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Sonntag, 15. Juli 2012

Für die geplanten direkten Bankenhilfen des Euro-Rettungschirms ESM müssen die betreffenden Länder womöglich nicht mehr haften. Davon geht der künftige ESM-Chef Klaus Regling aus.

ESM Regling: Staaten müssen für Bankenhilfen nicht haften

14.07.2012 · Euro-Staaten müssen möglicherweise nicht mehr für direkte Bankenhilfen aus dem Rettungsschirm ESM haften. Wenn ESM-Hilfen künftig direkt an Banken gegeben würden und nicht mehr über die Regierungen des betreffenden Landes liefen, „dann ist das Land raus aus der Haftung“, sagte ESM-Chef Regling.
  
Für die geplanten direkten Bankenhilfen des Euro-Rettungschirms ESM müssen die betreffenden Länder womöglich nicht mehr haften. Davon geht der künftige ESM-Chef Klaus Regling aus. Wenn Hilfen aus dem ESM künftig wie vorgesehen direkt an Banken gegeben würden und nicht mehr über die Regierungen des betreffenden Landes liefen, „dann ist das Land raus aus der Haftung“, sagte Regling gegenüber der „Welt am Sonntag“. Dies könnte bedeuten, dass die den ESM tragenden Länder insgesamt für einen Kreditausfall haften müssten.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte hingegen kürzlich gesagt, er erwarte, dass auch weiterhin die Heimatländer der Banken hafteten. Auf dem EU-Gipfel war im Juni beschlossen worden, dass Banken in bestimmten Fällen direkte Hilfen aus dem ESM bekommen können. Bislang wurden Rettungsbeiträge nur an Regierungen ausgezahlt.
Regling sagte, wenn es eine wirkliche Bankenaufsicht durch die EZB gebe, „dann besteht die Möglichkeit, dass wir Kredite direkt an Banken geben und sie nicht wie heute über die Regierung leiten. Dann ist das Land raus aus der Haftung.“ Dieser Meinung sind grundsätzlich auch Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker und Währungskommissar Olli Rehn. Schäuble hat sich hingegen mehrfach gegenteilig geäußert.
Der Sprecher des von Regling geleiteten vorläufigen Rettungsfonds EFSF, Christof Roche, wies unterdessen die Darstellung zurück, Regling habe mit seinen Äußerungen dem Bundesfinanzminister widersprochen. Regling sei in dem Interview „nicht zu den Ansichten des Finanzministers befragt worden“, sagte Roche am Samstag. Roche wies darauf hin, dass bei der derzeit verhandelten Bankenrekapitalisierung in Spanien der spanische Staat die Haftung übernehme. Das entspreche den Leitlinien des EFSF und dem Entwurf der Leitlinien für den ESM.

„Möglichkeit“ einer direkten Kreditvergabe

Allenfalls dann, wenn in der Zukunft die Bankenaufsicht durch die Europäische Zentralbank (EZB) erfolge, bestehe die „Möglichkeit“ einer direkten Kreditvergabe an Banken. Die Fragen nach den Details der Regelung einer direkten Kreditvergabe an Banken, die dann unter einer europäischen Aufsicht stehen, inklusive der Rolle der Staaten, stellten sich aber erst, wenn diese europäische Aufsicht stehe.
Regling warb in dem Interview zudem generell für mehr Vertrauen in den Rettungsschirm. „Unsere Arbeit wirkt doch“, sagte er. Irland und Portugal seien „Erfolgsgeschichten“. Irland werde kommendes Jahr an den Markt zurückkehren können, was ohne die Rettungszahlungen kaum möglich gewesen wäre. Dies zeige, dass Liquiditätshilfen zwar Reformen unterstützen, aber nicht ersetzen können. „Hilfen können nur die Zeit überbrücken, bis die Märkte glauben, dass die Reformen wirklich greifen“, sagte Regling. „Die müssen aber auch konsequent umgesetzt werden.“

Schäuble: ESM-Risiken klar definiert

Schäuble sagte der „Mittelbayerischen Zeitung“, die deutschen ESM-Risiken seien klar definiert und auf 190 Milliarden Euro begrenzt. Das seien alle deutschen ESM-Risiken. Am Donnerstag will der Bundestag in einer Sondersitzung über die Hilfen für den spanischen Bankensektor beraten.
Unterdessen sieht der Bund der Steuerzahler wegen des ESM Steuererhöhungen auf die Deutschen zukommen. Dafür gebe es ein „hohes Risiko“, sagte Präsident Reiner Holznagel gegenüber MDR Info. Es gehe in der europäischen Rettungspolitik um Milliarden, und die deutschen Steuerzahler seien diejenigen, die am kräftigsten dazu beitragen müssten. Insofern sei „die Gefahr hoch, dass zukünftig Steuererhöhungen anstehen“. Der Bundestag hätte dem ESM eigentlich nicht zustimmen dürfen, sagte Holznagel weiter. Schon jetzt betrage die Pro-Kopf-Verschuldung 25.000 Euro. Wenn man Risiken und Haftungspotenziale dazurechne, komme man schnell auf 30.000 bis 35.000 Euro.

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