ESM verfügt de facto über Banklizenz„Bundestag gab Euro-Rettern Blankoscheck“
29.08.2012, 11:36 Uhr, aktualisiert heute, 12:01 Uhr
Vollmundig
wendet sich Berlin gegen eine Banklizenz für den Euro-Rettungsschirm.
Dabei hat das Parlament längst einen Freibrief zum Gelddrucken
ausgestellt, belegt ein Gutachten. Nun sind die Verfassungsrichter
gefragt.
BerlinDie
Bazooka zur Lösung der europäischen Schuldenkrise ist keine Schimäre,
sie ist längst Realität – und zwar in der Gestalt des permanenten
Euro-Rettungsschirms ESM. Konkret geht es um die Frage, ob der der
ESM-Vertrag eine Refinanzierung des ESM über die Europäische Zentralbank
(EZB) wie bei einer Bank erlaubt? Und wenn ja, ob die EZB dies auch
dürfte?
Die Frage ist heikel, denn von einem ESM mit einer quasi Bank-Lizenz war
im Zuge des Ratifizierungsverfahrens nie die Rede gewesen. Die Antwort
ist auch pikant. Sie lautet: Ja. Zu diesem ersten Ergebnis kommt der
Staats-, Europa- und Finanzrechtler Hanno Kube von der Universität Mainz
in einem vom Familienunternehmer-Verband in Auftrag gegebenen
Rechtsgutachten.
Der ESM kann sich demnach bei der EZB
unbegrenzt Geld besorgen, weil die rechtlichen Grundlagen für den neuen
Schirm schwammig formuliert sind. Eine Banklizenz für den ESM ist damit
faktisch gegeben. Das deutsche Parlament habe, als es dem ESM-Vertrag
vor wenigen Wochen seinen Segen gab, einen „Blanko-Scheck“ ausgestellt,
fasst der Hauptgeschäftsführer des Familienunternehmerverbandes,
Albrecht von der Hagen, den Vorgang zusammen. Wenn der ESM
Staatsanleihen der Krisenländer als Sicherheit hinterlege, könne die EZB
„unbegrenzt“ Geld für die maroden Staatshaushalte drucken. „So wird aus
dem Euro-Rettungsschirm der Totengräber der Geldwertstabilität“, sagte
von der Hagen weiter.
Kein
deutsches Parlament werde auf diesen „Gelddruckmechanismus“ mehr
Einfluss haben. Dabei hafteten die deutschen Steuerzahler für den
Löwenanteil der so entstehenden Schulden, und die Rentner und Besitzer
von Lebensversicherungen würden durch die Geldentwertung regelrecht
enteignet.
Von der Hagen hofft daher auf eine
Unterbrechung des Ratifizierungsprozesses durch das
Bundesverfassungsgericht. Die Karlsruher Richter, die am 12. September
ihr Urteil über den ESM sprechen werden, befänden sich in einer
„historisch neuartigen Ausnahmesituation“, weil zwei Verfassungsorgane –
Bundestag und Bundesrat - mit verfassungsändernder Mehrheit etwas
beschlossen hätten, den ESM-Vertrag, bei dem ihnen nicht bewusst gewesen
sei, dass bereits eine Refinanzierbarkeit des ESM über die EZB möglich
wäre.
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