BerlinBundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) droht in der Zypern-Frage ein handfester Koalitionskrach. Ihre schwarz-gelbes Regierungsbündnis ist schon jetzt uneins über mögliche Rettungshilfen für das Land. Während der Obmann der Unions-Fraktion im Bundestagsfinanzausschuss, Hans Michelbach, finanzielle Hilfe bei grundlegenden Reformen und strikten Auflagen für möglich hält, ist der Finanzexperte der FDP-Bundestagsfraktion, Frank Schäffler, der Auffassung, das sich der Inselstaat selbst helfen kann. „Die Kredite für Zypern sind völlig unnötig, denn für den halben Inselstaat wäre es ein Leichtes, die künftigen Einnahmen aus dem künftigen Gasgeschäft zu Geld zu machen“, sagte Schäffler Handelsblatt Online.
Wie das geht, könnte die zypriotische Regierung sicherlich bei EZB-Präsident Mario Draghi erfahren, der bei der Investmentbank Goldman Sachs genügend Erfahrungen gesammelt hat, wie so etwas geht.“ Der Beitritt Griechenlands zur Euro-Zone mit „geschönten“ Zahlen sei ein „prägendes Beispiel und wurde in seiner Zeit von Goldman Sachs begleitet“.
Ähnlich argumentierte der der Präsident des CDU-Wirtschaftsrats, Kurt Lauk. „Alle möglichen Hilfskredite sollten durch künftige Einnahmen aus den Gasverkäufen Zyperns abgesichert werden. Immerhin wird der Marktwert der riesigen zyprischen Öl- und Erdgasvorkommen auf mehr als 600 Milliarden Euro geschätzt“, sagte Lauk.
Das Erdgasvorkommen war 2011 unter dem Meeresboden südlich von Zypern entdeckt worden. Eine Bohrinsel ist bereits installiert. Experten gehen davon aus, dass das Gas schon 2014 gewonnen werden könnte. Eine solche Rohstoff-Garantie wäre allerdings Neuland in der Eurokrise und gilt als kompliziert.
Michelbach sagte, es hänge letztlich von den politisch Verantwortlichen in Zypern ab, ob es Unterstützung bekomme. „Ohne eine energische Bekämpfung der Geldwäsche, eine deutliche Verkleinerung des Bankensektors, den Abschied von Niedrigsteuergesetzen und umfassende Privatisierungen kann und wird es keine Hilfe geben“, betonte der Vorsitzende der CSU-Mittelstands-Union im Gespräch mit Handelsblatt Online. „Das Datum der Bundestagswahl ist für die Entscheidung ohne jede Bedeutung“, fügte er mit Blick auf Äußerungen des EZB-Direktoriumsmitglieds Jörg Asmussen hinzu. Niemand, ob in Deutschland oder anderen EU-Staaten, könne die Bürger davon überzeugen, dass sie für Schwarzgeld russischer Oligarchen und eine Steueroase geradestehen sollten, so Michelbach. Zypern müsse daher einen eigenen Beitrag leisten. „Wir sind nicht erpressbar.“
Asmussen hatte mehr Tempo für die Rettung Zyperns gefordert. „Ich erwarte, dass das Hilfsprogramm für Zypern Ende März steht“, sagte er dem Handelsblatt. „Damit kein Zweifel aufkommt: Wenn Zypern keine externe Hilfe erhält, rutscht es in die Zahlungsunfähigkeit.“ Zu den Vorwürfen, Zypern gehe nicht ausreichend gegen Geldwäsche vor, schlug Asmussen vor: „Es wäre eine gute Idee, dass eine große internationale Wirtschaftsprüfungsgesellschaft das vor Ort untersucht.“
Die Grünen pflichteten Asmussen in Bezug auf die Eilbedürftigkeit möglicher Finanzhilfen bei. „Die Zypern-Frage darf keinesfalls bis nach der Bundestagswahl verschleppt werden“, sagte der finanzpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Gerhard Schick, Handelsblatt Online. „Genau das aber würde die Bundesregierung gerne versuchen, um eine kritische Abstimmung im Parlament zu umgehen.“ Doch das sei keine Lösung, weil über das Zentralbanksystem die Risiken auf die Euro-Zone insgesamt übergingen und immer weiter Anleihen bedient würden
- Seite 1: Koalition streitet über Zypern-Rettung
- Seite 2: Grüne warnen Euro-Retter: Zypern-Lage nicht "schönrechnen"
- Seite 3: FDP-Experte fürchtet "Euro-Superstaat durch die Hintertür"
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen