Hallo Rolf,
im Anhang ein Brief von MdB Steffen Kampeter, als Antwort auf mein Schreiben bzgl. seines Artikels in der FAZ vom 03.08.2012 zum Thema "Deutsche Haftung für ESM".
Dieser Artikel des Herrn Kampeter war eine Replik auf den Gastbeitrag von Prof. Dr. Stefan Homburg in der FAZ vom 28.07.2012 mit dem Thema "Schuldenkrise - Retten ohne Ende".
Eigentlich war die Replik auf den Homburg-Artikel eher ein Rohrkrepierer, da auf die guten Sachargumente überhaupt nicht eingegangen wurde. Außer Politikersprech ist da nicht viel, der Brief ist die reinste Nebelkerze.
Das war auch der Grund meines Schreibens an Herrn Kampeter. Und offensichtlich war ich wohl nicht der Einzigste, so daß man sich genötigt sah, per ESM-Brief und FAQ-ESM für Schadensbegrenzung zu sorgen.
Wir sind alle zu blöd den ESM-Vertrag zu verstehen - einzig die Bundesregierung versteht ihn richtig. Und alles wird gut, versprochen.
Dieser Satz ist so köstlich, daß ich ihn zitieren muß:
"Diese Immunität steht im Einklang mit anderen internationalen Finanzinstitutionen wie dem IWF und dient dem Schutz des ESM und seiner Anteilseigner. Die Tätigkeit des ESM beinhaltet äußerst komplexe rechtliche Vorgänge, welche regelmäßig mit erheblichen Risiken behaftet sind."
Ich finde, der Brief ist es wert, im Griechenland-Blog veröffentlicht zu werden, damit sich alle ein Bild machen können.
Gruß
im Anhang ein Brief von MdB Steffen Kampeter, als Antwort auf mein Schreiben bzgl. seines Artikels in der FAZ vom 03.08.2012 zum Thema "Deutsche Haftung für ESM".
Dieser Artikel des Herrn Kampeter war eine Replik auf den Gastbeitrag von Prof. Dr. Stefan Homburg in der FAZ vom 28.07.2012 mit dem Thema "Schuldenkrise - Retten ohne Ende".
Eigentlich war die Replik auf den Homburg-Artikel eher ein Rohrkrepierer, da auf die guten Sachargumente überhaupt nicht eingegangen wurde. Außer Politikersprech ist da nicht viel, der Brief ist die reinste Nebelkerze.
Das war auch der Grund meines Schreibens an Herrn Kampeter. Und offensichtlich war ich wohl nicht der Einzigste, so daß man sich genötigt sah, per ESM-Brief und FAQ-ESM für Schadensbegrenzung zu sorgen.
Wir sind alle zu blöd den ESM-Vertrag zu verstehen - einzig die Bundesregierung versteht ihn richtig. Und alles wird gut, versprochen.
Dieser Satz ist so köstlich, daß ich ihn zitieren muß:
"Diese Immunität steht im Einklang mit anderen internationalen Finanzinstitutionen wie dem IWF und dient dem Schutz des ESM und seiner Anteilseigner. Die Tätigkeit des ESM beinhaltet äußerst komplexe rechtliche Vorgänge, welche regelmäßig mit erheblichen Risiken behaftet sind."
Ich finde, der Brief ist es wert, im Griechenland-Blog veröffentlicht zu werden, damit sich alle ein Bild machen können.
Gruß
Steffen Kampeter MdB
Abgeordneter des Mühlenkreises Minden-Lübbecke
Parlamentarischer Staatssekretär beim
Bundesminister der Finanzen
D-11011 Berlin
Platz der Republik 1
Telefon: 030 - 227-79 495
Telefax: 030 - 227-76 799
e-Mail: steffen.kampeter@bundestag.de
Homepage: www.kampeter.de
D-32427 Minden
Marienglacis 35
Telefon: 0571 - 508 322
Telefax: 0571 - 508 230
6. September 2012 / tm
Betreff: Ihre Eingabe zum Namensbeitrag „Deutsche Haftung für ESM bleibt begrenzt“ in
der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
Sehr geehrte Damen und Herren,
vielen Dank für Ihr Schreiben zu meinem am 3. August 2012 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
erschienen Beitrag zum Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) sowie Ihr Interesse an der
Stabilisierung des Euro. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, einige Aspekte zum ESM richtig zu
stellen, die in der öffentlichen Diskussion manchmal missverständlich, manchmal aber auch bewusst
falsch dargestellt werden.
Ich versichere Ihnen, dass ich großes Verständnis für Ihre Sorgen über die Gefahren und Risiken
der Eurorettungsmaßnahmen habe. Die Währungsunion befindet sich angesichts der
Staatsschuldenkrise in einigen Ländern und der wirtschaftlichen Ungleichgewichte zwischen den
Ländern der Eurozone in einer überaus schwierigen Situation, die nicht nur diese Länder
beeinträchtigt, sondern gleichermaßen die Eurozone und Europa als Ganzes gefährdet.
Rückkehr zur D-Mark ist keine Lösung
Keine Lösung ist dabei aber die von manchen Kommentatoren vorgeschlagene Rückkehr zur DMark.
Diese würde das Ende der Wirtschafts- und Währungsunion bedeuten. Deutschland profitiert
als Exportnation in besonderer Weise vom Europäischen Binnenmarkt und von einer einheitlichen
Währung. Oftmals wird auch unterschlagen, dass der Euro trotz aller Probleme durchaus eine
Erfolgsgeschichte ist. Der Euro ist eine stabile Währung. Die Inflationsrate liegt sogar unter der
Inflationsrate zu Zeiten der D-Mark. Das Statistische Bundesamt hat ermittelt, dass die
Preissteigerung in den 10 Jahren vor der Eurobargeldeinführung mit durchschnittlich jährlich 2,2
Prozent um 0,6 Prozentpunkte höher war als die Preissteigerung in den 10 Jahren nach der
Euroeinführung (1,6 Prozent). Auch im Außenverhältnis ist der Euro eine starke Währung. Bei
seiner Einführung mussten für einen Euro 1,18 US$ bezahlt werden. Aktuell kostet der Euro
ungefähr 1,25 US$ (Stand: 23. August 2012) und der Wert von 1,18 US$ wurde auch während
der Staatsschuldenkrise nie unterschritten. Von einem schwachen Euro kann somit nicht die
Rede sein. Im Gegenteil, das Versprechen, dass der Euro mindestens so stabil sein wird wie
die D-Mark, ist eingelöst worden und die Tradition der D-Mark als stabile Währung wurde und
wird fortgesetzt.
Eine Rückkehr zu nationalen Währungen würde neben einem erheblichen Wirtschaftseinbruch
in Deutschland auch das gesamte Projekt der europäischen Einigung in Frage stellen,
das in den vergangenen 60 Jahren Garant für Sicherheit und Wohlstand in Deutschland war.
Viele Reformen wurden auf den Weg gebracht
Unbestritten ist, dass die aktuellen Probleme einer Lösung bedürfen, um die Eurozone
dauerhaft zukunftsfähig zu machen. Vielfach wird übersehen, dass im Gefolge der Eurokrise bereits
eine Vielzahl von Reformen zur Stärkung der Stabilität der Wirtschafts- und Währungsunion
durchgeführt wurden. Sie dienen dazu, die Wahrscheinlichkeit von Staatsschuldenkrisen und
übermäßigen makroökonomischen Ungleichgewichten und damit auch die Notwendigkeit von
ESM-Nothilfen deutlich zu reduzieren.
