Das bilaterale Zinsbesteuerungsabkommen EU-Schweiz
Mit der Schweiz hat die EU 2004 ein bilaterales Abkommen über die Zinsbesteuerung geschlossen. Das Abkommen soll vermeiden, dass die Zinsbesteuerungsrichtlinie umgangen werden kann, indem Vermögen in der Schweiz anstatt in einem EU-Mitgliedstaat angelegt werden. Das Abkommen sieht vor, dass die Schweizer Zahlstellen (meistens Banken) einen Steuerrückbehalt auf Zinserträge aus Anlagen von EU-Bürgern in der Schweiz einbehalten, der bis 2011 schrittweise auf 35% erhöht wird (zu Beginn: 15%; seit 1. Juli 2008: 20%; ab 1. Juli 2011: 35%).
Ein Teil des Ertrags dieses Steuerrückbehalts erstattet die Schweiz den Wohnsitzstaaten der Anleger zurück, ein Teil behält sie als Entschädigung für ihren Aufwand. 2007 hat die Schweiz beispielsweise 489.9 Millionen Franken an EU-Staaten überwiesen (am meisten nach Deutschland: 130,5 Mio, sowie Italien: 125 Mio CHF). Die Schweiz behielt als Aufwandsentschädigung 163,3 Mio Franken, wovon 16,3 Mio an die Kantone gingen.
In den Schweizer Medien ist aufgrund der EU-internen Überprüfung der Zinsbesteuerungsrichtlinie eine Diskussion entbrannt, ob die EU vor 2011 – dem Zeitpunkt, zu dem der Steuerrückbehalt die definitive Höhe von 35% erreicht – von der Schweiz eine allfällige Anpassung des Abkommens verlangen könne. Dies ist grundsätzlich möglich. Das Abkommen sieht sogar explizit vor, dass sich die Parteien mindestens alle drei Jahre über das Funktionieren des Abkommens konsultieren und gegebenenfalls Anpassungen in die Wege leiten (Art. 13.1). Sollten sich die EU-Mitgliedstaaten über eine Änderung der Zinsbesteuerungsrichtlinie – einstimmig – einig werden, ist es denkbar, dass die EU an die Schweiz gelangt mit dem Anliegen, auch das bilaterale Abkommen entsprechend weiterzuentwickeln. Schweizer Stellen haben Gesprächsbereitschaft in dieser Frage signalisiert.
In letzter Zeit wurde mehrfach behauptet, dass das Zinsbesteuerungsabkommen mit der Schweiz 2013 auslaufe. Dies entspricht nicht den Tatsachen. Das Abkommen ist am 1. Juli 2005 in Kraft getreten und bleibt gemäss seinem Art. 17, Absätze 3 und 4, solange in Kraft, bis es von einer Vertragspartei gekündigt wird.
Schliesslich haben einzelne Schweizer Politiker die Meinung geäussert, das Zinsbesteuerungsabkommen sei hinfällig geworden und müsse deshalb beendet werden, nachdem der schweizerische Bundesrat angekündigt hat, beim Informationsaustausch bei Steuerdelikten Artikel 26 des OECD-Musterabkommens als Standard zu akzeptieren. Mit der Anwendung von OECD-Standards weitet die Schweiz zwar ihre Bereitschaft zur Kooperation mit anderen Staaten bei der Bekämpfung von Steuerdelikten gegenüber früher aus. Eine Alternative zum Steuerrückbehalt gemäss dem Zinsbesteuerungsabkommen ist dies jedoch nicht – die Alternative dazu wäre der automatische Informationsaustausch, wie ihn die EU-Mitgliedstaaten mit Ausnahme von Österreich und Luxemburg unter sich pflegen. Belgien hat kürzlich angekündigt, vom Steuerrückbehalt zum automatischen Informationsaustausch übergehen zu wollen. Dieser erlaubt die direkte Besteuerung der Zinserträge durch den Wohnsitzstaat
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