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Sonntag, 26. Oktober 2014

Der Bundesgerichtshof hat beide Klauseln für unzulässig erklärt. Die Berechnung eines Entgelts für die Herausgabe verwahrter Wertpapiere benachteiligt die Kunden eines Kreditinstituts entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, weil die Übertragung von Wertpapieren keine Leistung ist, die das Kreditinstitut seinen Kunden auf rechtsgeschäftlicher Grundlage erbringt, sondern die Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht, deren Kosten das Kreditinstitut nicht von seinen Kunden ersetzt verlangen kann

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Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 142/2004
Bundesgerichtshof erklärt Klauseln über Entgelte für die
Übertragung von Wertpapieren in ein
anderes Depot für unzulässig
Der für das Bank- und Börsenrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte auf Unterlassungsklagen von Verbraucherzentralen über die Zulässigkeit von Klauseln in Preisverzeichnissen zweier Kreditinstitute zu entscheiden, die ein Entgelt für die Übertragung von Wertpapieren von einem in ein anderes Depot vorsahen. In einem Fall erfaßte die Klausel sämtliche Wertpapierübertragungen, im anderen Fall nur Übertragungen im Rahmen der laufenden Geschäftsverbindung, während der Übertrag von Wertpapieren im Rahmen einer Depotschließung unentgeltlich erfolgen sollte. Die erste Klausel war vom Berufungsgericht als unzulässig, die zweite von einem anderen Berufungsgericht als zulässig angesehen worden.
Der Bundesgerichtshof hat beide Klauseln für unzulässig erklärt. Die Berechnung eines Entgelts für die Herausgabe verwahrter Wertpapiere benachteiligt die Kunden eines Kreditinstituts entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, weil die Übertragung von Wertpapieren keine Leistung ist, die das Kreditinstitut seinen Kunden auf rechtsgeschäftlicher Grundlage erbringt, sondern die Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht, deren Kosten das Kreditinstitut nicht von seinen Kunden ersetzt verlangen kann. Der gesetzliche Anspruch eines Kunden auf Herausgabe seiner Wertpapiere wird zur Bewältigung der Papierflut im heutigen Massengeschäft in der Regel ohne körperliche Auslieferung der Wertpapierurkunden durch die Umbuchung der Wertpapiere auf ein anderes Depot erfüllt. Dies geschieht im Effektengiroverkehr, den die Kreditinstitute zur Rationalisierung und Vereinfachung des Effekten- und Depotgeschäfts eingeführt haben. Hinter dem Interesse des Kreditinstituts, den mit der körperlichen Bewegung konkreter Wertpapierurkunden verbundenen personellen und sachlichen Aufwand zu vermeiden, tritt das Interesse des Kunden, seine Dispositionsbefugnis über den Depotbestand auszuüben, zurück. Die Übertragung von Wertpapieren in ein anderes Depot unterscheidet sich deshalb grundlegend von einer Geldüberweisung im Rahmen eines Girovertrages, für die ein Entgelt verlangt werden kann.
Dies gilt unabhängig davon, ob der Wertpapierübertrag bei Depotschließung oder bei fortgesetzter Geschäftsverbindung erfolgt. Der gesetzliche Herausgabeanspruch des Kunden, für dessen Erfüllung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen kein Entgelt vereinbart werden kann, wird nicht erst mit der Beendigung des Depotvertrages fällig, sondern kann bereits während der laufenden Geschäftsverbindung geltend gemacht werden. Daß das Kreditinstitut während der fortgesetzten Geschäftsverbindung u.U. häufiger tätig werden muß als bei der einmaligen Übertragung aller Wertpapiere bei einer Depotschließung, berechtigt es nicht zur Erhebung eines Entgelts, weil das Gesetz die Geltendmachung von Teilforderungen zuläßt.
Urteile vom 30. November 2004  XI ZR 200/03 und XI ZR 49/04
Karlsruhe, den 30. November 2004

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