Preise gesenktDer Ölpreis fällt auf ein Vierjahrestief
Saudi-Arabien senkt den Preis für Öl, jedoch nur für Amerika. Mit den Kampfpreisen sollen Konkurrenten aus dem Markt gedrängt und dem Fracking der Kampf angesagt werden.
04.11.2014, von FRANZ NESTLER
Der Schritt überraschte selbst altgediente Marktbeobachter: Saudi-Arabien hat in der Nacht von Montag auf Dienstag seine Preise für Ölexporte gesenkt – allerdings nur für die Vereinigten Staaten. Das ließ den Preis für das schwarze Gold deutlich sinken: Die amerikanische Sorte WTI kostete nur noch 76,30 Dollar und damit 3,2 Prozent weniger. Auch die Nordseesorte Brent verbilligte sich um 3,1 Prozent auf 82,12 Dollar. So wenig kostete Erdöl zuletzt im Jahr 2010. Eine Bodenbildung ist noch nicht in Sicht.
Damit haben sich die Saudis nach Monaten des Schweigens für einen Kurs entschieden. Und dieser Kurs sagt dem Fracking den Kampf an. Durch das Senken der Preise möchte man sich in den amerikanischen Markt festkrallen und die Marktanteile nun mit aller Macht verteidigen. Seit Ende Juni ist der Ölpreis bereits um 25 Prozent gefallen. Auch, weil Saudi-Arabien das Ölangebot weiter auf einem hohen Niveau hält. Die jetzige Preissenkung setzt die amerikanischen Schieferölproduzenten dann auch weiter unter Druck. Um auf dem Markt mitzuhalten müssen sie die Preise für ihr Öl senken, damit wird die eigene Produktion unrentabler. Laut der jüngsten Schätzung liegt die Schwelle, ab der die Produktion des Schieferöls unrentabel wird, bei rund 70 Dollar je Barrel.
Das heißt nicht, dass die Produktion sofort eingestellt wird, wenn der Preis unter die Marke von 70 Dollar fällt. Denn Investoren rechnen ihre Rendite über die gesamte Laufzeit der Förderung. Da es auch vorher schon Kosten gab – etwa für den Erwerb des Landes, den Aufbau von Infrastruktur und den Erwerb von Lizenzen – wird die Förderung vorerst weiter laufen. So lange die Preise nicht für lange Zeit auf diesem niedrigen Niveau sind, dürfte sich die Fracking-Industrie in den Vereinigten Staaten robust zeigen. Allerdings werden sich gerade große Unternehmen genau überlegen, ob sie weiterhin teure Investitionen in Ölfelder wagen.
Konzerne kassieren ihre Expansionspläne
Die Aktienkurse großer Erdölkonzerne wie Chevron und Exxon sind seit Juni deutlich im Minus, da die Anleger fürchten, die Gewinnspannen der Konzerne könnten schrumpfen. Die Konzerne kassieren ihre Expansionspläne. Weltweit sind in der Branche Projekte für mehr als 200 Milliarden Dollar gestrichen oder aufgeschoben worden, so eine Schätzung der Analysten von Sanford C. Bernstein.
Besonders Kanada, ein wichtiger Lieferant für Erdöl an die Vereinigten Staaten, hat mit dem niedrigen Ölpreis zu kämpfen. Die Rentabilität der Ölsande liegt bei rund 90 Dollar – ist der Preis günstiger, machen die Konzerne Verlust bei der Förderung. Doch nach Schätzungen der internationalen Energieagentur sollte das Land bis 2019 etwa 20 Prozent des zusätzlichen Ölangebots beisteuern, welches nicht aus Opec-Ländern kommt. Sollte dieser Zuwachs gebremst werden, wäre das ebenso ein Erfolg für Saudi-Arabien, selbst wenn der Fracking-Boom nicht ernsthaft gefährdet wird.
Venezuela exportiert viel Öl in die Vereinigten Staaten
Aber Saudi-Arabien droht von anderer Seite Ungemach: Besonders Venezuela exportiert viel Öl in die Vereinigten Staaten. Venezuelas Außenminister Rafael Ramírez hatte bereits die Opec um eine Notfallsitzung gebeten, um auf die niedrigen Preise zu reagieren, wie diese Zeitung am 13. Oktober berichtete. Denn Venezuela ist schon seit langem eines der Sorgenkinder der Opec. Um den Haushalt ausgeglichen zu gestalten, benötigten sie einen Ölpreis von 121 Dollar. Doch der ist in weite Ferne gerückt. Das Land verschuldet sich im Moment stark und investiert nicht in die Infrastruktur.
Doch aus der Opec wurde darauf sehr kühl reagiert. Aus Kuweit hieß es vom verantwortlichen Ölminister Ali al-Omair zuletzt, dass es sehr unwahrscheinlich sei, dass die Förderung gezügelt werde. Der Ölminister der Vereinigten Arabischen Emirate sagte am Montag, dass die Opec wegen des Ölpreisrückgangs zwar nun besorgt sei, aber nicht in Panik verfallen werde. Diese Aussage dürfte auch nicht dazu geeignet sein, den Preisverfall zu stoppen. Ähnlich hatte sich zuletzt auch der Opec-Generalsekretär geäußert. Auch Saudi-Arabien sendet keinerlei Signale aus, dass es die Förderung senken möchte. Die nächste turnusmäßige Sitzung der Opec findet am 27. November im Wiener Opec-Quartier statt. Die Sitzung könnte spannend werden: Zu früheren Zeiten sind die Ölminister teilweise wutentbrannt aus den Sitzungssälen gestürmt, um den wartenden Journalisten über die tumultartigen Sitzungen zu berichten. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass Venezuela dieses Mal mit anderen Ländern aneinander gerät.
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