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Mittwoch, 20. November 2013

Die Banken bieten ein neues Bezahlmodell: Wer einmal zahlt, kann so viele Wertpapiere kaufen, wie er will. Inklusive Beratung. Gar nicht so schlecht.

Neues BezahlmodellEine Flatrate fürs Depot

 ·  Die Banken bieten ein neues Bezahlmodell: Wer einmal zahlt, kann so viele Wertpapiere kaufen, wie er will. Inklusive Beratung. Gar nicht so schlecht.
© SIS/DORIANO SOLINASVergrößern
Der Kunde verließ die Bank mit einem unguten Gefühl. Sein Berater hatte ihm geraten, ein paar Fonds zu verkaufen und dafür andere neu zu erwerben - wie zufällig Fonds der bankeigenen Fondsgesellschaft. Schon vor einem halben Jahr hatte ihn der Banker gedrängt, Dax-Aktien durch einen Deutschlandfonds zu ersetzen. Ob das so viel ändert, hatte sich der Kunde schon damals gefragt. Jetzt soll er abermals umschichten - doch er weigert sich. Er ahnt: Der Berater denkt nicht nur an ihn.
Er hat vor allem die Provisionseinnahmen seiner Bank im Hinterkopf. Die sind höher bei Fonds als bei Einzelaktien. Denn die Fondsgesellschaften zahlen eine Bestandsgebühr an die Banken für die Lagerung im Depot. Und beim Kauf bekommen die Banken einen Großteil des Ausgabeaufschlags als Vertriebsgebühr. Bei jedem neuen Fonds im Depot des Kunden klingelt somit die Kasse der Bank.
Lange haben die Kunden das ignoriert und sich gewundert, dass ihnen häufig zu Umschichtungen im Depot geraten und ihnen dabei immer Fonds angeboten wurden - in der Regel die der hauseigenen Fondsgesellschaft. In den vergangenen Jahren sind die Anleger vorsichtiger geworden. Sie machen lieber gar nichts als das Falsche.

Wann lohnt sich das Modell für Kunden?

Die Banken reagieren nun darauf. Die ersten Institute wie Commerzbank und Deutsche Bank bieten Depots an, bei denen eine pauschale Jahresgebühr abhängig vom Vermögen berechnet wird - und dafür jeder Fondskauf ohne Ausgabeaufschlag erfolgt sowie jeder Aktienkauf und die Depotführung kostenlos sind. Wie eine Flatrate beim Handy. Der Berater verliert einen Anreiz, viel zu verkaufen. Er soll möglichst unabhängig beraten, und die Entscheidung, was ins Depot kommt, trifft dann der Kunde. „Das Modell geht in die richtige Richtung“, sagt Professor Andreas Hackethal, Ökonom an der Goethe-Universität Frankfurt. In Studien hat er nachgewiesen, dass die Kunden bei provisionsabhängigen Beratern Empfehlungen oft ignorieren. „Als kürzlich ein Finanzinstitut das Vergütungsmodell für die angeschlossenen Anlageberater auf provisionsfreie Beratung umstellte, folgten plötzlich die gleichen Kunden den gleichen Ratschlägen des gleichen Beraters“, hat Hackethal festgestellt. „Die neuen Pauschalgebühren können also dazu beitragen, dass die Beratung wieder beim Kunden ankommt.“
Doch wann lohnt sich solch ein Modell für den Kunden? Das zeigt ein Blick auf das Pauschalmodell der Commerzbank, das die Bank unter dem Namen „Premium Depot“ anbietet. Es kostet im Jahr 1,45 Prozent des Depotwertes, die enthaltene Mehrwertsteuer kann mit steuerpflichtigen Gewinnen verrechnet werden - das spart Steuern. Die Gebühr sinkt dadurch faktisch auf 1,26 Prozent. Nur externe Gebühren der Börsen werden noch in Rechnung gestellt.

Höherwertige Beratung als in der Filiale

Bringt der Kunde 100.000 Euro mit, zahlt er also 1260 Euro Pauschalgebühr im Jahr. Da lässt sich kräftig handeln, bevor es teurer wird als diese Pauschalsumme: Erst ab 26 Aktienkäufen zu 5000 Euro lohnt sich das Premium Depot. Oder ab drei Fondskäufen zu 10.000 Euro.
Die Annahme: Der Kunde bleibt klassischer Kunde in der Filiale. Geht er zu einerOnline-Bank, fallen die Gebühren für Wertpapier- und Fondskäufe kräftig. Dann ist die Pauschalgebühr bei Aktienkäufen in Höhe von 5000 Euro sogar erst ab 101 Transaktionen die billigere Wahl. Ein normaler Anleger handelt deutlich weniger im Jahr. Bei der Deutschen Bank lohnt sich das Pauschalentgelt noch später. Denn es ist teurer. Hier werden 2,266 Prozent im Jahr fällig.
Aber diese Berechnung berücksichtigt noch nicht, dass die Pauschalmodelle auch eine höherwertige Beratung als in der Filiale bieten. Im Premium Depot der Commerzbank beispielsweise umfasst die Beratung neben dem Ansprechpartner in der Filiale auch einmal im Quartal eine einstündige Telefonkonferenz mit dem Chefanlagestrategen, in die sich auch andere Kunden zuschalten, sowie Zugang zu Studien zu 1800 Aktien weltweit. Wer diese Beratung also gut und wichtig findet, ist eventuell bereit, eine Pauschalgebühr zu bezahlen, auch wenn er gar nicht so viel handelt. Dazu sollten die Empfehlungen aber unabhängig von Interessen der Bank sein. Im Pauschalmodell ist das zumindest eher der Fall, weil der Bank keine Ausgabeaufschläge für Fonds vom Kunden zufließen.

Trotzdem nicht zu häufig umschichten

Teile der Verwaltungsvergütung erhält die Bank allerdings weiterhin. „Wir hätten sonst den Preis für das Premium Depot auf mehr als 1,70 Prozent erhöhen müssen“, sagt Mario Perič von der Commerzbank. Die Marktforschung habe aber gezeigt, dass das Modell vor allem bei Preisen unter 1,5 Prozent attraktiv sei. Auch im Modell der Deutschen Bank behält das Institut die noch verbleibenden Provisionen. Die Anreizwirkung ist aber viel kleiner als bisher bei klassischen Filialkunden. Zumal zumindest die Commerzbank keine eigenenFonds mehr hat, die sie bevorzugt ins Depot legt. Man kann sogar auf eine positive Wirkung hoffen: Der Berater sollte gut beraten, damit sich der Depotwert steigert. Denn das erhöht die Gebühr.
Professor Hackethal sieht nur eine Gefahr: „Der Kunde muss aufpassen, dass er nicht ständig sein Depot umschichtet, weil die Transaktionen ja jetzt nichts mehr kosten.“ Bei ständigem Aktionismus liege der Anleger erfahrungsgemäß auf Dauer häufiger daneben.
Alternativ könnte er sein Geld auch Vermögensverwaltern geben. Die kosten auch weniger als zwei Prozent des Depotwertes, nehmen dem Kunden aber auch die Anlageentscheidungen ab und handeln in der Regel auch unabhängig von Eigeninteressen. Allerdings müssen die Kunden mindestens 500.000 Euro mitbringen, bei der Commerzbank reichen für das Premium Depot schon 50.000 Euro. Günstiger sind Online-Banken wie Cortal Consors, Comdirect, die DAB Bank oder Flatex, die Wertpapiergeschäfte und Girokonto besonders günstig anbieten.
Auch Honorarberater bekommen immer mehr Zulauf. Mittlerweile verwalten sie schon vier Milliarden Euro. Hier zahlen Kunden für jede Stunde unabhängige Beratung durchschnittlich 150 bis 200 Euro. Dafür bietet der Berater kostenlose Aktiengeschäfte und Depotführung bei Partnerbanken sowie alle Fonds ohne Ausgabeaufschläge an. An den Berater gezahlte Provisionen bekommt der Kunde. Auch das kann sich lohnen.

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