SteuertippWarum Anleger die Besteuerung ihrer Fondserträge prüfen sollten
Grundsätzlich sollen Fonds ebenso besteuert werden wie etwa ein Aktiendepot. Im Zweifelsfall greift aber die Pauschalbesteuerung. Der EuGH sieht das nun als rechtswidrig an. Das kann auch rückwirkend die Steuerbelastung reduzieren.
02.11.2014, von SEBASTIAN MEINHARDT
Wer in einen Fonds investiert, soll grundsätzlich transparent besteuert werden. Doch was bedeutet das? Aus steuerlicher Sicht soll es im Prinzip keinen Unterschied machen, ob der Anleger in einen Fonds investiert oder Wertpapiere wie Aktien unmittelbar im Depot hält. Voraussetzung ist allerdings, dass der Fonds auch die steuerlich relevanten Angaben form- und fristgerecht nach Gesetz veröffentlicht. Erforderlich ist zum Beispiel die zwingende Bekanntgabe im elektronischen Bundesanzeiger innerhalb von vier Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahres.
Werden die gesetzlichen Veröffentlichungspflichten hingegen nicht erfüllt, sieht das Gesetz eine pauschale Besteuerung vor. Folge: Beim Anleger sind 70 Prozent der Wertsteigerung des Fondsanteils anzusetzen. Die Wertsteigerung ermittelt sich als Differenz zwischen dem ersten und letzten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreis. Mindestens sind jedoch 6 Prozent des letzten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreises zu erfassen. Im Extremfall bedeutet dies: Der Anleger versteuert (pauschale) Fondserträge, selbst wenn tatsächlich keine Erträge vom Fonds erzielt wurden. Mit Ablauf des Kalenderjahres gelten die pauschalen Fondserträge fiktiv als zugeflossen und sind somit in diesem Jahr zu versteuern.
Deutsche Anleger könnten ausländische Fonds meiden
Bislang drohte die Pauschalbesteuerung unausweichlich bei fehlender Bekanntmachung der Fondserträge. Doch der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat nun mit Urteil vom 9. Oktober 2014 entschieden, dass die pauschale Fondsbesteuerung rechtswidrig ist (Aktenzeichen C-326/12). Im Urteilsfall hielten deutsche Anleger unter anderem in den Jahren 2004 bis 2008 ausländische Fondsanteile. Da die Besteuerungsgrundlagen nicht veröffentlicht wurden, erklärten die Anleger die Fondserträge im Wege der Schätzung oder anhand von Zeitungsauszügen.
Das Finanzamt erkannte diese nicht an, sondern setzte wie gesetzlich vorgegeben die pauschal ermittelten Werte an. Dies führte zu erheblich höheren steuerpflichtigen Erträgen, als die Anleger ursprünglich erklärten. Der Fall landete schließlich vor dem EuGH. Dieser sieht in der Pauschalbesteuerung eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs. Da deutsche Fonds regelmäßig ihre Besteuerungsgrundlagen veröffentlichen, treffe die Vorschrift de facto nur ausländische Fonds. Neben den prinzipiell nachteiligen Folgen einer pauschalen Ermittlung kritisierten die Richter folgende Tatsache: Der Anleger hat keine Möglichkeit mehr, Unterlagen beizubringen, mit denen er die tatsächlichen Fondserträge nachweisen kann. Dies könne im Ergebnis dazu führen, deutsche Anleger von Investitionen in ausländische Fonds abzuhalten.
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Auf Grundlage des EuGH-Urteils sollten private Anleger prüfen, ob Fondserträge pauschal besteuert wurden oder werden. Möglicherweise können geringere Erträge nachgewiesen werden, so dass die Steuerbelastung reduziert wird. Das Urteil lässt aber die Frage unbeantwortet, welche Unterlagen und Belege tatsächlich ausreichend sind, um in den Genuss einer (niedrigeren) transparenten Besteuerung zu kommen. Jedenfalls sollten nun auch nachträglich nach den gesetzlichen Vorgaben ermittelte (geringere) Fondserträge angesetzt werden können.
Ob die Finanzverwaltung auch Nachweise genügen lässt, die in Form und Inhalt vom Gesetz abweichen, bleibt noch abzuwarten. Zudem bezieht sich das Urteil auch nur auf Fondsanteile, die vor Einführung der Abgeltungsteuer, also vor dem 1. Januar 2009, erworben wurden. Ob das Urteil auch ohne weiteres auf Fondsanteile übertragbar ist, die der Abgeltungsteuer unterliegen, ist ebenfalls ungeklärt. Denn in diesem Fall werden die pauschal ermittelten Fondserträge bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns steuermindernd abgezogen.
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