und automatisiert verarbeitet wird. Mit mehr als 5 Milliarden Nachrichten hat Swift im vergangenen Jahr 584 Millionen Euro umgesetzt und einen Nettogewinn von 21 Millionen Euro erzielt.
Doch diese Nachrichten wecken Begehrlichkeiten und haben Swift in den vergangenen Jahren regelmäßig zu einem Politikum gemacht. Das bekannteste Beispiel ist das Swift-Abkommen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten. Es regelt den Zugriff amerikanischer Behörden auf Swift-Daten. Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 begann das amerikanische Finanzministerium Swift-Daten auszuwerten, um Erkenntnisse über die internationale Terrorismusfinanzierung zu erhalten. Dabei sollen die amerikanischen Behörden, unter anderem der Geheimdienst NSA, angeblich Zugriff auf ein Viertel der Swift-Transaktionen gehabt haben. Damit konnten die amerikanischen Terrorfahnder auch die Auslandsüberweisungen von EU-Bürgern überwachen.
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Nun erhalten die amerikanischen Behörden nur noch den Zugriff auf EU-Daten, wenn Europol als Kontrollbehörde die Anträge geprüft hat. „Die Zahl der von Swift auf Grundlage dieser rechtlich bindenden Anordnungen zugänglich gemachten Daten ist begrenzt, und die Inhalte bleiben den europäischen Datenschutzgesetzen entsprechend geschützt“, hatte Swift im Frühjahr 2013 erklärt. Doch das EU-Parlament ist davon nicht überzeugt und fordert eine Aussetzung des 2010 geschlossenen Swift-Abkommens.
Alternativen zu Swift sind nicht in Sicht. Zwar gibt es bei der Abwicklung von nationalen Zahlungsverkehrs- und Wertpapiertransaktionen alternative Kommunikationsverfahren. Ein Beispiel ist das deutsche internetbasierte Ebics-Verfahren. „Doch für grenzüberschreitende Transaktionen hat Swift ein Quasimonopol“, sagt ein Notenbanker. Die Zentralbanken der zehn wichtigsten Wirtschaftsländer (G10) beaufsichtigen Swift. Als Unternehmen mit Sitz in Belgien muss es Beschlüssen der EU nachkommen. Doch die politische Einflussnahme kann das Monopol ins Wanken bringen. Denn der Einblick amerikanischer Geheimdienste und der Swift-Ausschluss als Sanktionsmaßnahme machen es für Länder attraktiver, alternative Systeme für den grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr zu entwickeln. Der Ausschluss Russlands könnte auch derartige Überlegungen in China anregen. Der Verlust der politischen Neutralität kann das Geschäftsmodell von Swift bedrohen.

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