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Sonntag, 21. September 2014

Kündigungsrechte nach §§ 314,490 BGB und wie Felke sie aushebeln möchte....

II. Kein Kündigungsgrund aus § 490 BGB.................................................................... 21
1. Kein Dauerschuldverhältnis................................................................................ 21
2. Inhaberschuldverschreibung ist kein Darlehen....................................................22
3. Abschließende Regelung in den Anleihebedingungen......................................... 22
4. Kein wichtiger Grund..........................................................................................23
III. Kein Kündigungsgrund aus § 314 Abs. 1 BGB..........................................................23
1. Aufzählung der Kündigungsgründe in den Anleihebedingungen ist abschließend ..24
2. Ausschluss des Kündigungsrechts ist sachgerecht, da Anleihe jederzeit
veräußert werden kann!......................................................................................24
3. Risiko des Wertverlusts fällt in die Sphäre der Anleihegläubiger.......................... 24


II. Kein Kündigungsgrund aus § 490 BGB
Das Landgericht Frankfurt hat überdies zutreffend festgestellt, dass auch ein
Kündigungsrecht aus § 490 BGB nicht besteht. § 490 BGB sei bereits deshalb
nicht anwendbar, da für Inhaberschuldverschreibungen - um solche handelt es
sich bei den streitgegenständlichen Anleihen - die §§ 793 ff. BGB abschließende
Spezialregelungen darstellen, die die allgemeinen Vorschriften der
§§ 314, 490 BGB verdrängen. Zudem handele es sich bei Inhaberschuldverschreibungen
nicht um „Dauerschuldverhältnisse“; diese Eigenschaft ist für die
Anwendung der §§ 314, 490 BGB jedoch vorauszusetzen.
1. Kein Dauerschuldverhältnis
Das Landgericht hat das zwischen den Parteien bestehende Rechtsverhältnis zutreffend
nicht als Dauerschuldverhältnis angesehen. Die von der Klägerin zitierte
Gegenauffassung der 23. Kammer des Landgerichts Frankfurt im Urteil vom
11. April 2014 erging ohne nähere Begründung und überzeugt nicht. Dagegen
hat die erkennende Kammer im hiesigen Verfahren sich dezidiert mit der Rechtsnatur
einer Inhaberschuldverschreibung auseinandergesetzt und folgerichtig die
Eigenschaft als Dauerschuldverhältnis verneint. Mangels Eigenschaft als Dauerschuldverhältnis
scheidet auch eine Anwendung von §§ 490, 314 BGB aus.
Ein Dauerschuldverhältnis beruht auf einem Vertrag, der auf ein fortgesetztes
Verhalten gerichtet ist und aus dem sich während der Vertragslaufzeit immer
wieder neue Rechte und Pflichten beider Parteien ergeben.

Vgl. Maier-Reimer in: Baums/Cahn, Die Reform des Schuldverschreibungsrechts,
2004, Seite 135.

Nach diesen Maßstäben ist das Rechtsverhältnis aus einer Schuldverschreibung
nach Maßgabe der §§ 793 ff. BGB eben kein Dauerschuldverhältnis, da es sich
lediglich um ein einseitig verpflichtendes Schuldverhältnis handelt.
Eine Schuldverschreibung ist somit als abstraktes Schuldversprechen anzusehen.
Vgl. Habersack in: MünchKomm BGB, 6. Auflage 2013, § 793 Rn. 7.

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Diese Abstraktheit von Schuldverschreibungen erlaubt es nicht, Schuldverschreibungen
- etwa wie eine Darlehensforderung - als Gegenstück zu der Überlassung
von Kapital durch den Schuldverschreibungsinhaber zu verstehen, ganz
davon abgesehen, dass - insbesondere bei börsennotierten Anleihen - der aktuelle
Inhaber der Schuldverschreibung dem Schuldner kein Kapital überlassen
hat, sondern die Schuldverschreibung am Markt erworben hat.
Vgl. Maier-Reimer in: Baums/Cahn, Die Reform des Schuldverschreibungsrechts,
2004, Seite 135.
2. Inhaberschuldverschreibung ist kein Darlehen
Eine Anwendbarkeit von § 490 BGB scheidet darüber hinaus auch deshalb aus,
da eine Anleihe - wie gezeigt - gerade nicht als Darlehen anzusehen ist, sondern
eben als Inhaberschuldverschreibung im Sinne des § 793 ff. BGB, für die
das Regime des § 793 ff. BGB als abschließend anzusehen ist.
Vgl. Trautrims, BB 2012, 1821 (1823) m.w.N.
Auch dies hat das Landgericht zutreffend erkannt.
3. Abschließende Regelung in den Anleihebedingungen
Über die vom Landgericht Frankfurt aufgezählten Gründe ist die Anwendbarkeit
von § 490 BGB auch aus weiteren Gründen ausgeschlossen. Insbesondere
schließt die enumerative und abschließende Aufzählung der Kündigungsrechte
einen Rückgriff auf § 490 BGB per se aus.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf das erstinstanzliche Vorbringen,
insbesondere Seite 25 ff. der Klageerwiderung, Bezug genommen.
Nochmals:
Durch die enumerative und abschließende Regelung von Kündigungsgründen
wird für den Anleihegläubiger deutlich, wann er zur Kündigung berechtigt sein
soll und wann eben nicht. Dies wird auch daran deutlich, dass die Beklagte die
Kündigungsrechte in § 9 Abs. 1 der Anleihebedingungen dergestalt ausgestaltet
hat, dass eine Kündigung nicht „insbesondere“ in den in § 9 Abs. 1 lit. (a) bis lit.

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(f) beschriebenen Fällen zulässig sein soll, sondern dass die normierten Kündigungsgründe
eben abschließend formuliert sind.
4. Kein wichtiger Grund
Selbst wenn man - entgegen der ganz herrschenden Ansicht - § 490 Abs.1 BGB
als Kündigungsgrund hinsichtlich der streitgegenständlichen Anleihen für anwendbar
hielte, läge kein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund vor, da vorliegend
die wichtigen Gründe für eine Kündigung vertraglich festgelegt wurden.
Werden solche Kündigungsgründe formuliert, entspricht es - selbst wenn man
der klaren und abschließenden Regelung der Anleihebedingungen keine Ausschlusswirkung
zumisst - dem Parteiwillen, dass Umstände vorliegen müssen,
die mindestens so schwerwiegen müssen, wie die in der Kündigungsbestimmung
individuell vereinbarten Tatbestände.
Eine allgemeine Verschlechterung der Vermögensverhältnisse im Sinne des
§ 490 Abs. 1 BGB - die überdies von der Klägerin nicht substantiiert dargelegt
wurde - steht den in § 9 Abs. 1 der Anleihebedingungen normierten Kündigungsgründen
gerade nicht gleich.
Im Übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das erstinstanzliche
Vorbringen, insbesondere Seite 22 ff. der Klageerwiderung, verwiesen.
III. Kein Kündigungsgrund aus § 314 Abs. 1 BGB
Auch hat das Landgericht Frankfurt die Anwendbarkeit von § 314 BGB zutreffend
verneint und zwar aus denselben Gründen, die zu Unanwendbarkeit von
§ 490 BGB führen. Die Regelungen der § 793 ff. BGB sind abschließend; überdies
ist das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien nicht als Dauerschuldverhältnis
zu qualifizieren.
Über die vom Landgericht angeführten Gründe führen weitere Gründe zur Unanwendbarkeit
von § 314 BGB.
Im Einzelnen:

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1. Aufzählung der Kündigungsgründe in den Anleihebedingungen ist abschließend
§ 314 BGB ist schon deshalb nicht anwendbar, weil die Kündigungsgründe in
den Anleihebedingungen umfassend und abschließend geregelt sind. § 314 BGB
ist damit wirksam ausgeschlossen.
Ein solcher Ausschluss des Kündigungsrechts aus § 314 BGB ist auch rechtlich
zulässig. Dies ergibt sich aus dem Gesetz - denn nach § 5 Abs. 3 Nr. 8 SchVG
können die Anleihebedingungen durch Beschluss der Gläubigerversammlung in
der Weise geändert werden, dass das Kündigungsrecht nach § 314 BGB ausgeschlossen
wird.
Dann ist auch der anfängliche Ausschluss des Kündigungsrechts aus § 314 BGB
in den Anleihebedingungen zulässig. So ist es hier geschehen.
2. Ausschluss des Kündigungsrechts ist sachgerecht, da Anleihe jederzeit
veräußert werden kann
Zudem ist der Ausschluss eines Kündigungsrechts auf Grundlage von
§ 314 BGB auch deshalb sachgerecht, da es dem Anleihegläubiger einer börsennotierten
Anleihe jederzeit möglich ist (bzw. hinsichtlich der streitgegenständlichen
Anleihe war), seine Anleihe über die Börse zu veräußern. Insofern fehlt es
dem Anleihegläubiger an einer - wie etwa bei Darlehensverträgen vergleichbaren
- Schutzwürdigkeit.
3. Risiko des Wertverlusts fällt in die Sphäre der Anleihegläubiger
Zudem hat das Landgericht Frankfurt in den Parallelverfahren 2-17 O 104/13 sowie
2-23 O 434/13 überdies zutreffend festgestellt, dass der Erwerb von Unternehmensanleihen
per se spekulativ ist und somit auch dem Anleihegläubiger
Verluste zumutbar sind.
Das Landgericht Frankfurt hat Unternehmensanleihen zutreffend als spekulative
Anlage eingeordnet; der jeweilige Anleihegläubiger bei einer Verzinsung von annähernd
7 % p.a. eben nicht davon ausgehen, dass seine Investition eine vergleichbar
geringes Risiko wie etwa ein Sparbuch beinhaltet. Diese Risiken sind
auch allgemein bekannt und werden durch die Existenz des SchVG noch einmal

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unterstrichen. Überdies klären Wertpapierprospekte - wie auch im Fall der streitgegenständlichen
Anleihen - den potentiellen Erwerber über Verlustrisiken auf.
Diese Verlustrisiken kann der einzelne Anleihegläubiger nicht auf die Beklagte -
und damit mittelbar auf die übrigen Anleihegläubiger - abwälzen.
Das Landgericht Frankfurt hat somit ein Kündigungsrecht aus § 314 BGB zutreffend
verneint. Im Übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen ergänzend
auf das erstinstanzliche Vorbringen verwiesen.
IV. Kündigungsmöglichkeit provoziert Geschäftsmodell
Es sei noch einmal daran erinnert, dass - beginnend mit der Entscheidung des
Landgerichts Köln in Sachen DEIKON GmbH - sich ein neues „Geschäftsmodell“
entwickelt hat, welches auch die Klägerin im streitgegenständlichen Verfahren
praktiziert:
Zahlreiche Anleihegläubiger haben sich nach Bekanntwerden der notwendigen
finanziellen Restrukturierung in die streitgegenständliche Anleihe eingekauft -
und zwar zu einem Bruchteil des Nennwertes - um diese Anleihe dann unmittelbar
zu kündigen und Rückzahlung zum Nennwert zu verlangen.
So hat sich die hiesige Klägerin - sowie diverse Familienmitglieder der Klägerin -
nach Bekanntwerden des Restrukturierungsbedarfs der Beklagten (vgl. Ad-hoc
Mitteilung vom 24. Januar 2013, erstinstanzlich beigefügt als Anlage B7) erst in
die Anleihe - und zwar zu einem Bruchteil des Nennwerts (ca. 20 %) - eingekauft,
um diese Anleihen unmittelbar zu kündigen und Rückzahlung zum Nennwert
zu verlangen (siehe hierzu bereits Schriftsatz vom 27. März 2014, dort
Seite 21 f.).
Der vorliegende Fall verdeutlicht: Durch Inanspruchnahme einer Kündigungsmöglichkeit
versuchen Anleihegläubiger - auf Kosten der übrigen Anleihegläubiger
und auf dem Rücken der Emittentin - einen „Reibach“ zu machen. Die Intention
des SchVG, eine finanzielle Restrukturierung gerade zu ermöglichen, wird
durch eine Kündigungsmöglichkeit der Anleihe konterkariert.

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Richtigerweise muss daher eine Berufung auf sämtliche Kündigungsrechte per
se ausscheiden, wenn der Emittent - wie hier am 24. Januar 2014 erfolgt - eine
notwendige finanzielle Restrukturierung bekannt gibt.
C. Verweis auf Vorbringen im ersten Rechtszug
Ergänzend wiederholt die Beklagte ihren gesamten erstinstanzlichen Sachvortrag
einschließlich aller unerledigt gebliebener Beweiserbieten. Gegenteiliger Vortrag
bleibt bestritten, sofern er nicht ausdrücklich zugestanden worden ist.

gez. Dr. Felke
Dr. Klaus Felke
Rechtsanwalt
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