26.08.2012 · Nachdem CSU-Generalsekretär Dobrindt erklärte, für ihn führe an einem Austritt Griechenlands kein Weg vorbei und Westerwelle daraufhin von „Griechenland-Mobbing“ spricht, greift nun Kanzlerin Merkel ein: „Jeder sollte die Worte sehr wägen“.
Von Johannes Leithäuser
In der Berliner Koalition spitzt sich der Streit darüber zu, ob Griechenland die Eurozone verlassen müsse. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt sagte, nach seiner Überzeugung führe „an einem Austritt Griechenlands aus der Eurozone kein Weg vorbei“ und er „sehe Griechenland 2013 außerhalb der Eurozone“. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) warf daraufhin der CSU „Griechenland-Mobbing“ vor. Das müsse aufhören, weil es dem Ansehen Deutschlands schade, sagte Westerwelle. Er unterstellte der CSU „parteipolitisches Kalkül“.
Der griechische Ministerpräsident Antonis Samaras, der am Freitag in Berlin mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach, hatte beklagt, sein Land könne kaum Investoren gewinnen, wenn in der Eurozone ständig am Verbleib Griechenlands in der Währungsunion gezweifelt werde. Frau Merkel hatte beteuert, sie wolle, dass Griechenland im Euroraum bleibe; sie kenne auch „niemanden in den Regierungsfraktionen, der das nicht will“. Am Sonntag verlangte sie in der ARD: „Jeder sollte die Worte sehr wägen.“ Die EU-Staaten „haben füreinander in Europa Verantwortung“; deshalb müsse man „sehr achtsam umgehen, wenn man weiß, was im Augenblick in Griechenland an Veränderungen notwendig ist“.Der FDP-Vorsitzende Philipp Rösler, der sich vor einigen Wochen eher skeptisch über den Verbleib Griechenlands geäußert hatte, wollte am Sonntag seine Äußerung nicht wiederholen, ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone habe seinen Schrecken verloren. Stattdessen sagte der Wirtschaftsminister, die Eurozone stehe jetzt schon „viel stabiler da“ als noch vor zwei Jahren. Rösler lehnte auch - anders als der nordrhein-westfälische FDP-Landesvorsitzende Lindner - jedes Entgegenkommen an Athen bei den Einsparungsfristen ab. Die Forderung der Griechen, die zugesagten Reformen und Einsparungen um ein halbes Jahr oder gar zwei Jahre zu strecken, könne schon deswegen nicht erfüllt werden, weil dadurch den Geberländern zusätzliche Kosten entstünden. Rösler sagte ferner im Interview mit dem ZDF, wenn Griechenland die Reformen nicht verwirkliche, „kann es eben keine weiteren Hilfen mehr geben“.
Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wandte sich am Wochenende gegen eine zeitliche Streckung des Hilfsprogramms. Samaras hatte in Berlin um mehr Zeit gebeten, um die Sparbeschlüsse zu verwirklichen. Auch der französische Staatspräsident François Hollande, den Samaras am Samstag besuchte, sagte, Griechenland müsse jetzt seine Glaubwürdigkeit bei der Verwirklichung der Reformen unter Beweis stellen und „den ganzen Weg gehen“. Im übrigen solle es in der Eurozone bleiben. Nur der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) befürwortete am Wochenende Samaras’ Ansinnen, einen Aufschub zu erwirken. Das könnten zwei oder drei Jahre sein; entscheiden sollten das die Experten, sagte Faymann.
Dobrindt erntete mit seiner Feststellung, Griechenland müsse den Euro verlassen, auch Widerspruch in der eigenen Partei. Die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, sagte, ob Griechenland den Euro aufgeben müsse, sei „keine Frage, die zum jetzigen Zeitpunkt oder aus einem Bauchgefühl heraus entschieden werden kann“. Alle Beteiligten sollten den nächsten Fortschrittsbericht der „Troika“ abwarten, den Vertreter des Internationalen Währungsfonds, der EU und der Europäischen Zentralbank in den nächsten Wochen verfassen wollen, und dann zu urteilen. Der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) sagte, niemand könne mit Gewissheit sagen, was bei einem Ausscheiden Griechenlands passiere. Er rief dazu auf, europafeindliche Töne aus Wahlkämpfen herauszuhalten.
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