Grundsympathien in der Bevölkerung
Weckruf zur Goldinitiative
Die Goldinitiative steht im Schatten von Ecopop und Pauschalbesteuerung. Die jüngste Umfrage ist aber ein Weckruf. Bleibt die Vorlage unter dem Radar, könnte wie einst bei der Minarettinitiative eine Überraschung blühen.
Sicherheit, Unabhängigkeit
Überraschend erscheint diese Grundsympathie, weil in der Goldfrage im Gegensatz etwa zu Ausländer- und Abzockerthemen bisher keine breite Volksempörung sichtbar wurde und weil die Schweizerische Nationalbank (SNB) in der Bevölkerung ein relativ hohes Vertrauen geniesst. Wie ist somit die Grundsympathie für diese Volksinitiative zu erklären, die der SNB nicht einmal eine vernünftige Anlagepolitik zutraut?
Werte wie Sicherheit, Unabhängigkeit und Eigenständigkeit seien wichtige Merkmale für die Identitätsstiftung in der Schweiz, sagt der GfS-Forscher Lukas Golder. Solche Werte kann in dieser Lesart ein grösserer Goldbestand der SNB symbolisieren. Eine wichtige Rolle spielen laut Golder auch die Probleme in der EU: «Hierzulande ist ein Gefühl verbreitet, wonach die Schweiz einen besseren Weg gefunden habe.» Gold ist in dieser Lesart auch eine stabilere Alternative zu Fremdwährungen, namentlich zum Euro.
Keine Garantie für Annahme
All dies heisst noch nicht, dass das Volk die Goldinitiative annehmen wird. Das GfS rechnet nach wie vor mit einem Volks-Nein, analog zum traditionellen Muster von Volksinitiativen, die zu Beginn grosse Zustimmung geniessen, am Ende aber doch klar scheitern, sobald die Bürger mit den Argumenten über die konkreten Folgen der Vorlagen konfrontiert sind. Beispiele umfassen etwa die Ferieninitiative, die Mindestlohninitiative und die SP-Steuerinitiative.
Dieses traditionelle Bild stimmt jedoch vor allem für Initiativen, die von «links» kommen. Gegenbeispiele für Initiativen von «rechts» gibt es schon einige, wie die Einwanderungsinitiative, die Minarettinitiative, die Ausschaffungsinitiative und die Minder-Initiative. Auch die Goldinitiative kommt von «rechts», allerdings geht es nicht um Ausländer oder «Abzocker». Ihre Chance liegt wohl besonders darin, dass sie im Schatten von Ecopop bleibt, weiter unter dem Radar segelt und eine Volksmehrheit am Ende quasi beim Kleingedruckten auch noch Ja zur Goldvorlage sagt, ohne sich stark mit der Materie auseinandergesetzt zu haben.
Zwangsjacke für Nationalbank
Die Ironie wäre nicht zu übersehen. Die SNB gehört zu jenen Schweizer Institutionen, in welche das Volk das grösste Vertrauen hat. Zwei der jüngeren Grossübungen (Rettung der UBS und Festlegung der Euro-Kurs-Untergrenze) dürften dieses Vertrauen noch gestärkt haben. Doch die Goldinitiative spiegelt ein krasses Misstrauensvotum und will der SNB eine Zwangsjacke überstülpen. Die Vorlage schreibt nicht nur einen minimalen Goldanteil an den SNB-Aktiven von 20% vor (was etwa dem Doppelten des derzeitigen Stands entspricht), sondern verbietet auch jeglichen Goldverkauf.
Die Währungspolitik würde damit deutlich weniger flexibel (will die SNB Fremdwährungen kaufen, müsste sie künftig gegen ihren Willen auch Gold zukaufen), und der Goldanteil an der SNB-Bilanz würde wegen der Asymmetrie (Kaufzwang bei Bilanzausweitung, aber Verkaufsverbot bei Bilanzreduktion) tendenziell ständig steigen.
Niemand bestreitet, dass es für Notenbanken zwecks Risikoverteilung sinnvoll ist, einen Teil ihrer Aktiven in Gold zu halten. Doch wer Gold als Allheilmittel einsetzen will, macht die Schweiz und die SNB nicht etwa «unabhängiger», sondern abhängig von einem neuen und kaum beeinflussbaren Klumpenrisiko. Der Preis von Gold schwankt nicht weniger stark als jener von Devisen oder Aktien, und die langfristig zu erwartenden Erträge beim Gold sind eher tiefer als etwa bei Aktien.
Die SNB hat dank ihrem grossen Vertrauensbonus vermutlich die Chance, die Stimmung im Volk zu kehren. Auf eine Kampagne gegen die Initiative will die SNB (wohlweislich) verzichten, doch mit einer offenen Haltung gegenüber Interview-Anfragen und sonstigen Medienwünschen ist für die kommenden Wochen zu rechnen.
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