Großbank BankiaRücktritte in Spanien nach Affäre um schwarze Kreditkarten
Die Rettung der spanischen Pleitebank Bankia und des Vorgängerinstituts Caja Madrid kostete über 20 Milliarden Euro. Dass sich Funktionäre gleichzeitig mit „schwarzen“ Kreditkarten bedient haben, ist der nächste Skandal: „Mir dreht sich der Magen um“, sagt Spaniens Wirtschaftsminister Luis de Guindos.
05.10.2014, von LEO WIELAND, MADRID
Der Missbrauch „schwarzer“ Kreditkarten in der Pleitebank Caja Madrid/Bankia, hat in Spanien eine Welle der Empörung ausgelöst. Wirtschaftsminister Luis de Guindos sagte zu der Enthüllung, wonach 86 Mitglieder der Führungsspitze und des Verwaltungsrates in zehn Jahren bis zum Untergang und der Verstaatlichung des Kreditinstituts 2012 mehr als 15 Millionen Euro unversteuert für private Dinge ausgaben: „Das ist absolut verboten. Der erste, dem sich hier der Magen umdreht, ist der Wirtschaftsminister.“
Am Wochenende kam es zu einer weiteren Kettenreaktion von Rücktritten. Acht Politiker aus den wichtigsten spanischen Parteien (Konservative, Sozialisten, Kommunisten), die alle lukrative Posten in den Aufsichtsgremien hatten, sowie Funktionäre der beiden großen Gewerkschaftsdachverbände UGT und CCOO gaben ihre Posten ab oder wurden dazu gezwungen. Zu ihnen zählt der Kabinettschef eines Staatssekretärs im Finanzministerium, der davor selbst Steuerinspektor war und sich ebenfalls mit Hilfe der unkontrollierten „B“-Karte bereichert hatte.
Wie inzwischen bekannt wurde, erreichte die Selbstbedienung der Banker und Politiker ihren Höhepunkt in den letzten fünf Monaten vor der „Rettung“ von Bankia mit 24 Milliarden Euro öffentlichen Gelds. In dieser kritischen Phase wurde noch einmal 1 Million Euro entweder in bar abgehoben oder mit der Goldkarte für Hotels, Restaurants, Garderobe und Supermarkteinkäufe bezahlt.
© REUTERSDie neue Bankia-Führung hatte bei einer internen Prüfung in der Zeit zwischen 1999 und 2012 illegale Zuwendungen entdeckt. 86 Manager und Aufsichtsratsmitglieder sollen sich mit Firmenkarten selbst bedient haben.
Das Finanzministerium unter Minister Cristóbal Montoro entschied derweil, eine weitgreifende Untersuchung der Repräsentationskosten anderer großer spanischer Unternehmen und Banken einzuleiten, um eventuellen versteckten und irregulären Zahlungen an führende Manager, sowie Angehörige der Aufsichts- und Kontrollgremien auf die Spur zu kommen. Es ist dies die erste Reaktion der Regierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy mit dem Ziel, im Jahr vor den nächsten nationalen Wahlen der verbreiteten Missstimmung wegen der gehäuften Korruptionsskandale entgegenzuwirken.
„Zweitgehälter“ für hohe Funktionäre
Dazu zählen mutmaßliche schwarze „Zweitgehälter“ für hohe Funktionäre des Partido Popular (PP), betrügerische Frühpensionierungen und der Missbrauch staatlicher und europäischer Förderungsmittel für Arbeitslose durch die Sozialistische Arbeiterpartei (PSOE) und die Gewerkschaften in Andalusien, sowie der „Fall Pujol“ in Katalonien. Dort hat der langjährige ehemalige Ministerpräsident Jordi Pujol zugegeben, jahrzehntelang ein unversteuertes Millionenvermögen in Andorra versteckt zu haben.
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Eine von der Zeitung „El País“ am Sonntag veröffentlichte Umfrage ergab, dass die konservative Volkspartei (PP), die im Jahr 2011 mit 31,6 Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit im Parlament erreichte, inzwischen in der Wählergunst auf die Hälfte (15,9) abgestürzt ist. Die oppositionellen Sozialisten, die sich von 20,3 Prozent auf 20,7 leicht verbessern konnten, wären nun stärkste Partei. Die dritte Kraft, fast gleichauf mit dem PP, wäre indes mit 14,3 Prozent schon die neue linke Protestpartei „Podemos“ („Wir schaffen es“), die bei den Europawahlen im Mai erstmals erfolgreich war.
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