Gesamtzahl der Seitenaufrufe

Montag, 21. September 2015

Das geschieht dadurch, dass ein Software „unnatürliches Fahrverhalten“ erkennt - beispielsweise wenn ein Fahrzeug mit 90 Stundenkilometern gefahren wird, sich aber keinen Millimeter von der Stelle bewegt. Die Software sorgt anschließend dafür, dass die Abgasemissionen für die Zeit des Tests durch eine Einschränkung der Leistung herunter reguliert werden.

ManipulationsskandalWas Volkswagen in Amerika vorgeworfen wird

Das Wolfsburger Unternehmen soll bei Emissionskontrollen gezielt betrogen haben. Die Vorwürfe sind gravierend - und für den Konzern wohl überhaupt nicht neu.

© DPADie Markteinführung des VW Jetta 2010 in Amerika - auch dieses Modell ist von den Vorwürfen betroffen.
Am Wochenende wurden Vorwürfe öffentlich, die Volkswagen beschuldigen, bei den Abgas-Emissionen mehrerer Modelle die Kontrolluntersuchungen manipuliert und damit die in Amerika geltenden Abgas-Regulierungen umgangen zu haben. So haben die sogenannten „Clean-Diesel“-Modelle einen höheren Ausstoß an Stickoxiden als die Tests bislang suggerierten. Die Grenzwerte für Stickoxide liegen in den Vereinigten Staaten viel niedriger als in Europa. Während hierzulande maximal 80 Milligramm pro Kilometer erlaubt sind, sieht die amerikanische Umweltbehörde ein Limit von 70 Milligramm pro Meile (etwa 1,6 Kilometer) vor.
Die amerikanische Umweltbehörde (EPA) hatte in Untersuchungen bei Volkswagen und der Konzerntochtergesellschaft Audi unterschiedliche Abgas-Werte auf der Straße und im Test festgestellt. In einem offiziellen Brief der Umweltbehörde steht zudem, dass die verwendeten Materialien nicht in allen Belangen mit den Angaben konform gehen, die der Konzern während der Marktzulassung für die jeweiligen Modelle angegeben hatte.
Die Gesetzgebung in Amerika unterscheidet sich von der in Europa: Während Hersteller die Einhaltung der Grenzwerte in Europa vorab bei einer Typ-Prüfbehörde nachweisen müssen, die auf unabhängige technische Dienste zurückgreifen, gilt in Amerika das Prinzip der Selbstzertifizierung.

Software erkennt Prüfungssituationen

Aus einem Schreiben der amerikanischen Umweltbehörde an Volkswagen geht hervor, dass die Software darauf ausgelegt war, Teile der Abgaskontrollanlage, die in den Fahrzeugen eingebaut ist, außer Betrieb zu setzen. Die Fahrprofile in Testsituationen sind derartig standardisiert, dass es der Software gelingt, herauszufinden, wann eine Prüfsituation vorliegt. Das geschieht dadurch, dass ein Software „unnatürliches Fahrverhalten“ erkennt - beispielsweise wenn ein Fahrzeug mit 90 Stundenkilometern gefahren wird, sich aber keinen Millimeter von der Stelle bewegt. Die Software sorgt anschließend dafür, dass die Abgasemissionen für die Zeit des Tests durch eine Einschränkung der Leistung herunter reguliert werden.
Laut einer Vorschrift der Umweltbehörde können Fahrzeuge, die mit einem solchen Hilfsmittel zur Emissionsminderung ausgestattet sind - sei es Computertechnologie in Form von Software oder eine eigene Hardware -, gar nicht erst zugelassen werden. Gegen diese Vorschrift hat Volkswagen bei seinen „Clean-Diesel“-Modellen verstoßen.
Zudem benötigen Fahrzeuge, um in Amerika zugelassen zu werden, ein bestimmtes Konformitätszertifikat von der Umweltbehörde, das bestätigt, dass alle verwendeten Materialien mit der Bewerbung des Herstellers für die Zulassung übereinstimmen. Auch gegen diese Vorschrift verstieß Volkswagen, indem nicht alle Materialien in den Zulassungspapieren entsprechend deklariert worden waren. Die Behörde veröffentlichte eine Tabelle mit Modellen, auf die die Verstöße zutreffen. Betroffen ist sind vor allem der VW Jetta, der VW Beetle und der Audi A3.

