Kritik an RentenfondsmanagerDer Großinvestor der Ukraine
Der Anleiheinvestor Michael Hasenstab verärgert mit seinen Investitionen in die Ukraine das amerikanische Außenministerium. Die politischen Folgen seiner Kredite sind für den Amerikaner zweitrangig. Für seine Anleger zahlt sich das aus.
25.11.2014, von NORBERT KULS, NEW YORK
Michael Hasenstab hat Prinzipien. „Unsere Rolle ist nicht der Regimewechsel. Es ist die langfristige Anlage“. Mit diesen Sätzen weist der 41 Jahre alte amerikanische Rentenfondsmanager die immer wieder auftauchende Kritik an seinen wagnisreichen Wetten zurück, unter anderen in Anleihen der Ukraine und Ungarns. Die Kritik kommt angesichts der überdurchschnittlichen Resultate von Hasenstabs Anlagen allerdings nicht aus dem Lager der Privatanleger, die Anteile des von ihm verantworteten Templeton Global Bond Fund halten. Kritik kommt eher aus dem amerikanischen Außenministerium, wie das „Wall Street Journal“ in einem längeren Exposé schreibt.
Amerikanische Diplomaten waren verärgert, weil Hasenstab in den vergangenen Jahren in großem Stil ukrainische Staatsanleihen erworben hatte. Ende 2012 hielt Hasenstab ukrainische Papiere im Wert von 8 Milliarden Dollar – 16 Prozent der insgesamt ausstehenden Anleihen. Die Diplomaten nahmen das Hasenstab übel, weil er aus ihrer Sicht damit den prorussischen Präsidenten Viktor Janukowitsch stützte, der im Februar gestürzt wurde.
Hasenstab hält an seinen Anlagen auch nach dem Regierungswechsel fest. Ende September dieses Jahres besaßen von Hasenstab verantwortete Fonds ukrainische Anleihen im Wert von 8,8 Milliarden Dollar.
Hasenstab stützt Ungarns Regierung
Auch Hasenstabs Anlagen in Ungarn, wo seine Fonds rund 14 Milliarden Dollar in Staatsanleihen angelegt haben – das entspricht 14 Prozent der gesamten öffentlichen Verschuldung und macht Hasenstab zum größten Einzelinvestor des Landes – sorgen für Unmut. Nach Ansicht von Analysten gibt Hasenstabs Rückhalt Ministerpräsident Viktor Orbán mehr Spielraum, sich gegen den Einfluss der Europäischen Union und des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu wehren.
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Die ungarische Regierung hat die Macht der Justiz eingeschränkt und die Grundrechte beschnitten. Im vergangenen Jahr zwang Ungarn den IWF, der das Land während der Finanzkrise mit einem Hilfskredit unterstützt hatte, sein Büro in Budapest zu schließen.
Hasenstabs Templeton Global Bond Fund gehört nach Angaben des Informationsdienstes Morningstar langfristig zu den besten Fonds seiner Kategorie. Der Fondsmanager, der 1995 über ein Traineeprogramm zum traditionsreichen Vermögensverwalter Franklin Templeton gekommen war, ist auf diese Weise zum populären Branchenstar geworden.
Nicht nur auf Ungarn beschränkt
In den vergangenen zehn Jahren kam der Fonds auf eine durchschnittliche Rendite von 8,1 Prozent pro Jahr. Andere global anlegende Rentenfonds steigerten ihren Jahresertrag nur um 4,4 Prozent im selben Zeitraum. Mittlerweile ist der Fonds mit einem Anlagevolumen von 73 Milliarden Dollar der größte Staatsanleihefonds der Welt geworden. Dazu verwaltet Hasenstab noch andere Publikumsfonds sowie Anlagen für institutionelle Investoren wie dem Lehrerpensionsfonds des amerikanischen Bundesstaats Illinois. Diese Anlagen belaufen sich auf weitere 118 Milliarden Dollar.
Hasenstab ist nicht nur der größte Einzelinvestor in Ungarn. Diese Rolle spielt er auch in Irland und Uruguay. Ende Dezember hielt er auch ein Zehntel aller ausstehenden Anleihen von Malaysia und 5,6 Prozent der Papiere von Südkorea.
Hasenstab sieht sich selbst als Querdenker, der sich von kurzfristigen Verlusten nicht aus dem Konzept bringen lässt, wenn er einem Land langfristig gute Chancen einräumt. Im Gegenteil: Kurzfristige Rückschläge sieht Hasenstab als Chancen für den günstigen Erwerb von Wertpapieren. „Wir glauben, dass Märkte – ob es nun um Zinsen, Währungen oder Staatsschulden geht – langfristig effizient sind“, sagte er kürzlich in einem Interview mit einer Analystin von Morningstar.
„Er denkt nicht wie der Rest“
Kurzfristig seien Märkte allerdings „hochgradig verzerrt“. Es gebe immer wieder Panik an den Märkten, die menschlichen Schwächen wie Angst und Gier unterworfen seien, was zu Exzessen führe. Auf Sicht von drei bis fünf Jahren würden Preise an den Märkten allerdings von den zugrundeliegenden makroökonomischen Trends bestimmt. „Wir werden weiter nonkonformistisch handeln. Wir werden langfristige Investoren bleiben. Das hat unseren Anteilseignern gute Dienste geleistet“, sagt Hasenstab.
Branchenexperten stellen dem Querdenker gute Zeugnisse aus. „Er denkt nicht wie der Rest, und das ist die Grundvoraussetzung für Erfolg“, kommentiert David Snowball, der Herausgeber eines Fonds-Newsletters. Hasenstab legt Wert auf intensive Analyse, bevor er die Milliarden für seine Fondskunden anlegt. Bis zu zwei Drittel seiner Zeit verbringt Hasenstab auf Weltreisen. Er befragt Regierungsvertreter, Politiker, Unternehmenslenker und Ökonomen, um sich ein möglichst umfassendes Bild von einem Land zu machen.
Der Querdenker ist Garant für Stabilität
Die Differenzierung der Länder spielt nach Ansicht von Hasenstab eine entscheidende Rolle für seine Anlageentscheidungen. Erfolg hatte Hasenstab zuletzt mit Anlagen in Polen und Irland. Viele Anleger hatten sich zurückgezogen, als Irland wegen einer Immobilien- und Bankenkrise in Schieflage geraten war und Hilfsprogramme der Euro-länder und des IWF benötigte. Hasenstab lief durch die Straßen Irlands und spürte trotz Krise einen „gesellschaftlichen Zusammenhalt“, der damals in krassem Gegensatz zu den schlagzeilenträchtigen Occupy-Wall-Street-Protesten in den Vereinigten Staaten stand. Der polnische Finanzminister Mateusz Szczurek preist Hasenstab als Garanten von Stabilität.
Amerikanische Staatsanleihen vermeidet Hasenstab, weil er mit steigenden Zinsen rechnet. Sein Schwerpunkt sind ganz klar Schwellenländer. Das jüngste Beispiel ist Ghana. Anleger rechnen mit einem Hilfspaket des IWF für das afrikanische Land, was die Preise der Anleihen zuletzt stark beflügelt hat. Hasenstab machte satte Gewinne. Er hatte schon im vergangenen Jahr günstig ghanaische Anleihen gekauft. Ende September hielten seine Fonds rund 1,4 Milliarden Dollar an Staatsanleihen aus Ghana – 5 Prozent aller ausstehenden Papiere.
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