Montag, 06. Oktober 2014
Russland kämpft gegen Kapital-KollapsZurück in die Sowjetunion
Wegen der westlichen Sanktionen blutet Moskau finanziell aus. Um den Crash zu stoppen, schickt Wladimir Putin die Kreml-Wirtschaft mit Vollgas zurück in die Sowjetzeit: Das Land schottet sich ab und könnte schon bald Kapitalschranken einführen.
Am Ende musste der Kreml-Chef persönlich eingreifen. "Ich muss nur lächeln, um zu zeigen, dass der Teufel nicht so beängstigend ist, wie er scheint", mühte sich Russlands Präsident Wladimir Putin, alle Zweifel zu zerstreuen. Nacheinander sahen sich vergangene Woche die wichtigsten Stellen des Moskauer Apparats zu Stellungnahmen genötigt: Am Morgen bekräftigte die Zentralbank, am frühen Nachmittag Finanzminister Anton Siluanow und am Abend Putin selbst: "Wir planen nicht, irgendwelche Beschränkungen für Devisen oder für Kapitalbewegungen einzuführen".
Leider lässt sich das Problem nicht mit einem Lächeln beseitigen, wie Putin glaubt. Drei Dementis an einem Tag sind ein sicheres Zeichen, dass die Lage ernst ist. Das Kapital flüchtet aus Russland. Die Zentralbank rüstet sich für einen Ölpreis-Crash. Die Sanktionen des Westens schneiden Russlands Firmen vom Finanzmarkt ab.
Die Wahrheit liegt daher wohl näher an dem, was Andrei Kostin, der Chef der staatlich kontrollierten VTB Bank, gesagt hat: Die Einführung von Kapitalschranken stehe nicht unmittelbar bevor. Grundsätzlich ausschließen könne man sie aber nicht. Sie wären ein letztes Mittel, um den Crash der russischen Wirtschaft aufzuhalten. Mittelfristig droht Wladimir Putin das Geld auszugehen. Um den Finanzkollaps zu verhindern, dreht er nun die Uhr zurück. Und schickt Russlands Wirtschaft zurück in die Sowjetzeit.
Der Rubel rollt - in die falsche Richtung
Um den Abfluss von Geld ins Ausland zu stoppen, wären Höchstgrenzen für den Umtausch von Rubel in Dollar oder die Abhebung von Bankkonten sowie Steuern auf Aktien- und Finanzgeschäfte denkbar. Oder schlimmstenfalls die Enteignung von Ausländern.
Schon 1998, als Russland sich weigerte seine Schulden zu zahlen, flüchtete das Kapital, der Rubel stützte ab. Moskau führte Kapitalkontrollen ein: Investoren mussten Sonderkonten bei der Zentralbank eröffnen und sich sämtliche Devisengeschäfte von den Währungshütern absegnen lassen. 2006 wurden die letzten Kontrollen abgeschafft.
Doch vergangene Woche fiel der Rubel unter das Niveau, ab dem die Notenbanker mit unbegrenzten Deviseninterventionen den Kurs verteidigen. Und auch am Montag eilteRusslands Währung von Rekordtief zu Rekordtief. Laut Bloomberg sollen die Währungshüter bereits die Wiedereinführung der Kapitalschranken durchspielen, für den Fall, dass sich der finanzielle Exodus verschlimmert.
Volle Fahrt zurück
Schon die Ankündigung der Maßnahme würde Panik auslösen. Und alle Anstrengungen Moskaus, Russlands Währung und Wirtschaft zu stabilisieren, um Jahre zurückwerfen. Doch womöglich bleibt Putin bald keine andere Wahl mehr. Mehrere Branchen und Unternehmen seien durch die Strafmaßnahmen der EU und USA stark unter Druck geraten, sagt der Präsident selbst. "Der Staat steht bereit, um diesen Unternehmen und Branchen zu helfen, die durch die ungerechtfertigten Sanktionen des Auslands betroffen sind".
Die Firmen bekommen nun Finanzhilfen vom Staat, dafür plündert Putin sogar die Rentenkasse. Zu Sowjetzeiten wurden Russlands Staatsbetriebe vom Politbüro geleitet. Heute gehören Ölriesen wie Rosneft oder Finanzgiganten wie die Sberbank dem Kreml, hängen an seinem Tropf und werden von Männern geführt, die nach Putins Pfeife tanzen. Der Präsident führt das Land mit Volldampf zurück in die Staatswirtschaft.
Auch die Isolation vom Westen will Putin vorantreiben wie im Kalten Krieg. Russland schottet sich ab: Der Kreml-Chef ermutigt die Firmen, ihre Fühler wieder stärker Richtung Osten auszustrecken, zu russlandfreundlicheren Ländern wie Indien und China. Russlands Abhängigkeit vom Dollar will Putin verringern. Der Handel mit anderen Ländern soll künftig in deren Währung abgewickelt, wie zum Beispiel das Ölgeschäft mit China.
All das dürfte am Ende nur wenig nützen. Denn Kapitalschranken können die Panik im Ernstfall nur verzögern, aber kaum verhindern: Erstens müsste Putin die Kontrollen im Bruchteil einer Sekunde einführen - solange bräuchten die Oligarchen, um die Milliarden, die überhaupt noch in Russland lagern, per Mausklick ins Ausland zu verschieben. Zweitens werden sie Wege finden, die Regeln zu umgehen. Finanztransaktionen kann man verschleiern, Bankmitarbeiter bestechen. Gerade in Russland.
Quelle: n-tv.de
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen