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Montag, 3. November 2014

Ein Stück zum Nachdenken....Souverenität.....was bedeutet oder was bedeutet sie nicht......es ruft (schreit) geradezu zur Berufung beim OLG Frankfurt (Senat für Darmstadt).....

Im Name n des V o l k e s
Ur t e i l
ln dem Rechtsstreit
nn Koch, Zur Eisernen Hans 25, 64367 Mühltal,
Kläger
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanw. nnn,
gegen
1. Hellenische Republik vertr.d.d. Finanzminister, 10 Karageorgi Servias Straße,
GR 10184 Athen - Griechenland,
Beklagte zu 1)
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanw. Cleary Gottlieb Steen & Hamilton LLP
Neue Mainzer Str. 52, Main Tower, 60311 Frankfurt/M.,
2. Clearstream Banking AG vertr.d.d. Vorstand Stefan Lepp u.a., Mergenthalerallee 61,
65760 Eschborn,
Beklagte zu 2)
Prozessbevollmächtigte zu 2: Rechtsanw. Hogan Lovells International LLP
Karl-Scharnagl-Ring 5, 80539 München,
Geschäftszeichen: 631497, 48062.00059
ZP 11 - Urschrift und Ausfertigung eines Urteils (EU CU 00.D O T l-H 1.0912
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hat das Landgericht Darmstadt - 2. Zivilkammer
durch den Richter am Landgericht Dr. Wieczorek als Vertreter des Vorsitzenden,
die Richterin Dr. Roßmann und
die Richterin am Landgericht Engelhardt
im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO mit am 14.10.2014 endender
Schriftsatzfrist
für Recht erkannt:
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtstreits hat der Kläger zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren
Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in
Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
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T a t b e s t a n d :
Der Kläger macht gegenüber den Beklagten Zahlungs- und Schadensersatzansprüche
aus fälligen Staatsanleihen geltend, die im Zuge des griechischen Schuldenschnitts im
Frühjahr 2012 eingezogen worden sind.
Im September 2011 und im Februar 2012 erwarb der Kläger über seine depotführende
Bank, die Sparkasse Darmstadt, auf dem Sekundärmarkt zum Nominalwert von insgesamt
10.000,- € (inklusive Provisionen, Stückzinsen und Gebühren) griechische
Schuldverschreibungen mit der Bezeichnung "4,3 % Griechenland EO-Bonds 2009 (12)",
ISIN GR0110021236, WKN A0T6US (Anl. K 1, Bl. 23 ff. d.A.). Die Anleihen waren nebst
der Verzinsung von 4,3 % am 20.03.2012 zur Rückzahlung fällig. Zu den
Erwerbszeitpunkten notierten die Anleihenpreise infolge der griechischen Finanz- und
Schuldenkrise bereits erheblich unter ihrem Nennwert, und zwar bei knapp 62 % bei der
ersten Transaktion und unter 27 % bei der zweiten Transaktion Ende Februar 2012.
Als Zwischenverwahrer fungierte die bei Wertpapiererwerb im Ausland von den
Depotbanken regelmäßig in Anspruch genommene Clearstream Banking AG, die Beklagte
zu 2), die Wertpapierbestände in griechischen Staatsanleihen über ein Wertpapierkonto
der Clearstream Banking S.A Luxemburg (CBL) bei der Bank of Greece im BOGS-System
verbuchte. Hierüber erteilte die Beklagte zu 2) Gutschriften in Wertpapierrechnung, welche
die Grundlage dafür waren, dass die Sparkasse ihrerseits dem Kläger eine Depotgutschrift
über die streitgegenständlichen Anleihen erteilte.
Im Zuge der zu dieser Zeit bereits in den Medien ausführlich dargestellten Finanz- und
Schuldenkrise der Republik Griechenland und auf Grundlage der zwischen dem
griechischen Staat und der Europäischen Union sowie dem Internationalen
Währungsfonds (IWF) geführten Verhandlungen und schlussendlich auch getroffenen
Vereinbarungen zwecks Abwendung eines griechischen Staatsbankrotts (Rettungspakete)
bot der griechische Staat seinen Gläubigern - vornehmlich zunächst institutionellen
Anlegern - im Rahmen von Verhandlungen am 14.02.2012 eine Umschuldung an, die den
Austausch der ausgereichten und auch hier streitgegenständlichen Staatsanleihen gegen
solche mit ungünstigeren Konditionen vorsah, nämlich einer erheblichen Verlängerung der
Laufzeiten bei gleichzeitigem Forderungsverzicht in Höhe von 53% des Nominalbetrages.
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Gleichzeitig verabschiedete das griechische Parlament am 23.02.2012 das Gesetz
4050/2012, auf dessen rechtlicher Grundlage im Rahmen eines sog. "collective action"-
Prozesses auch diejenigen Anleger zwangsweise in die Umschuldung einbezogen werden
konnten, die ein zuvor beschlossenes freiwilliges Umtauschangebot nicht angenommen
hatten. Voraussetzung hierfür war, dass die Anleihegläubiger, die Teilnehmer am
Girosystem der Griechischen Zentralbank (und gleichzeitig Erstabnehmer der
streitgegenständlichen Papiere gemäß den Bedingungen des "Offering Circular", Anlage
B 1) waren, über den vorgeschlagenen Umtausch der "eligible titles" mit einem Quorum
von 50 % des ausstehenden Nennbetrags dieser Titel abstimmten. Ferner musste für die
Annahme des Änderungsvorschlags einschließlich der "Collective Action Clause" eine
qualifizierte Mehrheit von zwei Dritteln erreicht werden. Die gesetzlichen Vorgaben wurden
erfüllt: Die an der Abstimmung teilnehmenden Gläubiger repräsentierten zusammen
91,5 % des ausstehenden Gesamtnennbetrages und die für die Annahme des
Änderungsvorschlages erforderliche Mehrheit von zwei Dritteln des teilnehmenden
Kapitals wurde mit 94,34 % erreicht.
Mit Schreiben vom 28.02.2012 (Anlage K 5) teilte die Sparkasse Darmstadt dem Kläger
mit, dass die Republik Griechenland den Inhabern ihrer Staatsanleihen im Rahmen der
geplanten Umschuldung die Möglichkeit ihre Anleihen in Gegenleistungen einzutauschen,
die einer Nennwertreduktion von 53,5 % entsprach, anbot. Dabei bot die Sparkasse
mehrere Wahlmöglichkeiten an (Zustimmung und Umtausch in andere Anleihen,
Zustimmung, Ablehnung, Enthaltung). Der Kläger reagierte nicht innerhalb der bis zum
07.03.2012 gesetzten Frist.
Der Ministerrat der griechischen Regierung billigte die Entscheidung der Anleihegläubiger
am 09.03.2012 mit der Wirkung, dass nunmehr - entsprechend den Bestimmungen des
Gesetzes 4050/2012 - alle Anleger und Anleihegläubiger der jeweiligen Titel hieran
gebunden waren, dass also das Abstimmungsergebnis der Gläubiger für
allgemeinverbindlich erklärt wurde. In Ausführung des Beschlusses und auf Anweisung
des Finanzministeriums zog die griechische Zentralbank daraufhin am 12.03.2012 alle
betroffenen Anleihepapiere - darunter die hier streitgegenständlichen - ein; die aus ihnen
resultierenden Rechte und Pflichten erloschen. Im Gegenzug wurden die ersatzweise zur
Verfügung gestellten neuen Anleihen in das System eingebucht.
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Der Kläger forderte die Beklagte zu 1) unter Fristsetzung zum 10.10.2012 vergeblich auf,
die ausgebuchten Wertpapiere zurückzugeben.
Der Kläger meint, durch den eigenmächtigen Umtausch der Wertpapiere durch die
Beklagte zu 1) sei ihm ein bezifferbarer Mindestschaden von 5.350,- € entstanden, da die
neuen Schuldverschreibungen nicht nur mit einer nachteiligen Stückelung, sondern auch
mit ungünstigen Konditionen verbunden seien und einen um 53,5 % verminderten
Zahlungsanspruch verbrieften. Die aufgrund der gesetzlichen Vorgaben des Gesetzes
4050/2012 getroffenen Maßnahmen der Beklagten zu 1) seien rechtswidrig und stellten
einen Eingriff in das Eigentum des Klägers dar, mit der Folge, dass sie weder mit Art. 9,
14, 20 GG noch mit vergleichbaren Bestimmungen der griechischen Verfassung selbst
sowie der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar seien. Schon aus diesem
Grunde liege ein Verstoß gegen den deutschen ordre public (Art. 6 EGBGB) vor mit der
Konsequenz, dass weder das Gesetz noch die hierauf gestützten Beschlüsse des
griechischen Ministerrats anzuwenden oder anzuerkennen seien. Auch sei die in dem
Gesetz 4050/2012 vorgesehene, alle Forderungsinhaber treffende Umschuldungsklausel
("Collective Action Clause") als nachträgliche einseitige Änderung der ursprünglich mit
dem Bankenkonsortium im Emissionsprospekt ("Offering Circular“, Anl. B 1) festgelegten
Begebungsbedingungen schon vertragsrechtlich unwirksam. Das durch Kauf an der Börse
erworbene Forderungsrecht aus den streitgegenständlichen Staatsanleihen habe daher
nicht erlöschen können, so dass dem Kläger, und zwar sowohl nach deutschem als auch
nach griechischem materiellen Recht, weiterhin ein seit dem 20.03.2012 fälliger
Erfüllungsanspruch zustehe. Jedenfalls aber ergebe sich die Haftung der Beklagten zu 1)
aus bereicherungsrechtlichen bzw. deliktsrechtlichen Vorschriften.
Der Kläger meint ferner, dass sich die Beklagte zu 1) nicht auf den Grundsatz der
Staatenimmunität bei hoheitlichem Handeln berufen könne: Bei der Emission der
Schuldverschreibungen zum Zwecke der Staatsfinanzierung sei sie rein privatwirtschaftlich
tätig geworden. Hieran habe auch das rechtwidrige Gesetz 4050/2012 nichts ändern
können, dessen normativer Regelungsgehalt sich auf private Vertragsverhältnisse
beziehe. Auch die durch dieses Gesetz bewirkte nachträgliche einseitige Änderung der
Emissionsbedingungen und der darin liegende Vertragsbruch seien deshalb dem Bereich
nicht-hoheitlichen Handelns zuzuordnen.
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Zur Begründung der örtlichen und internationalen Zuständigkeit des angerufenen Gerichts
stützt sich die Kläger zum einen auf Art. 5 Nr. 1 a, b EuGWO (besonderer Gerichtsstand
des Erfüllungsorts), zum anderen auf Art. 5 Nr. 3 EuGWO (Gerichtsstand der unerlaubten
Handlung) und schließlich auf Artt. 15 Abs. 1 c, 16 Abs. 1 EuGWO (Gerichtsstand für
Klagen eines Verbrauchers).
Der Kläger hat zunächst beantragt,
die Beklagte (zu 1)) zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von
5.350,00 € nebst Zinsen hieraus In Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Mit Schriftsatz vom 25.07.2014 hat der Kläger die Klage auch auf die Beklagte zu 2)
erweitert.
Der Kläger beantragt nunmehr,
die Beklagten zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 5.430,00 € zuzüglich
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a.
hieraus seit 20.03.2013 zu zahlen und zwar Zug um Zug gegen Herausgabe von
jeweils 5 („fünf) der folgenden, als Gutschrift in Wertpapierrechnung zu verbuchten
Wertpapiere:
Anleihe der Republik Griechenland fällig 2023, Wertpapierkennnummer
A1G1UA, im Nennbetrag von 15,00 €;
Anleihe der Republik Griechenland fällig 2024, Wertpapierkennnummer
A1G1UB, im Nennbetrag von 15,00 €;
Anleihe der Republik Griechenland fällig 2025, Wertpapierkennnummer
A1G1UC, im Nennbetrag von 15,00 €;
Anleihe der Republik Griechenland fällig 2026, Wertpapierkennnummer
A1G1UD, im Nennbetrag von 15,00 €;
Anleihe der Republik Griechenland fällig 2027, Wertpapierkennnummer
A1G1UE, im Nennbetrag von 15,00 €;
Anleihe der Republik Griechenland fällig 2028, Wertpapierkennnummer
A1G1UF, im Nennbetrag von 16,00 €;
Anleihe der Republik Griechenland fällig 2029, Wertpapierkennnummer
A1G1UG, im Nennbetrag von 16,00 €;
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Anleihe der Republik Griechenland fällig 2030, Wertpapierkennnummer
A1G1UH, im Nennbetrag von 16,00 €;
Anleihe der Republik Griechenland fällig 2031, Wertpapierkennnummer
A1G1UJ, im Nennbetrag von 16,00 €;
Anleihe der Republik Griechenland fällig 2032, Wertpapierkennnummer
A1G1UK, im Nennbetrag von 16,00 €;
Anleihe der Republik Griechenland fällig 2033, Wertpapierkennnummer
A1G1UL, im Nennbetrag von 16,00 €;
Anleihe der Republik Griechenland fällig 2034, Wertpapierkennnummer
A1G1UM, im Nennbetrag von 16,00 €;
Anleihe der Republik Griechenland fällig 2035, Wertpapierkennnummer
A1G1UN, im Nennbetrag von 16,00 €;
Anleihe der Republik Griechenland fällig 2036, Wertpapierkennnummer
A1G1UP, im Nennbetrag von 16,00 €;
Anleihe der Republik Griechenland fällig 2037, Wertpapierkennnummer
A1G1UQ, im Nennbetrag von 16,00 €;
Anleihe der Republik Griechenland fällig 2038, Wertpapierkennnummer
A1G1UR, im Nennbetrag von 16,00 €;
Anleihe der Republik Griechenland fällig 2039, Wertpapierkennnummer
A1G1US, im Nennbetrag von 16,00 €;
Anleihe der Republik Griechenland fällig 2040, Wertpapierkennnummer
A1G1UT, im Nennbetrag von 16,00 €;
Anleihe der Republik Griechenland fällig 2041, Wertpapierkennnummer
A1G1UU, im Nennbetrag von 16,00 €;
Anleihe der Republik Griechenland fällig 2042, Wertpapierkennnummer
A1G1UV, im Nennbetrag von 16,00 € und
Besserungsschein der Republik Griechenland ohne Nennwert fällig 2042,
Wertpapierkennnummer A1G1UW, bei dem für die Berechnung etwaiger
Zahlungen auf einen virtuellen Nennbetrag von 315,00 € abgestellt wird.
Auf die von den Beklagten aus 5.430,00 € zu zahlenden Zinsen sind etwaige
Zahlungen, welche die Republik Griechenland auf die herauszugebenden
Wertpapiere leistet, anzurechnen, soweit sie dem Kläger nach dem 12.03.2012
zufließen.
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Ebenso sind auf jeweils 5 („fünf“) vom EFSF begebene Wertpapiere ohne
Nennbetrag mit der Wertpapierkennnummer A1G1UW, sowie auf jeweils 5 („fünf“)
weitere vom EFSF begebene Wertpapiere mit Nennbetrag von 74,00 € mit der
Wertpapierkennnummer A1G0AF und im Nennbetrag von € 76,00 mit der
Wertpapierkennnummer A1G0AG, soweit sie dem Kläger nach dem 12.03.2012
zufließen, anzurechnen.
Die Beklagte zu 1) beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte zu 1) macht geltend, dass sie mit dem Erlass des Gesetzes 4050/2012 und
der Ausführung der darauf gestützten Ministerialbeschlüsse hoheitlich tätig geworden sei;
sie genieße deshalb nach den allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechts Immunität.
Deutschen Gerichten sei es aus diesem Grunde von vorneherein verwehrt, über die
Rechtmäßigkeit der Umschuldungsmaßnahmen zu befinden.
Die Beklagte zu 1) ist in diesem Zusammenhang ferner der Ansicht, das LG Darmstadt sei
für die Entscheidung des Rechtsstreits zudem international nicht zuständig: Nachdem sich
der Anwendungsbereich der EuGWO auf zivil- und handelsrechtliche Streitigkeiten
beschränke, es sich vorliegend aber um eine hoheitliche, Angelegenheit handle, könne ein
Gerichtsstand hieraus nicht hergeleitet werden. Überdies seien aber auch die
Tatbestandsvoraussetzungen der zuständigkeitsbegründenden Vorschriften im Einzelnen
nicht erfüllt: Der Gerichtsstand des Erfüllungsorts nach Art. 5 Nr. 1 EuGWO scheide aus,
weil die entsprechende vertragliche Zahlungsverpflichtung infolge der Einziehung nicht
mehr existiere; unabhängig hiervon ergebe sich aus den ursprünglichen
Emissionsbedingungen, dass Erfüllungsort Athen - als Sitz der griechischen Zentralbank -
gewesen sei. Auch die besonderen Gerichtsstände der unerlaubten Handlung (Art. 5 Nr. 3
EuGWO) und des Verbraucherwohnsitzes (Artt. 15 Abs. 1 c, 16 EuGWO) kämen nicht in
Betracht, letzterer u.a. deshalb nicht, weil der Kläger als Zessionär des ursprünglich den
Konsortialbanken übertragenen Forderungsrechts nicht als Verbraucher anzusehen sei,
und weil außerdem der griechische Staat bei der Begebung der Anleihen nicht "in
Ausübung einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit" gehandelt habe.
Mit Beschluss vom 30.10.2013 (Bl. 191 d.A.) hat die Kammer angeordnet, dass über die
Frage der Zulässigkeit der Klage abgesondert verhandelt wird (§ 280 I ZPO).
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Die Beklagte zu 2) hat die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Landgerichts Darmstadt
gerügt. Mit Beschluss vom 30.09.2014 hat die Kammer die auf die Beklagte zu 2)
erweiterte Klage abgetrennt und an das Landgericht Frankfurt am Main verwiesen.
Der Kläger hat mit Schriftsätzen vom 30.05.2014 und vom 26.09.2014 beantragt, den
Rechtsstreits (hilfsweise und insgesamt) an das Landgericht Frankfurt zu verweisen.
Hinsichtlich der näheren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
gewechselten ergänzend Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die Klage ist unzulässig. Die Klage ist durch Prozessurteil abzuweisen, denn die Kammer
ist für die Entscheidung des Rechtstreits unzuständig (§ 20 Abs. 2 GVG). Der Rechtstreit
unterliegt nicht der deutschen Gerichtsbarkeit, die Beklagte zu 1) genießt
Staatenimmunität.
1.
Der Rechtsweg zu den deutschen Gerichten ist nicht eröffnet. Die Frage, ob die deutsche
Gerichtsbarkeit überhaupt ausgeübt werden darf, ist vorrangig vor anderen
Prozessvoraussetzungen - auch der der örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts
- von Amts wegen zu prüfen. Gemäß § 20 Abs. 2 GVG erstreckt sich die deutsche
Gerichtsbarkeit nicht auf ausländische Staaten, soweit sie nach den allgemeinen Regeln
des Völkerrechts von ihr befreit sind. Nach allgemeinem Völkergewohnheitsrecht, bei dem
es sich nach Art. 25 GG um Bundesrecht handelt, sind Staaten der Gerichtsbarkeit
anderer Staaten nicht unterworfen, soweit ihre hoheitliche Tätigkeit von einem Rechtsstreit
betroffen ist. Dagegen besteht keine Regel des Völkerrechts, die die inländische
Gerichtsbarkeit für Klagen in Bezug auf die nichthoheitliche Tätigkeit von Staaten
ausschließt (BVerfGE 46, S. 342, 364 ff.). Für die Abgrenzung maßgebend ist die Natur
der staatlichen Handlung oder des entstandenen Rechtsverhältnisses. Die Qualifikation
als hoheitliche oder nichthoheitliche Staatstätigkeit ist nach deutschem Recht zu beurteilen
(vgl. Zimmermann in Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Auflage 2013, § 20 GVG, Rn. 11
10
10
ff.; BVerfGE 16, S. 27, 61 ff.). Dem Kläger ist zwar darin zuzustimmen, dass die Emission
von Staatsanleihen und die Teilnahme am Wertpapiermarkt rein fiskalischer Natur sind.
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass sich der Kläger mit seiner Klage gegen die
Einziehung der streitgegenständlichen Anleihe der Beklagten zu 1) aufgrund der Änderung
der Anleihebedingungen durch das griechische Gesetz 4050/2012, welches durch die
Zustimmung der Anleihegläubiger für allgemeinverbindlich erklärt wurde, und den seiner
Auffassung nach darin liegenden Vertragsbruch wendet. Während die nachträgliche
Einführung der Umschuldungsklausel (Collective Action Clauses) durch das griechische
Gesetz 4050/2012 unzweifelhaft als hoheitlich zu qualifizieren und damit die Beurteilung
der Rechtmäßigkeit der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage anhand der griechischen
Rechtslage einem deutschen Gericht entzogen ist, stellt sich die Frage, ob die Umsetzung
des Gesetzes durch den Beschluss des Ministerrates und die daraufhin ergangene
Anweisung an die griechische Zentralbank anders zu beurteilen sind. Denn die Einziehung
erfolgte nicht durch das genannte Gesetz (als Legalenteignung), sondern erst - nachdem
die erforderlichen Abstimmungsmehrheiten zustande gekommen waren - infolge der
Umsetzung des Beschlusses des Ministerrates vom 09.03.2012. Maßgeblich ist also die
Rechtsnatur der Einziehung der griechischen Staatsanleihen. Die Einziehung und der
Austausch der Staatsanleihen erfolgten jedoch auf der Grundlage des Gesetzes
4050/2012 und damit im Rahmen der gesetzlich normierten Voraussetzungen. Die
Überprüfung eines etwaigen Überschreitens des vorgegebenen Ermächtigungsrahmens
durch die griechische Regierung anhand der griechischen Verfassung entzieht sich, da die
Gesetzeslage durch das griechische Parlament geschaffen wurde, der Kontrolle der
deutschen Gerichte (LG Konstanz, Urteil vom 19.11.2013, 2 O 132/13, LG Frankfurt, Urteil
vom 19.03.2014, Az.: 2-12 O 405/12; LG Itzehoe, Urteil vom 02.05.2014, Az.: 6 O 409/12).
Denn es wäre auch eine Prüfung dahingehend vorzunehmen, ob das griechische Gesetz,
auf dem die streitgegenständliche Umschuldung beruht, wirksam ist. Eine derartige
Entscheidung könnte nur unter Missachtung der Souveränität der Beklagten zu 1)
getroffen werden und ist dem angerufenen Gericht versagt.
Die vom Kläger zitierte Äußerung der griechischen Zentralbank, wonach diese der
Auffassung ist, beim Austausch der Anleihen nicht hoheitlich, sondern fiskalisch gehandelt
zu haben, ist nicht maßgeblich. Entscheidend für die Unterscheidung zwischen
hoheitlicher und privatrechtlicher Staatstätigkeit ist die Beurteilung nach nationalem, also
deutschem Recht.
11
11
Soweit sich der Kläger zur Begründung seiner Ansicht, auf die Stellungnahme des
Juristischen Dienstes der Europäischen Kommission vom 19.08.2013 (Bl. 195 ff. d.A.)
bezieht, wonach der Umschuldungklausel eine rein akzessorische Funktion beigemessen
und primär auf die Entscheidung der Mehrheit der Anleihegläubiger abstellt wird, greift
dies nach Ansicht des erkennenden Gerichts nicht durch. Zum einen wendet sich der
Kläger ersichtlich nicht gegen die Abstimmung der Anleihegläubiger und zum anderen
würde es in diesem Fall an einem Zusammenhang mit den der Beklagten zu 1) gemachten
Vorwürfen fehlen.
Die Ausführung des Juristischen Dienstes der Europäischen Kommission, dass die
Einführung einer Umschuldungsklausel auch deshalb nicht als hoheitliche Maßnahme zu
qualifizieren sei, da solche Klauseln auch im Geschäftsverkehr zwischen privaten Parteien
verwendet werden, lässt unberücksichtigt, dass einem privaten Schuldner ein gesetzlicher
Eingriff in vertragliche Verpflichtungen gerade nicht möglich ist. In einer vertraglichen
Beziehung unter Privatrechtssubjekten wäre eine nachträglich, einseitige Abänderung der
geltenden Vertragsbedingungen durch eine gesetzliche Änderung des auf den
Anleihevertrag anwendbaren Rechts also gerade nicht möglich gewesen. Gleiches gilt für
den erfolgten Zwangsumtausch der Anleihen im Hinblick auf die unwilligen Anleger.
2.
Ferner ist das angerufene Landgericht Darmstadt auch nicht international zuständig. So ist
bereits der Anwendungsbereich der EuGWO nicht eröffnet, da es sich - wie ausgeführt -
nicht um eine Zivil- oder Handelssache im Sinne des Art. 1 Abs.1 EuGWO, sondern um
eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit handelt. Eine Streitsache ist öffentlich-rechtlicher
Natur, wenn der geltend gemachte Klageanspruch seinen Ursprung in einer hoheitlichen
Tätigkeit hat (Gottwald in Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Auflage 2013, Art. 1
EuGWO, Rn. 4 ff.). Der vom Kläger gegenüber der Beklagten zu 1) geltend gemachte
Vorwurf seiner vermeintlichen „Enteignung“ durch den Zwangsumtausch der von ihm
erworbenen griechischen Staatsanleihen aufgrund des griechischen Gesetzes 4050/2012
ist als hoheitlicher Akt zu werten.
Unabhängig davon ist eine Zuständigkeit nach dem EuGWO mangels Vorliegen der
tatbestandlichen Voraussetzungen nicht gegeben.
12
a)
Ein Verbrauchergerichtsstand am Wohnsitz des Klägers gemäß Art. 15 Abs. 1 lit c), Art. 16
Abs. 1 EuGWO besteht nicht. Von Art. 15 EuGWO werden ausschließlich vertraglich
Ansprüche zwischen einem Verbraucher und einer Person in Ausübung ihrer gewerblichen
oder beruflichen Tätigkeit erfasst. Vorliegend fehlt es bereits an einer vertraglichen
Beziehung der Parteien. Unstreitig hat der Kläger die streitgegenständlichen
Staatsanleihen zwei bis drei Jahre nach deren Begebung an ein Bankenkonsortium von
der Sparkasse Darmstadt über die Börse in Düsseldorf auf dem Sekundärmarkt erworben.
Es fehlt somit an einem Vertrag mit der Beklagten zu 1) als Emittentin, da der Kläger die
Anleihen nicht unmittelbar von der Beklagten zu 1) erworben hat, sondern diese im Wege
des Kommissionsgeschäfts mit der dazwischen geschalteten Sparkasse Darmstadt, die
seine Kaufaufträge im Freiverkehrsmarkt der Börse in Düsseldorf ausgeführt hat.
Im Übrigen handelte die Beklagte zu 1) als souveräner Staat auch nicht in Ausübung ihres
Berufs oder Gewerbes. Die Emission von Staatsanleihen zum Zweck der Erzielung von
Einnahmen für den Staatshaushalt begründet noch keine berufliche oder gewerbliche
Tätigkeit.
Schließlich fehlt es am Merkmal des „Ausrichtens“, Art. 15 Abs. 1 lit. c). Ein „Ausrichten“
gewerblicher oder beruflicher Tätigkeit auf den Verbraucherstaat liegt vor, wenn der
offenkundige Wille des Vertragspartners festgestellt werden kann, Verbraucher in diesem
Staat als Kunden zu gewinnen, er also zu einem Vertragsschluss mit ihnen bereit ist. Das
ist der Fall, wenn der Vertragspartner dort in irgendeiner Form für seine Leistungen
Werbung betreibt (Stadler in Musielak, ZPO, 10. Auflage 2013, VO (EG) 44/2001 Art. 15
Rn. 8). D.h. Griechenland müsste seine Emissionstätigkeit auch auf Deutschland als
Wohnsitzland des Klägers ausgerichtet haben. Dies setzt zumindest bestimmte
organisatorische Anstrengungen voraus und kann nicht allein mit der Handelbarkeit der
Anleihen in Deutschland begründet werden. Zu berücksichtigten ist insoweit, dass die
Beklagte die Staatsanleihen allein in Griechenland emittierte und keinen Antrag auf
Zulassung des Handels ihrer Anleihen am regulären deutschen Markt gestellt hat. Der
Umstand, dass die griechischen Staatsanleihen im Freiverkehr über den Sekundärmarkt
zu erwerben waren, entzieht sich dem Einflussbereich der Beklagten zu 1). Insbesondere
handelt es sich bei den Mitgliedern des Bankenkonsortiums nicht um Erfüllungsgehilfen
der Beklagten zu 1), sondern um unabhängige Finanzinstitute.
12 im
13
13
Eine Zuständigkeit nach dem sog. Verbrauchergerichtstand gemäß Art. 15, 16 EuGWO
ist mithin nicht begründet.
b)
Keinen Erfolg hat der Kläger auch, soweit er sich hilfsweise auf die Zuständigkeit nach
Art. 5 Nr. 1 EuGWO stützt. Der besondere Gerichtstand des Erfüllungsortes, der sich
danach richtet, wo die streitgegenständliche vertragliche Verpflichtung zu erfüllen ist, führt
nicht zu einer Zuständigkeit des LG Darmstadt. Auch die hilfsweise geltend gemachte
Zuständigkeit des Landgerichts Frankfurt ist nicht gegeben.
Zunächst ist bereits fraglich, ob es überhaupt noch eine zu erfüllende vertragliche
Verpflichtung gibt. Entsprechend dem griechischen Gesetz 4050/2012 existiert die Anleihe
infolge der erfolgten Einziehung nicht mehr.
Selbst wenn man der Argumentation des Klägers folgt und zu seinen Gunsten unterstellen
würde, dass ihm ein Zahlungsanspruch zustehen würde, wäre Darmstadt unter keinen
Umständen der Erfüllungsort einer hypothetischen Zahlungsverpflichtung. Zum einen war
der Erfüllungsort der streitgegenständlichen Anleihe (vor deren Einziehung) gemäß den im
Offering Circular veröffentlichten Anleihebedingungen in Athen.
Zum anderen ist zu beachten, dass der Kläger die streitgegenständlichen Anleihen
unstreitig ohne Einbindung der Beklagten auf dem Sekundärmarkt erworben hat, so dass
auf den Sitz der ersterwerbenden Konsortialbank ankäme, die jedenfalls nicht in
Darmstadt ansässig ist. Der Kläger hat jedoch nicht substantiiert vorgetragen, von welcher
Konsortialbank er seine angeblichen Rechte herleiten will. Soweit der Kläger im Schriftsatz
vom 16.05.2014 hinsichtlich des Erfüllungsortes auf ein Konto der Deutschen Bank bei der
Clearstream Banking S.A. Bezug nimmt, ist nicht ersichtlich, welche Relevanz diese
Ausführungen haben. So hat der Kläger die streitgegenständlichen Anleihen unstreitig
über die Sparkasse Darmstadt erworben. Überdies verwahren die
Wertpapiersammelbanken (Clearstream) die Wertpapiere nicht für die Anleger, sondern
für die jeweilige Depotbank.
c)
Eine Zuständigkeit des Landgerichts Darmstadt (bzw. Frankfurt) ist auch nicht nach Art. 5
Nr. 3 EuGWO gegeben. Nach dieser Vorschrift sind Ansprüche aus einer unerlaubten
14
14
Handlung am Ort der unerlaubten Handlung oder am Ort des Eintritts des schädigenden
Ereignisses geltend zu machen. Der Ort des Schadenseintritts ist allerdings nicht ohne
weiteres mit dem Wohnsitz des Geschädigten gleich zu setzen (Stadler in Musielak, ZPOKommentar,
10. Auflage 2013, Art. 5 EuGWO Rn. 24). Es kommt vielmehr auf den Ort
des „Erstschadens“ an. Ausweislich der vorgelegten Abrechnungen vom 09.09.2011 (Bl.
23 d.A.) und vom 29.12.2012 (Bl. 25 d.A.) ergibt sich als Verwahrungsart
„Wertpapierrechnung Lagerland Griechenland“. Es liegt also ein Fall der
Auslandsverwahrung vor. D.h. der Bankkunde erlangt gegenüber seiner Bank lediglich
einen rein schuldrechtlichen Verschaffungsanspruch (Böttcher, „Depotgesetz“, 1. Auflage
2012, § 22 DepotG Rn. 6). Er wird also weder Gläubiger der Anleihe noch deren Besitzer.
Die Umschuldung, die im griechischen Girosystem verbucht wurde, führt allein zu einer
Korrektur des Verschaffungsanspruches. Ein etwaiger Eingriff erfolgte mithin nicht in
Deutschland, so dass ein Schaden im Sinne von Art. 5 Nr. 3 EuGWO aufgrund der in
Griechenland durchgeführten Umschuldungsmaßnahme jedenfalls weder in Darmstadt
noch in Frankfurt eingetreten ist.
Aus diesem Grund war eine Verweisung an das Landgericht Frankfurt, wie vom Kläger
hilfsweise beantragt, nicht möglich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO; der Ausspruch zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit basiert auf §§ 709 Nr. 11,711 S. 1,2 ZPO.

2 Kommentare:

  1. Danke für die Info. Ich bin mal gespannt wie es weiter geht. M.E. ist der einzig erfolgsversprechende Weg eine Klage vor dem ICISD, aber das ist wohl mit erheblichen Kosten verbunden. Verjährung in Deutschland ist ja wohl Ende 2015 und beim ICISD wohl noch deutlich später...ich warte mal ab und harre der Dinge. Man muss wohl einen langen Atem haben.

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    1. Was ist eigentlich aus dem Urteil aus Koblenz geworden ? Das war doch das erste solche Urteil in Deutschland ? Wurde dagegen Berufung eingelegt und was ist aus der geworden ?

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