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Samstag, 2. Februar 2013

Vorsicht – Buchheit kommt! // schon mal gepostet....aber neue Aktualität // von Heike Buchter Die Zeit


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Heike Buchter

Redaktion New York DIE ZEIT
NAME:
Heike Buchter
JAHRGANG:
1968

MEIN KURZPORTRÄT

ÜBER MICH:
Sie hat an der Deutschen Schule in Barcelona Abitur gemacht und Betriebswirtschaft in Madrid und Reutlingen studiert. Bei den "Stuttgarter Nachrichten" volontierte sie. Als Redakteurin hob sie das Verbrauchermagazin "plus" mit aus der Taufe. Seit 2001 tummelt sie sich als freie Autorin an der New Yorker Wall Street, für Zeitschriften, Radio und Fernsehen stets die Börse und die US-Finanzen im kritischen Blick. Im April 2008 wurde sie Korrespondentin der ZEIT, im Juni war sie die erste, die in unserem Blatt eine Katastrophe am Finanzmarkt vorhersagte.

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EURO-KRISEVorsicht – Buchheit kommt!

Der Mann, der Griechenlands Schuldenschnitt möglich machte, hat schon wieder neue Ideen für Südeuropa.
Deutsche Steuerzahler sollten Lee Buchheit kennen. Er ist der Kopf hinter dem griechischen Schuldenschnitt im März dieses Jahres, der Athens Lasten massiv gesenkt hat und den Deutschen schätzungsweise 65 Milliarden Euro gespart haben dürfte. Buchheit könnte aber auch schon bald einen zweiten griechischen Schuldenschnitt organisieren – bei dem deutsche Steuerzahler dann kräftig draufzahlen würden. Und er überlegt, wie sich die Schuldenlast von Spanien und Italien am geschicktesten auf deren Gläubiger abwälzen lässt.
Welche bösen Überraschungen drohen Deutschland also als Nächstes? Finanzminister und Großinvestoren kennen Buchheit besser, als ihnen lieb ist. Regierungen rufen den New Yorker Anwalt, wenn ihre Kassen leer sind, Kreditgeber sie bedrängen und der Bankrott droht. Kaum einer ist so kreativ wie der 61-Jährige, wenn es darum geht, Staatspleiten abzuwenden und Inhaber von Staatsanleihen zu harten Opfern zu bringen. Sein Wirken ist umstritten: Im finanzkrisenerschütterten Island feierte ihn die Zeitung Frettabladid als »Mann des Jahres«, nachdem Buchheit Zahlungen ans Ausland auf ein erträgliches Maß reduziert hatte. Dagegen hält ein Fondsmanager, der wegen ihm herbe Verluste erlitt, Buchheit für ein »böses Genie«.
Der gnadenlose Verhandlungsführer, den selbst hartgesottene Spekulanten der Wall Street fürchten, sieht in seinem Streifenhemd mit Windsorkragen, mit goldenen Manschettenknöpfen und dunklem Blazer eher wie ein britischer Gentleman aus. Sein Büro im 38. Stock hat jenen atemberaubenden Ausblick auf Manhattans Skyline, den ein Mann bekommt, der seiner Kanzlei – Cleary Gottlieb Steen & Hamilton – über mehr als drei Jahrzehnte Millionen eingebracht hat. Allerdings ist das Büro eher eine bescheidene Klause. Handbeschriftete Ordner, Bücher und stapelweise Akten füllen so gut wie jeden Winkel. Nur ein paar Zentimeter des Tisches sind frei, an ihm empfängt der Anwalt seine Besucher. Die, die kämen – die Regierungschefs und Finanzminister –, kämen nicht gerne, räumt Buchheit ein. »Die Verantwortlichen schieben es auf, bis es nicht mehr geht – in der Hoffnung, dass sie Öl unter dem Präsidentenpalast finden oder ein Wunder geschieht.«
Bisher waren seine Dienste vor allem in Entwicklungsländern gefragt: Mexiko, Nicaragua, Kolumbien, Ecuador, Chile, Argentinien, Uruguay, Guyana, außerdem Russland, Korea, die Philippinen und der Irak nach der Niederlage Saddam Husseins. Doch Griechenland wurde zu Buchheits Meisterstück.
Um Buchheits Rolle zu verstehen, muss man die ungeheuren Schwierigkeiten einer Staatspleite kennen. Anders als bei zahlungsunfähigen Privatleuten und Unternehmen gibt es für Staaten kein Konkursrecht, keine Insolvenz. Um Zins oder Tilgung herunterzusetzen, müssen deshalb alle Inhaber von Anleihen zustimmen. Der Prozess wird oft erschwert durch Investoren wie Hedgefonds, die auf Erfüllung der Verträge klagen und die Entschuldung verzögern und teurer machen. Buchheit ist es nun zu verdanken, dass in immer mehr Staatsanleihen eine Mehrheitsklausel eingebaut wird. Eine solche Klausel macht es für die betroffenen Länder leichter, sich mit großen institutionellen Anlegern wie Pensionsfonds, Versicherungen und Banken zu einigen und einzelne hartnäckige Quertreiber zu überstimmen. Die Verbreitung dieser Klausel sei sein wahrer Erfolg, findet Buchheit.
Griechenland war für den Juristen zunächst bloß das Experimentierfeld für einen neuen Winkelzug. Die griechischen Staatsanleihen hatten keine Mehrheitsklausel, aber für sie galt griechisches Recht. Buchheits verwegene Idee: Wie wäre es, wenn das griechische Parlament per Gesetzesänderung eine solche Mehrheitsklausel rückwirkend einführte? Zusammen mit einem Finanzprofessor veröffentlichte er seinen Plan als Fallstudie. Daraufhin meldete sich der damalige griechische Finanzminister Evangelos Venizelos. Und dann baute Griechenland tatsächlich nachträglich die Klausel ein. Am Ende schrieben die Gläubiger sensationelle 75 Prozent ihrer Forderungen in den Wind, insgesamt rund 100 Milliarden Euro. Auf so viel Geld haben Gläubiger noch bei keiner Umschuldung verzichtet.
Zu den Gewinnern gehörten auch die deutschen Steuerzahler. »Wären die privaten Bondinvestoren nicht gezwungen worden, auf die Milliarden zu verzichten, hätte dafür stattdessen die öffentliche Hand aufkommen müssen«, erklärt Adam Lerrick, Finanzexperte beim konservativen Thinktank American Enterprise Institute, der einst enttäuschte Inhaber von Anleihen Argentiniens vertreten hat. Im Fall Griechenlands wäre unter »öffentliche Hand« das Gros der solventen Mitglieder der Euro-Zone zu verstehen gewesen, allen voran Deutschland. »So gesehen, hat Lee den deutschen Steuerzahlern anteilig rund 65 Milliarden gespart.«




EURO-KRISEVorsicht – Buchheit kommt!
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Für Europa hat Buchheit weitere Ideen in der Schublade

Buchheits Kniff kam jedoch nicht überall gut an. »Rückwirkend und einseitig die Bedingungen zu ändern, das stellt die Grundlagen des Vertragsrechts infrage«, empört sich einer der betroffenen Inhaber griechischer Anleihen, ein internationaler Großinvestor. Der Buchheit-Kniff habe die Krise sogar verschärft: Weil die Investoren jetzt damit rechnen müssten, dass auch andere angeschlagene Euro-Länder im Nachhinein solche Klauseln durchsetzten, würden sie einen Risikozuschlag verlangen. Ein Teil des Zinsanstiegs spanischer und italienischer Bonds sei darauf zurückzuführen, behaupten Buchheits Kritiker. Und sie warnen: »Buchheits Trickserei hat Europa womöglich die Souveränität gekostet, Staatspapiere nach eigenem Recht herauszugeben.«
Buchheit selbst räumt ein, es könne durchaus sein, dass die Marktteilnehmer künftig vorsichtiger bei europäischen Bonds seien, die nach heimischem Recht ausgegeben wurden. Der Grund für die Risikoprämien spanischer und italienischer Bonds hätte allerdings mit der Schuldenlast dort, aber rein gar nichts mit Griechenland zu tun.
Für Europa hat Buchheit weitere Ideen in der Schublade. In Spanien und Italien seien die Reserven der heimischen Banken vollgestopft mit Papieren des eigenen Staates. Ein Schuldenschnitt würde also direkt das Bankensystem treffen. »Die Regierung müsste die durch die Umschuldung gesparten Mittel gleich wieder zur Stützung des Finanzsystems einsetzen«, sagt er. Buchheit hat daher einen anderen Vorschlag, er würde die Laufzeit der Bonds um fünf oder sieben Jahre verlängern. Damit würden zumindest in den Büchern der Banken der nominale Wert und die Zinsen bestehen bleiben, erklärt er.
Auch in Griechenland gibt es vielleicht sehr bald wieder etwas für ihn zu tun. »Ein zweiter Schuldenschnitt würde mich nicht überraschen«, sagt Buchheit. Dieses Mal wäre dies aber eine schlechte Nachricht für die Deutschen: Nach dem Schuldenschnitt vom März sind so gut wie alle privaten Gläubiger aus griechischen Anleihen ausgestiegen. In der nächsten Runde mit dem Rotstift träfe es nun die öffentlichen Gläubiger – Organisationen wie den Internationalen Währungsfonds oder die Europäische Zentralbank, die aus öffentlichen Mitteln finanziert werden, und andere Mitgliedsländer.
Also könnte es sein, dass Buchheits nächster Auftrag lautet, den Deutschen möglichst hohe Zugeständnisse abzupressen.
Lee Buchheit ist ein Partner der New Yorker Anwaltskanzlei Cleary Gottlieb Steen & Hamilton. Er gilt seit Jahrzehnten als Topexperte bei der Umschuldung von Staaten

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