die Realität ist manchmal spannender als jede Verschwörungstheorie. Das gilt zum Beispiel, wenn man
sich die persönlichen Verstrickungen von Spitzenpolitikern, Notenbankern und den Großbanken vor
Augen führt. EZB-Präsident Mario Draghi ist so ein Fall. Draghi war vor seinen Tätigkeiten bei der EZB
und der italienischen Notenbank der Vizepräsident von Goldman Sachs International. Noch heute gehört Draghi der „Group of Thirty“ an, einer ominösen Gruppe von 30 Chefs von Großbanken, Politikern
und Ökonomen. Die „Group of Thirty“ wurde 1978 auf Initiative der Rockefeller-Stiftung gegründet.
Neben Vertretern von Goldman Sachs und J.P. Morgan Chase sitzen auch die Notenbankchefs von Groß-
britannien, China, Japan, Israel und Kanada sowie der der Chef der einflussreichen New Yorker Filiale
der US-Notenbank Fed in dem Gremium.
Die Verstrickungen von Draghi haben auch die Europäische Union (EU) auf den Plan gerufen, genauer
gesagt den Europäischer Bürgerbeauftragten Nikiforos Diamandouros. In einer mehrmonatigen Untersuchung ging Diamandouros der Frage nach, ob Draghi wegen seiner Mitgliedschaft in der „Group
of Thirty“ die Unabhängigkeit, das Ansehen und die Integrität der EZB gefährde. Dies sei nicht der Fall,
stellte Diamandouros nun fest. Die Beschwerde einer Nichtregierungsorganisation wurde zu Beginn
der Woche von Diamandouros abgewiesen. Das ist keine Überraschung für alle, die mit der Funktionsweise der EU-Bürokratie vertraut sind. Ebensowenig ist überraschend, dass über die Ermittlungen des
Bürgerbeauftragten kaum etwas in den Medien berichtet wurde.
Interessanter als die Mitgliedschaft in der Group of Thirty
sind aber ohnehin die Verbindungen von Draghi und anderen politischen und wirtschaftlichen Eliten zu Goldman
Sachs. Nicht nur Mario Draghi arbeitete für die Amerikaner.
Auch der italienische Ministerpräsident Mario Monti war
als Berater für Goldman Sachs tätig, ebenso wie der ehemalige griechische Ministerpräsident Lucas Papademos.
In der zweiten und dritten Reihe dürften ehemalige „Goldmänner“ in so gut wie allen Regierungen und Notenbanken in den USA, Europa und darüber hinaus vertreten sein.
Goldman Sachs ist übrigens dafür bekannt, dass von den
Mitarbeitern strengste Loyalität verlangt wird, auch über
das formelle Ende des Arbeitsvertrages hinaus.
Beste Kontakte werden Goldman Sachs auch zur Bundesregierung nachgesagt. Goldman-Sachs-Deutschlandchef
Alexander Dibelius soll schon Kontakt zu Angela Merkel
aufgenommen haben, bevor diese überhaupt als Kanzlerkandidatin nominiert wurde. Im Krisenjahr 2008 ernannte Merkel außerdem den Goldman-Berater Otmar
Issing zum Vorsitzenden einer Expertengruppe zur Bankenregulierung. Insofern ist es bemerkenswert, dass die
Regierung Merkel jetzt Schritte in Richtung eines Trennbankensystems geht.
Als „Kandidat der Banken“ muss bei der in diesem Jahr anstehenden Bundestagswahl aber ohnehin SPD-Kandidat
Peer Steinbrück gelten, trotz der politischen Parolen, die
das Gegenteil suggerieren sollen. Als Finanzminister von
2005 bis 2009 war Steinbrück mitverantwortlich für die
Bankenrettung während der Finanzkrise. Hohe Milliardenbeträge wurden unter der Ägide Steinbrücks in den
Bankensektor gepumpt. Seit seinem Ausscheiden aus der
Bundesregierung lebte Steinbrück vor allem von Vortragshonoraren, die er von der Finanzindustrie erhielt. Steinbrück hielt Reden bei der Citigroup, der Deutschen Bank,
bei einer J.P. Morgan-Tochter und unzähligen weiteren
Geldhäusern. Steinbrück kassierte rund 15.000 Euro pro
Vortrag und insgesamt 1,25 Millionen Euro. Aber Steinbrück hat nicht nur finanzielle, sondern auch familiäre
Verbindungen zu den Großbanken. Steinbrücks Ururgroß-
onkel Adelbert Delbrück war einer der Gründer der Deutschen Bank. Dass Steinbrück nun ausgerechnet die Bankenregulierung zum Wahlkampfthema macht, ist deshalb
mehr als unglaubwürdig.
Viel Spaß beim Lesen des neuen Forex Reports!
Ihr Oliver Baron
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