VW wusste seit 2014 über die Vorwürfe Bescheid

Aus einem Schreiben der kalifornischen Umweltbehörde geht zudem hervor, dass der deutsche Autohersteller bereits seit vergangenem Jahr über die Untersuchungen der Umweltbehörde im Bilde war. So hatte das California Air Resources Board (CARB) im Rahmen von regelmäßigen Standardtests unter anderem auch Modelle von Volkswagen auf deren Abgasemissionen untersucht. In Zusammenarbeit mit der West Virginia University kam auf diesem Weg heraus, dass mehr Stickoxide durch die 2.0-Liter-Diesel-Fahrzeuge ausgestoßen wurden als zugelassen.
Sowohl Volkswagen als auch die amerikanische Umweltbehörde wurden über die Testergebnisse informiert. Die Gespräche endeten damit, dass Volkswagen gegenüber der amerikanischen Umweltbehörde bereits Anfang September 2015 zugab, in seiner „Clean-Diesel“-Reihe ein Hilfsmittel eingebaut zu haben, das die Prüfvorgänge verfälscht.
Mehr zum Thema
Volkswagen startete im Jahr 2014 daraufhin eigene Untersuchungen um das Ergebnis der Universität zu überprüfen und technische Gründe für die erhöhten Abgasemissionen auf der Straße zu identifizieren. Volkswagen teilte daraufhin die Ergebnisse mit CARB und EPA und kündigte an, die Technologien der „Clean-Diesel“-Reihe nachzujustieren.
CARB warnte das Unternehmen, wenn abermals Tests zu dem Ergebnis führen sollten, dass sich an den Abgasemissionen auf der Straße nichts verändert hätte, müsste Volkswagen eine größere Rückruf-Aktion durchführen.

Volkswagen sagte Überarbeitungen zu - und änderte nichts

Nach diesem Treffen begann Volkswagen im Dezember 2014 einen Rückruf von 500.000 Fahrzeugen auf freiwilliger Basis. Der Rückruf betraf alle Diesel-Fahrzeuge der Baujahre 2009 bis 2014, die mit den entsprechenden Dieselmotoren ausgestattet waren. Volkswagen verkündete daraufhin, dass das Problem der erhöhten Stickoxid-Emissionen nun gelöst sei.
Im Mai 2015 startete CARB neue Überprüfungen, die die Aussagen von Volkswagen bestätigen sollten und stellte bei Tests auf der Strecke und innerhalb eines eigens dafür entwickelten Verfahrens fest, dass das getestete VW-Modell abermals nicht den Stickoxid-Standards entsprach. Nach mehreren Gesprächen mit CARB, der Umweltbehörde und Volkswagen gab das Unternehmen schließlich vor gut zwei Wochen gegenüber der Umweltbehörde zu, dass die Fahrzeuge mit der Gen1- und der Gen2-Technologie, sowie die neue Technologie namens Gen3 alle mit einem Hilfsmittel ausgestattet waren, um die Abgasemissionen in entsprechenden Prüfungen zu deckeln.
  Volkswagen21.09.2015 15:10 Uhr
Weiter zur Wertpapierdetailseite
Aktueller Kurs130,00 €
Veränderung
zum Vortag
-32,40 € (-19,95 %)
Volumen heute10,6 Mio. Stück
52 Wochen Hoch255,20 €
52 Wochen Tief150,25 €
Die Umweltbehörde berief sich in dem Brief an Volkswagen auf ihr Recht, ihre Untersuchungsergebnisse auch dem amerikanischen Justizministerium zugänglich zu machen und ein Zivilstrafverfahren einzuleiten. Dem Wolfsburger Konzern droht wohl eine Strafe von bis zu 18 Milliarden Dollar. Konzernchef Martin Winterkorn hat sich für den Verstoß entschuldigt und eine externe Untersuchung angekündigt. Der Aktienkurs der Volkswagen AG gab an der Frankfurter Börse am Montag zeitweise um mehr als 23 Prozent nach. Angeblich spricht nun auch Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) mit Winterkorn über den Skandal. Daran solle auch der Präsident des Kraftfahrtbundesamtes (KBA), Ekhard Zinke, teilnehmen
Video abspielen
© DPA, REUTERSKurssturz bei Volkswagen drückt Dax ins Minus

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen