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Dienstag, 19. März 2013

Die Bankguthaben in Zypern haben sich nach Informationen der „Welt“ seit Ende Januar von 68,4 auf rund 65 Milliarden Euro verringert


ZYPERNKleinanleger werden bei Zwangsabgabe verschont

Die Eurogruppe will Guthaben unter 100.000 Euro nicht belasten. Die zyprische Regierung plant angeblich eine Staffelung der Abgabe von 20.000 Euro an. Laut Merkel greift jedoch die Garantie für Spareinlagen.
Proteste in Zyperns Hauptstadt Nikosia: Guthaben unter 100.000 Euro werden nicht angetastet. Quelle: dpa
Proteste in Zyperns Hauptstadt Nikosia: Guthaben unter 100.000 Euro werden nicht angetastet.Quelle: dpa
Brüssel/Athen/WashingtonDas krisengeschüttelte Zypern kann seine umstrittene Zwangsabgabe auf Kontenguthaben zugunsten von Kleinanlegern abändern. Kleinsparer sollten anders behandelt werden als die Inhaber großer Vermögen, teilte Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem am Montag nach einer Telefonkonferenz mit.
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Der Niederländer hielt ohne Wenn und Aber an der sogenannten Solidaritätsabgabe fest. Diese Einmalzahlung werde genutzt, um das zyprische Bankensystem zu sanieren. „Ohne diese Maßnahme wäre Zypern mit Szenarien konfrontiert gewesen, die Anleger wesentlich schlechter gestellt hätten.“
Guthaben unter 100 000 Euro seien garantiert. Den zyprischen Behörden würde mehr „Progressivität“ bei der Zwangsabgabe erlaubt - auf konkrete Grenzwerte und Prozentsätze ging der Sozialdemokrat nicht ein.
Die geplanten Zwangsabgaben auf Sparguthaben in Zypern hatten Millionen Anleger in Europa verunsichert. Mit Blick auf Sorgen deutscher Sparer ließ Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erklären, dass ihre vor knapp fünf Jahren gegebene Garantie für die Spareinlagen in Deutschland Bestand habe: „Es ist das Merkmal einer Garantie, dass sie gilt“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin.

Müssen sich Sparer um ihr Geld sorgen?

In der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 hatten Merkel und der damalige Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) zur Beruhigung der Bürger die deutschen Spareinlagen für sicher erklärt. Im vierten Jahr der Schuldenkrise wollen die Euro-Retter erstmals direkt Sparer in die Pflicht nehmen - betonen allerdings, dass es sich wegen der besonderen Umstände in Zypern um einen Einzelfall handele.
Dijsselbloem hielt ohne Wenn und Aber an der sogenannten Solidaritätsabgabe fest. Diese Einmalzahlung werde genutzt, um das zyprische Bankensystem zu sanieren. „Ohne diese Maßnahme wäre Zypern mit Szenarien konfrontiert gewesen, die Anleger wesentlich schlechter gestellt hätten.“ Den zyprischen Behörden würde mehr „Progressivität“ bei der Zwangsabgabe erlaubt - auf konkrete Grenzwerte und Prozentsätze ging der Sozialdemokrat nicht ein.
Nach dpa-Informationen jedoch will die Regierung in Nikosia nur Kleinsparer mit Guthaben bis zu 20 000 Euro von der Abgabe verschonen. Bei Guthaben darüber bis zu 100 000 Euro sollen wie gehabt 6,75 Prozent abgezogen werden. Für Beiträge über 100 000 Euro sollen 9,9 Prozent an den Staat gehen. Eine offizielle Bestätigung gibt es allerdings noch nicht. In der deutschen Politik würde eine solche Änderung auf Sympathie stoßen, wie Sprecher von Koalitions- und Oppositionsparteien sagten.
Die Eurogruppe rief die zyprischen Behörden und das Parlament auf, die vereinbarten Maßnahmen nun rasch zu verankern. „Die Mitgliedstaaten der Eurozone sind bereit, Zypern auf der Basis des vereinbarten Anpassungsprogramms bei seinen Reformanstrengungen zu helfen“, hieß es in der Erklärung.
Über eine Empfehlung der Finanzminister zur Schonung von Kleinanlegern hatte zuvor auch ein Mitarbeiter des griechischen Finanzministeriums der Nachrichtenagentur Reuters berichtet. Die Minister seien sich darin einig gewesen, dass Sparer mit weniger als 100.000 Euro auf dem Konto verschont werden sollten. Dennoch müsse Zypern noch immer wie geplant mit der Sondersteuer 5,8 Milliarden Euro auftreiben. Die Parlamentsabstimmung in Zypern über das Rettungspaket werde wie geplant am Dienstag stattfinden, hieß es weiter.

GASTBEITRAGDie Lehren aus dem Zypern-Debakel

Ausgerechnet in Zypern, einem Land mit überschaubarer Wirtschaftsleistung, droht die Europäische Union den Kurs zu verlieren. Nun kann es nur noch darum gehen, die Auswirkungen des Fehlers für Europa zu begrenzen.
Gastbeitrag: Die Lehren aus dem Zypern-Debakel
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Frankreichs Staatschef François Hollande und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso äußerte sich bei einer gemeinsamen Veranstaltung am Montagabend nicht zum Thema. Dies sei am Abend „nicht unser Thema“, sagte Merkel. Ökonomen warnen vor Ansteckungseffekten und neuer Marktpanik im Euroraum durch die Zwangsabgabe. An den Märkten sorgte sie bereits am Montag für Irritationen.
Der französische Finanzminister Pierre Moscovici teilte auf dem Online-Kurznachrichtendienst Twitter mit, er sei von Anfang dafür gewesen, Kleinsparer auszunehmen, falls dies Zypern wünsche.
Unter dem Druck der Öffentlichkeit hatte das zyprische Parlament die Abstimmung über die heftig umstrittenen Zwangsabgaben abermals vertagt. Das Repräsentantenhaus wird nun erst am Dienstag (18.00 Uhr) zusammenkommen, wie Parlamentspräsident Giannakis Omirou ankündigte - einen Tag später als geplant.
Die Eurogruppe hatte in der Nacht zum Samstag ein Rettungspaket von zehn Milliarden Euro für die klamme Mittelmeerinsel geschnürt. Die Zwangsabgabe soll nach damaligen Angaben 5,8 Milliarden Euro zur Rettung des Landes einbringen. Dieser Betrag soll nach dem Willen der Eurogruppe auch nach den Änderungen erreicht werden.
Nach den Worten Dijsselbloems beruht die Einigung vom Samstag auf einem Kompromiss zwischen der Eurogruppe und Nikosia. Die Eurogruppe nahm die Entscheidung, die Banken der Insel noch bis inklusive Mittwoch geschlossen zu halten, zur Kenntnis. Damit soll verhindert werden, dass in großem Stil Geld transferiert wird.
Die Hängepartie irritierte auch Investoren an den Finanzmärkten. Der Euro geriet unter Druck und erreichte bei 1,2883 Dollar zeitweise den tiefsten Stand seit drei Monaten. Auch der deutsche Aktienmarkt reagierte zunächst mit Abschlägen, ging aber am Ende nur mit einem Minus von 0,4 Prozent aus dem Handel.
Russlands Präsident Wladimir Putin hatte die geplante Abgabe auf Sparguthaben als „ungerecht, unprofessionell und gefährlich“ gerügt. Reiche Russen und Unternehmen wären laut Medien stark von der Zwangsabgabe betroffen. Schätzungsweise ein Drittel der Einlagen bei Banken auf Zypern besitzen Ausländer, unter ihnen viele reiche Russen und Briten. Zypern steht im Ruf, ein sicherer Hafen für Schwarzgeld zu sein.

BANKEN BIS MITTWOCH GESCHLOSSENZyperns Hilfspaket wird neu gepackt

Der Tabu-Bruch der Euro-Gruppe ist gescheitert: Zyperns Hilfspaket wird neu verhandelt.
Banken  bis Mittwoch geschlossen: Zyperns Hilfspaket wird neu gepackt
Auch die USA haben sich eingeschaltet und Europa zu einer raschen Lösung im Streit um das Hilfspaket aufgerufen. Das Finanzministerium in Washington mahnte am Montag eine tragfähige Vereinbarung an, die für Ruhe an den Kapitalmärkten sorgt. „Es ist wichtig, dass Zypern und seine Euro-Zonen-Partner die Situation in einer Weise bewältigen, die verantwortungsbewusst und fair ist und die Finanzstabilität sicherstellt“, hieß es in der Erklärung.
Das US-Finanzministerium beobachte die Lage in Zypern aufmerksam. Ressortchef Jack Lew habe bereits mit seinen europäischen Kollegen gesprochen. Bundeskanzlerin Merkel betonte, Zweck der Hilfen für Zypern sei es, die Währungsgemeinschaft als ganze zu festigen. „Auch hier wollen wir sicherstellen, dass der Euro insgesamt stabil bleibt“, sagte Merkel am Montag in Berlin.
Kritik an der Sparer-Abgabe kam auch aus Portugal und Österreich. Die österreichische Finanzministerin Maria Fekter sieht ausreichend Spielraum für Änderungen. „Es gibt immer noch die Chance, etwas für die Kleinsparer zu tun“, sagte sie auf einer Veranstaltung in Wien.

Die Euro-Rettung – Was bisher geschah

Portugals Präsident Anibal Cavaco Silva bemängelte, Europa sei auf einem sehr gefährlichen Weg. „Manchmal denke ich, der gesunde Menschenverstand ist scheinbar irgendwohin ausgewandert“, sagte er. Wenn das Vertrauen ins Bankensystem schwinde, könne sich kaum ein Land dem entziehen, warnte er. Cavaco Silva äußerte sich bei einem Besuch in Rom. Seine Bemerkungen wurden im Fernsehen übertragen.
Die Bankguthaben in Zypern haben sich nach Informationen der „Welt“ seit Ende Januar von 68,4 auf rund 65 Milliarden Euro verringert. Der bereits zuvor zu beobachtende Kapitalabfluss habe im Februar und März angehalten, berichtet das Blatt in seiner Dienstagsausgabe unter Berufung auf Finanzkreise. Trotz der anhaltenden Debatten über eine Schieflage Zyperns sei die Kapitalflucht nur moderat. Der Höchststand der Einlagen sei im Mai 2012 mit 72,5 Milliarden Euro erreicht worden. Zum 31. Januar habe die zyprische Notenbank 25,6 Milliarden Euro aus dem Ausland ausgewiesen.

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