BernDas Bild wirkt sympathisch: Zwei Hände umfassen ein rundes, rotes Sparschwein mit Schweizer-Kreuz. „Volksvermögen schützen – Ja zur Goldinitiative“. Mit diesem Motiv haben die Initianten des Vorstoßes derzeit die Zürcher Innenstadt vollgepflastert.
Doch das harmlose Plakat täuscht: Dahinter steckt ein brisantes Vorhaben, dass die Gold- und Devisenmärkte durchschütteln könnte. Die Macher der Initiative „Rettet unser Gold“ fordern, dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) 20 Prozent ihrer Anlagen in Gold halten muss. Ferner soll sie nie wieder Goldbestände verkaufen dürfen.
Und alle Gold-Bestände sollen in der Schweiz gelagert sein. Die Initianten wie der SVP-Abgeordnete Luzi Stamm wollen so einem befürchteten Wertverfall des Schweizer Franken entgegenwirken. „Papier zerfällt, Gold hält“, so sein Wahlspruch.
Ein Blick in die Bilanz der Schweizer Notenbank macht die Brisanz des Vorstoßes klar: Sie umfasst derzeit rund 522 Milliarden Franken. Diese aufgeblähte Bilanz ist Folge der Devisenpolitik; denn um den Franken nicht über 1,20 Franken je Euro aufwerten zu lassen, kaufte die Notenbank im Milliarden-Volumen Euro auf. Von dieser Riesen-Bilanz der Notenbank entfallen bisher aber nur rund 40 Milliarden Franken auf Goldbestände von 1040 Tonnen plus Forderungen aus Goldgeschäften.
Die wichtigsten Fakten zu Gold
Goldnachfrage
Die gesamte Goldnachfrage im zweiten Quartal 2014 betrug 963.8 Tonnen. Damit ist die Nachfrage um 16 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (Q2'13: 1,148.3) gefallen.Quelle: World Gold CouncilSchmucknachfrage
Industrienachfrage
Goldbarren- und Münznachfrage
EFTs und ähnliche Produkte
Notenbanken
Investment gesamt
Die Notenbank müsste also Gold im Wert von 65 Milliarden Franken nachkaufen, um die Anforderungen der Initiative zu erfüllen, bliebe die Bilanz auf dem heutigen Niveau. „Das wären mindestens 1500 Tonnen Gold“, rechnet Carsten Menke vor, Edelmetall-Analyst bei der Privatbank Julius Bär.
Man muss kein Finanzexperte sein, um sich auszumalen, was das für den Goldpreis heißen würde. „Die Annahme der Initiative könnte die Einstellung der Anleger zum Gold ändern“, so Menke. Denn derzeit dominierten am Terminmarkt eher die Goldverkäufe.
Die Experten einer großen Schweizer Privatbank sind vorsichtiger: Sie taxieren den unmittelbaren Preiseffekt bei einer Annahme der Initiative auf rund 100 Dollar je Unze; bei einem aktuellen Goldpreis von rund 1228 Dollar je Unze wären das also nicht einmal zehn Prozent.
Sollte die Initiative angenommen werden, müsste die Notenbank auch nicht gleich am Montag darauf die 1500 Tonnen Gold ordern. Die Initiative gibt der SNB insgesamt fünf Jahre Zeit, ihre Bilanz anzupassen – auch das dürfte den Preis-Effekt in Grenzen halten. Nach einer Umsetzungszeit für die Verfassungsänderung von zwei Jahren schließt sich laut Initiative eine Periode von drei Jahren an, binnen derer die Notenbank ihre Goldbestände an die Vorgaben anpassen muss.
Die Goldreserven der Staaten
USA
8133,5 TonnenWert: 250,5 Milliarden EuroDeutschland
Frankreich
China
Schweiz
Russland
Indien
Großbritannien
Würde die Notenbank ihre Bilanz bis dahin nicht radikal abschmelzen, so müsste sie dann pro Jahr rund 500 Tonnen Gold kaufen. „Das ist so viel, wie alle Notenbanken zusammen im Schnitt pro Jahr kaufen“, so Menke. „Das wäre also ein beachtliches Volumen.“
Ob es wirklich so viel würde, hängt indes auch von den Preisreaktionen ab, die vorab nicht exakt zu prognostizieren sind. Je höher der Goldpreis auf eine Annahme der Initiative reagieren würde, desto weniger müsste die Schweizer Notenbank am Ende Gold kaufen.
Auch wenn alle großen Parteien geschlossen gegen die Initiative sind: Laut der ersten Umfrage des Instituts gfs.Bern für das Schweizer Fernsehen ist nicht ausgeschlossen, dass das Vorhaben durchkommt. Laut der Erhebung seien 44 Prozent der Befragten dafür, 39 Prozent dagegen und 17 Prozent noch unentschlossen. „Keine Seite hat eine Mehrheit, deshalb steht es im Moment unentschieden für die Initiative“, so Claude Longchamp, der Leiter von gfs.Bern.
Sollten die Schweizer wirklich „ja“ zur Gold-Initiative sagen, wär ein steigender Goldpreis programmiert. „Aber der einzige, der davon nichts hat, ist die Schweizer Nationalbank“, so UBS-Experte Tom Flury, „denn sie darf keine Gewinne durch Goldverkäufe realisieren.“
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