Dazu gehören die Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts und das neu geschaffene
Verfahren zur Vermeidung und Korrektur von makroökonomischen Ungleichgewichten. Mit dem
erneuerten Stabilitäts- und Wachstumspakt können Mitgliedstaaten der Währungsunion künftig
früher und schneller mit Sanktionen belegt werden, wenn sie ihre Schuldenstände zu langsam
reduzieren und zu geringe Anstrengungen zum Ausgleich ihrer Haushalte sowie zur Vermeidung und
Rückfiihrung von übermäßigen Defiziten unternehmen. Das Verfahren zur Vermeidung und Korrektur
von makroökonomischen Ungleichgewichten ermöglicht die Sanktionierung von Euro-
Mitgliedstaaten, die nur ungenügende Reformanstrengungen zur Verbesserung ihrer schlechten
Wettbewerbsfähigkeit leisten. Dahinter steckt die Erkenntnis, dass die Eurokrise zu einem großen
Teil von Euro-Mitgliedstaaten verursacht wurden, die eine übermäßige Staatsverschuldung
aufweisen und deren Volkswirtschaften sich durch erhebliche strukturelle Mängel auszeichnen. Ich
verweise ferner auf den von der Bundesregierung durchgesetzten Fiskalpakt, der die
Teilnehmerstaaten zur Verankerung von Schuldenbremsen in ihre nationalen Rechtsordnungen
verpflichtet. Damit wird das deutsche Modell der Schuldenbremse auf den Großteil der EUMitgliedstaaten
übertragen.
ESM als zukünftiges Kriseninstrument
Jedoch haben die Erfahrungen der letzten Jahre gezeigt, dass im Notfall, zur Wahrung der
Finanzstabilität in der Eurozone insgesamt, ein stabilisierendes Kriseninstrumentarium erforderlich
ist. In einer Krisensituation reicht es nicht, ausschließlich auf Marktdisziplinierung zu
setzen, wenn die Finanzstabilität der Eurozone als Ganzes gefährdet ist. Ein solches
Kriseninstrumentarium ist der ESM, der die temporären Instrumente des Euro-Schutzschirms, den
Europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus (EFSM) und die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität
(EFSF), ablösen und durch eine effizientere Organisationsform
ersetzen soll. Die Mitgliedstaaten der Eurozone haben den Vertrag zur Errichtung des ESM
(ESMV) am 2. Februar 2012 unterzeichnet. Er tritt in Kraft, sobald die Ratifikationsurkunden von
Mitgliedstaaten hinterlegt wurden, deren Anteile am anfänglichen Stammkapital des ESM mindestens
90% betragen. Deutschland hat dabei nach Anhang I des ESMV einen Anteil von 27,1464%.
Mit dem ESM wird eine Art „Europäischer Währungsfonds" gegründet. Zweck des ESM ist es,
Finanzmittel auf den Kapitalmärkten zu mobilisieren und diese solchen Mitgliedstaaten zur
Verfügung zu stellen, die in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind. Dabei kann der ESM die
Hilfe über bestimmte Finanzhilfe-Instrumente vergeben (Darlehen, vorsorgliche Finanzhilfen in
Form von Kreditlinien, Finanzhilfen an ein ESM-Mitglied zur Rekapitalisierung von Banken,
Anleihekäufe auf dem Primärmarkt und auf dem Sekundärmarkt). Diese Finanzhilfen basieren
auf einer unabhängigen Schuldentragfähigkeitsanalyse und werden nur unter strikten
wirtschafts- und finanzpolitischen Auflagen gewährt (Prinzip der Konditionalität). Die Hilfen werden
jedoch nur dann geleistet, wenn sie unabdingbar sind, um die Stabilität des Euro-
Währungsgebiets insgesamt zu wahren (Ultima-Ratio-Prinzip).
Der ESM kann Finanzhilfen bis zu 500 Mrd. Euro vergeben. Damit sich der ESM in dieser Höhe
Geld auf den Finanzmärkten beschaffen kann, wird er über ein Stammkapital von 700 Milliarden
Euro verfügen. Dieses gezeichnete Stammkapital teilt sich auf in 80 Milliarden Euro
einzuzahlendes Kapital, das gewissermaßen als Sicherheit vorhanden sein muss, und weitere
620 Milliarden Euro abrufbares Kapital. Die Finanzierungsanteile der einzelnen Mitgliedstaaten
ergeben sich aus ihrem Anteil am Kapital der EZB, mit befristeten Übergangsvorschriften für einige
neue Mitgliedstaaten. Der deutsche Finanzierungsanteil am ESM beträgt entsprechend dem
EZB-Schlüssel 27,1416%. Dies entspricht rund 22 Mrd. Euro eingezahltem und rund 168 Mrd.
Euro abrufbarem Kapital, insgesamt also 190 Mrd. Euro.
Der ESM verfügt über einen Gouverneursrat, gebildet aus den Finanzministern des Euro-
Währungsgebiets, welche die gewählten Regierungen der Euro-Staaten repräsentieren, sowie
über ein Direktorium, in das jedes Mitgliedsland einen Experten im Bereich Wirtschaft und Finanzen
entsendet. Wesentliche Entscheidungen werden durch die Finanzminister der Euro-Staaten im
Gouverneursrat getroffen. Grundlegende Entscheidungen, etwa über die Gewährung einer
Finanzhilfe — einschließlich der damit verbundenen Auflagen, der einsetzbaren Instrumente und
der Finanzierungsbedingungen — werden vom Gouverneursrat einstimmig gefasst. Für besonders
dringliche Entscheidungen über die Gewährung von Finanzhilfen ist ein Eilabstimmungsverfahren
mit einer qualifizierten Mehrheit von 85 % der Kapitalanteile vorgesehen. Über eher
organisatorische und technische Fragen wird mit qualifizierter Mehrheit von 80% entschieden.
Das deutsche Stimmgewicht beträgt entsprechend dem Anteil Deutschlands am ESM-Kapital
27,1464 %. Das Direktorium ist für den laufenden Geschäftsbetrieb zuständig. Soweit bei
Entscheidungen des Gouverneursrates oder des Direktoriums die haushaltspolitische
Gesamtverantwortung des Deutschen Bundestages betroffen ist, darf der deutsche Vertreter in
diesen Gremien einem Beschluss nicht ohne vorherige Zustimmung des Bundestages
zustimmen. Die Einzelheiten sind im ESM-Finanzierungsgesetz geregelt.
Haftung Deutschlands ist auf 190 Mrd. Euro begrenzt
Verschiedentlich wird der Eindruck erweckt, Deutschland hafte über diese 190 Mrd. Euro hinaus
für das gesamte Stammkapital des ESM in Höhe von 700 Mrd. 'Euro. Diese Darstellung ist
falsch. Vielmehr begrenzt Artikel 8 Absatz 5 ESMV die Haftung Deutschlands „unter allen
Umständen" auf seinen Anteil am genehmigten Stammkapital zum Ausgabekurs, d. h. auf die
bereits erwähnten 190 Mrd. Euro (vgl. Artikel 8 Absatz 2 Satz 2 ESMV in Verbindung Artikel 8
Absatz 1 sowie Anhang H.
Diese Begrenzung gilt auch für alle nach dem ESM-Vertrag vorgesehenen Abrufe des abrufbaren
Kapitals. Einen Abruf des genehmigten, noch nicht eingezahlten Kapitals (= abrufbares Kapital)
können nach Artikel 9 Absatz 1 der Gouverneursrat, nach Artikel 9 Absatz 2 das Direktorium zum
Ausgleich von Verlusten oder nach Artikel 9 Absatz 3 der Geschäftsführende Direktor zur
Verhinderung eines Zahlungsausfalls des ESM vornehmen, jeweils unter festgelegten
Bedingungen. Unter allen Umständen können von Deutschland jedoch zusätzlich zu dem
eingezahlten Kapital in Höhe von 22 Mrd. Euro maximal weitere 168 Mrd. Euro abgerufen werden.
Dies gilt auch für so genannte revidierte erhöhte Kapitalabrufe nach Artikel 25 Absatz 2 ESMV.
Diese Bestimmung regelt die Folgen, wenn ein ESM-Mitgliedstaat auf einen Kapitalabruf nach
Artikel 9 Absatz 2 oder Artikel 9 Absatz 3 ESMV keine Einzahlung vornimmt. Dann muss dieser
Betrag vorübergehend von den anderen ESM-Mitgliedern vorgestreckt werden, um
sicherzustellen, dass der ESM die Kapitaleinzahlung in voller Höhe erhält. Auch in diesem Fall
können von Deutschland maximal 168 Mrd. Euro abgerufen werden. Gleichzeitig muss der
Gouverneursrat geeignete Schritte beschließen, um sicherzustellen, dass das säumige ESMMitglied
seine Kapitaleinzahlung nachholt. Er kann auch Strafzinsen auf den überfälligen Betrag
erheben. Sobald die Kapitaleinzahlung durch den säumigen Staat nachgeholt wurde, erhalten
alle anderen Mitgliedstaaten den zu viel entrichteten Betrag zurück.
Die Haftungsobergrenze für die Bundesrepublik Deutschland könnte nur durch eine Erhöhung des
Stammkapitals nach Artikel 10 Absatz 1 ESMV angehoben werden. Hierzu bedürfte es eines
einvernehmlichen Beschlusses des Gouverneursrates sowie eines nationalen
Zustimmungsverfahrens. Nach Artikel 2 Absatz 1 des ESM-Ratifizierungsgesetzes sind
hierfür eine bundesgesetzliche Ermächtigung zur Bereitstellung weiteren Kapitals und nach § 4
Absatz 1 Nr. 2 des ESM-Finanzierungsgesetzes die vorherige Zustimmung des Plenums des
Deutschen Bundestages erforderlich. Ohne eine solche Kapitalerhöhung ist und bleibt die Haftung
der Bundesrepublik Deutschland „unter allen Umständen" und deshalb in allen denkbaren
Fallgestaltungen auf 190 Mrd. Euro beschränkt.
Keine unbegrenzte Haftung aufgrund eines abweichenden Ausgabekurses
Vereinzelt wurde vorgetragen, durch einen vom Nennwert abweichenden Ausgabekurs von ESMKapitalanteilen
könnte die Haftung Deutschlands unbegrenzt erhöht werden, denn Artikel 8
Absatz 5 ESMV spreche vom Kapitalanteil „zum Ausgabekurs". Auch diese Behauptung ist
falsch. Zwar unterscheidet der ESM-Vertrag zwischen „Nennwert" und „Ausgabewert" des ESMStammkapitals.
Der Nennwert eines Kapitalanteils gibt an, in welcher Höhe ein ESM-Mitglied am
Stammkapital beteiligt ist. Der Gesamt-Nennwert aller Kapitalanteile des ESM beträgt mit seiner
Gründung 700 Mrd. Euro, dieses Stammkapital ist aufgeteilt in 80 Mrd. Euro eingezahltes Kapital
und 620 Mrd. Euro abrufbares Kapital.
Artikel 8 Absatz 2 des ESMV sieht im Fall der Ausgabe von sogenannten „anderen Anteilen" (also
über die 700 Mrd. Euro hinaus) vor, dass diese grundsätzlich zum Nennwert ausgegeben werden,
sofern der Gouverneursrat nicht unter besonderen Umständen einvernehmlich eine Ausgabe zu
einem abweichenden Ausgabekurs beschließt. Die Vorschrift betrifft ausschließlich neue Anteile
(vgl. Artikel 5 Absatz 6 Buchst. b ESMV), d. h. über das anfänglich genehmigte Stammkapital
hinausgehende Anteile.
Es handelt sich dabei um eine Standardvorschrift für den Fall von Kapitalerhöhungen, die auch
in den Statut en anderer Internationaler Finanzinstitutionen wie beispielsweise der Europäischen
Bank für Wiederaufbau und Entwicklung enthalten ist. Eine Ausgabe abweichend vom Nennwert
wäre etwa bei einem Beitritt weiterer Staaten zum ESM denkbar. In diesem Fall könnte der
Gouverneursrat beschließen, die von einem beitretenden Staat zu zeichnenden Anteile zu einem
vom Nennwert abweichenden Kurs auszugeben. Dies könnte dann gerechtfertigt sein, wenn der
ESM aufgrund seiner Geschäftstätigkeit Gewinne erzielt hat (z. 13. aufgrund von Zinseinnahmen)
und der wirtschaftliche Wert des ESM und seiner Kapitalanteile damit über dem Nennwert liegt. Da
auch neu beitretende Staaten von dieser Wertsteigerung profitieren würden, sollten sie also für die
einzelnen Anteile mehr als den Nennwert bezahlen. Auch dann würde die Haftung Deutschlands
nicht über 190 Mrd. Euro steigen, da der abweichende Ausgabekurs nur für die Anteile gelten würde,
die von dem neu beitretenden Staat gezeichnet werden.
Der ESM kann sich nicht bei der EZB refinanzieren
Nach Artikel 21 ESMV nimmt der ESM zur Erfüllung seiner Aufgaben, d. h. zur Refinanzierung
von Finanzhilfen an ESM-Mitglieder, Kapital an den Kapitalmärkten auf. Dies erfolgt
grundsätzlich über Anleihen, aber auch über andere Kapitalmarktinstrumente wie z. B.
Kreditlinien bei Geschäftsbanken. Nicht umfasst davon ist die Refinanzierung des ESM bei der
EZB. Dies ergibt sich aus der Leitlinie für Anleiheoperationen, die die Vorschrift des Artikel 21
ESMV konkretisiert und die diese Art von Refinanzierung nicht vorsieht. Auch die EZB selber hält
eine Refinanzierung des ESM bei der EZB nicht für zulässig.
Etwas anderes folgt auch nicht aus Artikel 32 Absatz 9 ESMV, der besagt, dass der ESM von
jeglicher Zulassungs- oder Lizenzierungspflicht befreit ist, die nach nationalem Recht u.a. für
Banken gilt. Diese Norm bestimmt lediglich, dass der ESM nach nationalem Recht keiner
Zulassung als Bank bedarf, um die nach dem ESM-Vertrag vorgesehenen Tätigkeiten (u. a.
Kredite an ESM-Mitglieder zu vergeben) vornehmen zu dürfen. Dabei handelt es sich um eine
Standardvorschrift, die dem Umstand Rechnung trägt, dass der ESM eine durch völkerrechtlichen
Vertrag gegründete internationale Finanzinstitution ist, die typischerweise nicht der
nationalen Bankenaufsicht unterliegen soll. Die Vorschrift bedeutet jedoch nicht, dass der ESM
eine Banklizenz bereits hat und damit Zugang zur EZB-Refinanzierung hätte.
Über den ESM sind keine „Eurobonds" eingeführt worden
Über den ESM sind auch keine Eurobonds eingeführt worden. Unter Eurobonds wird eine
gemeinsame Kapitalaufnahme der Euroländer zu einem einheitlichen Zinssatz verstanden,
wobei alle Euroländer dann gesamtschuldnerisch dafür haften, dass die Staatsanleihen von
den Euroländern auch zurückgezahlt werden. Würde ein Land ausfallen, müssten alle anderen
Länder dafür einstehen, dass die Gläubiger dieses Landes befriedigt werden.
Davon zu unterscheiden ist der Umstand, dass der ESM zur Erfüllung seiner Aufgaben an den
Kapitalmärkten Kapital aufnehmen darf und Deutschland für diese Kapitalaufnahme mit
seinem Anteil von 27,1464% haftet. Zum einen haftet Deutschland nicht gesamtschuldnerisch
auf die gesamte Summe. Zum anderen ist die Haftung eng begrenzt, da der ESM nur insoweit
Kapital aufnehmen darf, soweit dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. Eine
vergleichbare eng begrenzte Haftung Deutschlands besteht auch in anderen Bereichen, etwa
wenn die EU-Kommission Kredite aufnimmt.
Der ESM darf Geld nicht unmittelbar an Banken geben
Nach Artikel 15 ESMV kann der ESM Darlehen an ein ESM-Mitglied speziell zum Zwecke der
Rekapitalisierung von Banken dieses ESM-Mitglieds gewähren. Wichtig ist dabei, dass das
Darlehen an ein ESM-Mitglied, d. h. an einen ESM-Mitgliedstaat gewährt wird, der das Geld
dann an die entsprechenden Banken weiterreicht. Für die Rückzahlung an den ESM haftet
damit der ESM-Mitgliedstaat.
Eine direkte Rekapitalisierung von Banken, d. h. ohne „Umweg" über den Mitgliedstaat, sieht
der ESM-Vertrag nicht vor. Die Staats- und Regierungschefs der Eurozone haben dies für die
Zukunft jedoch nicht ausgeschlossen, wenn eine Zusammenführung von Haftung und
Kontrolle durch die Einführung einer europäischen Bankenaufsicht gewährleistet ist. Die
Einführung einer direkten Bankenrekapitalisierung würde zumindest eine Änderung der ESMInstrumente
nach Artikel 19 ESMV erfordern, was einen einstimmigen Beschluss im
Gouverneursrat voraussetzt (Artikel 5 Absatz 5 i ESMV). Vor einer Zustimmung müsste
zunächst der Bundesfinanzminister als deutscher Gouverneur durch ein vom Deutschen
Bundestag beschlossenes Bundesgesetz hierzu ermächtigt werden (Artikel 2 Absatz 2 des
ESM-Ratifizierungsgesetz). Auch über die Einführung eines neuen Instruments zur direkten
Rekapitalisierung von Banken können aber die in den Artikeln 12 und 13 ESMV niedergelegten
grundlegenden Prinzipien des ESM nicht abgeändert werden. Es bleibt somit dabei,
dass der jeweilige ESM-Mitgliedstaat für die Rückzahlung der Finanzhilfe haftet.
Immunität und berufliche Verschwiegenheit der ESM-Mitarbeiter sind gerechtfertigt
Nach Artikel 35 ESMV genießen die Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder des
Gouverneursrates, die Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder des Direktoriums, der
Geschäftsführende Direktor sowie die anderen Bediensteten des ESM Immunität von der
Gerichtsbarkeit hinsichtlich ihrer in amtlicher Eigenschaft vorgenommenen Handlungen.
Diese Immunität steht im Einklang mit anderen internationalen Finanzinstitutionen wie dem
IWF und dient dem Schutz des ESM und seiner Anteilseigner. Die Tätigkeit des ESM
beinhaltet äußerst komplexe rechtliche Vorgänge, welche regelmäßig mit erheblichen Risiken
behaftet sind. Durch die Regelungen soll der ESM und sein Vermögen vor unberechtigtem
Zugriff Dritter geschützt werden. Das ist im Interesse der ESM-Mitglieder und damit auch des
deutschen Steuerzahlers. Die persönliche Immunität der Amtsträger und Bediensteten kann
durch den Gouverneursrat des ESM bzw. den Geschäftsführenden Direktor aufgehoben werden.
Dadurch wird Missbrauch entgegengewirkt.
Bei der Vorschrift des Artikel 34 ESMV über die berufliche Verschwiegenheit handelt es sich
ebenfalls um die für solche Organisationen üblichen Regelungen. Die Gouverneure,
Direktoren und Bediensteten des ESM treffen im Rahmen ihrer Tätigkeit auf sensible
Informationen. Es ist sowohl national als auch bei internationalen Organisationen üblich, dass
insoweit eine berufliche Schweigefrist besteht. Durch die Vorschrift wird weder die
haushaltsrechtliche Kontrolle des Bundestages noch die Erfüllung der gesetzlichen
Unterrichtungspflichten seitens der Bundesregierung beeinträchtigt.
Abschließend möchte ich nochmals betonen, dass der ESM ein zentrales und wichtiges
Element in der Strategie der Bundesregierung zur Bewältigung der Eurokrise darstellt.
Weitere Informationen zum ESM enthalten die in der Anlage beigefügten Fragen und
Antworten. Darüber hinaus gibt die Internetseite
www.stabiler-euro.de ausführlich Auskunft. Dort
können Sie unter anderem auch den Text des ESM-Vertrages nachlesen.
Mit freundlichen Grüßen
Steffen Kampeter
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