KorruptionsvorwürfeAthens Politiker unter Generalverdacht
25.09.2012, 06:47 Uhr
Die
Staatsanwaltschaft in Athen prüft Korruptionsvorwürfe gegen 32
Politiker. Der zweite Mann im Staate, Parlamentspräsident Meimarakis,
lässt deshalb vorläufig sein Amt ruhen. Die Steuerfahndung hat die
Affäre ausgelöst
AthenMehr
als zwei Jahrzehnte lang war er einer der mächtigsten Männer
Griechenlands: Apostolos-Athanassios („Akis“) Tsochatzopoulos, ein enger
Vertrauter des Linkssozialisten Andreas Papandreou, bis 2004 sieben Mal
Minister und zeitweilig als Nachfolger Papandreous im Amt des Partei-
und Regierungschefs im Gespräch. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere bezog
er mit seiner jungen Frau Vicki ein klassizistisches Stadthaus in
bester Lage gegenüber der Athener Akropolis. Doch mit dem Blick auf den
Parthenon ist es vorbei: Seit sechs Monaten sitzt der 73-jährige
Tsochatzopoulos im Hochsicherheitsknast Korydallos bei Piräus.
Er soll als Verteidigungsminister Schmiergelder bei der Vergabe von Rüstungsaufträgen kassiert haben. Es geht um einen mittleren zweistelligen Euro-Millionenbetrag. Auch Gattin Vicky und mehrere mutmaßliche Komplizen, die Tsochatzopoulos bei der Geldwäsche über Briefkastenfirmen mit so klangvollen Namen wie „Bluebell“ und „Nobilis“ geholfen haben, sitzen in Untersuchungshaft.
Er soll als Verteidigungsminister Schmiergelder bei der Vergabe von Rüstungsaufträgen kassiert haben. Es geht um einen mittleren zweistelligen Euro-Millionenbetrag. Auch Gattin Vicky und mehrere mutmaßliche Komplizen, die Tsochatzopoulos bei der Geldwäsche über Briefkastenfirmen mit so klangvollen Namen wie „Bluebell“ und „Nobilis“ geholfen haben, sitzen in Untersuchungshaft.
Tsochatzopoulos könnte im Korydallos bald
prominente Gesellschaft bekommen. Die Staatsanwaltschaft beim Areopag,
Griechenlands oberstem Gerichtshof, prüft seit dem Wochenende
Korruptionsvorwürfe gegen 32 Politiker. Die Affäre scheint bis in die
höchste Staatsspitze hinein zu reichen. Am Montag kündigte
Parlamentspräsident Meimarakis an, dass er wegen Korruptionsvorwürfen
sein Amt vorläufig ruhen lassen wolle.
Ins
Rollen kam die Affäre durch Recherchen der Behörde für die Verfolgung
von Finanzverbrechen (SDOE), der griechischen Steuerfahndung. Sie
durchleuchtet seit Anfang des Jahres den Lebensstil und die
Vermögensverhältnisse von rund 500 Politikern.
Die
Korruption gilt als eine der Wurzeln der griechischen Schuldenkrise. Im
Laufe der Jahrzehnte haben die beiden großen Parteien, die sich an der
Macht abwechselten, das Land mit einem dichten Netzwerk von
Klientelbeziehungen überzogen. Es reicht von „Rousfettia“, kleinen und
großen Gefälligkeiten für treue Parteigänger, bis zu millionenschweren
Schmiergeldern.
Der
Kampf gegen die Bestechung ist eine der Aufgaben von Leandros
Rakintzis, des Generalinspekteurs der öffentlichen Verwaltung. Er hat im
vergangenen Jahr 1.361 Fälle untersucht – vermutlich nur die Spitze des
Eisbergs. Immerhin: Die Summe der in Griechenland gezahlten
Schmiergelder ging 2011 laut Transparency International gegenüber dem
Vorjahr von 632 auf 554 Millionen Euro zurück – eine Folge der
Rezession, wie Korruptionsbekämpfer Rakintzis meint.
In
bisher 32 Fällen gibt es offenbar greifbare Hinweise auf Korruption und
Geldwäsche. Nachdem sich die Verdachtsmomente verdichteten und an die
Öffentlichkeit durchsickerten, gab Ministerpräsident Antonis Samaras der
Steuerfahndung Weisung, die Ermittlungsakten den Anklägern beim
obersten Gerichtshof zu übergeben und sie bei den weiteren
Nachforschungen zu unterstützen.
Samaras
hatte bei seinem Amtsantritt im Juni der illegalen Bereicherung den
Kampf angesagt. Die jetzt eingeleiteten Ermittlungen könnten allerdings
auch seine konservative Nea Dimokratia in Verlegenheit bringen. Nach
Informationen aus unterrichteten Kreisen konzentrieren sich die
Ermittlungen auf sieben frühere und aktive Politiker, darunter ehemalige
Minister. Drei der Verdächtigten sollen der ND angehören, vier der
sozialistischen Pasok, die Samaras‘ Regierung mitträgt.
- Seite 1: Athens Politiker unter Generalverdacht
- Seite 2: Bankkonten und Schließfächer unter der Lupe
- http://www.handelsblatt.com/politik/international/korruptionsvorwuerfe-athens-politiker-unter-generalverdacht/7174564.html
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen