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Freitag, 7. September 2012

Diese Immunität steht im Einklang mit anderen internationalen Finanzinstitutionen wie dem IWF und dient dem Schutz des ESM und seiner Anteilseigner. Die Tätigkeit des ESM beinhaltet äußerst komplexe rechtliche Vorgänge, welche regelmäßig mit erheblichen Risiken behaftet sind."

Hallo Rolf,

im Anhang ein Brief von MdB Steffen Kampeter, als Antwort auf mein Schreiben bzgl. seines Artikels in der FAZ vom 03.08.2012 zum Thema "Deutsche Haftung für ESM".

Dieser Artikel des Herrn Kampeter war eine Replik auf den Gastbeitrag von Prof. Dr. Stefan Homburg in der FAZ vom 28.07.2012 mit dem Thema "Schuldenkrise - Retten ohne Ende".

Eigentlich war die Replik auf den Homburg-Artikel eher ein Rohrkrepierer, da auf die guten Sachargumente überhaupt nicht eingegangen wurde. Außer Politikersprech ist da nicht viel, der Brief ist die reinste Nebelkerze.
Das war auch der Grund meines Schreibens an Herrn Kampeter. Und offensichtlich war ich wohl nicht der Einzigste, so daß man sich genötigt sah, per ESM-Brief und FAQ-ESM für Schadensbegrenzung zu sorgen.

Wir sind alle zu blöd den ESM-Vertrag zu verstehen - einzig die Bundesregierung versteht ihn richtig. Und alles wird gut, versprochen.

Dieser Satz ist so köstlich, daß ich ihn zitieren muß:

"Diese Immunität steht im Einklang mit anderen internationalen Finanzinstitutionen wie dem IWF und dient dem Schutz des ESM und seiner Anteilseigner. Die Tätigkeit des ESM beinhaltet äußerst komplexe rechtliche Vorgänge, welche regelmäßig mit erheblichen Risiken behaftet sind."

Ich finde, der Brief ist es wert, im Griechenland-Blog veröffentlicht zu werden, damit sich alle ein Bild machen können.

Gruß
 
 
 
Steffen Kampeter MdB

Abgeordneter des Mühlenkreises Minden-Lübbecke

Parlamentarischer Staatssekretär beim

Bundesminister der Finanzen


D-11011 Berlin


Platz der Republik 1

Telefon: 030 - 227-79 495

Telefax: 030 - 227-76 799

e-Mail: steffen.kampeter@bundestag.de

Homepage: www.kampeter.de


D-32427 Minden


Marienglacis 35

Telefon: 0571 - 508 322

Telefax: 0571 - 508 230


6. September 2012 / tm

Betreff: Ihre Eingabe zum Namensbeitrag „Deutsche Haftung für ESM bleibt begrenzt“ in

der Frankfurter Allgemeinen Zeitung



Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für Ihr Schreiben zu meinem am 3. August 2012 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung

erschienen Beitrag zum Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) sowie Ihr Interesse an der

Stabilisierung des Euro. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, einige Aspekte zum ESM richtig zu

stellen, die in der öffentlichen Diskussion manchmal missverständlich, manchmal aber auch bewusst

falsch dargestellt werden.

Ich versichere Ihnen, dass ich großes Verständnis für Ihre Sorgen über die Gefahren und Risiken

der Eurorettungsmaßnahmen habe. Die Währungsunion befindet sich angesichts der

Staatsschuldenkrise in einigen Ländern und der wirtschaftlichen Ungleichgewichte zwischen den

Ländern der Eurozone in einer überaus schwierigen Situation, die nicht nur diese Länder

beeinträchtigt, sondern gleichermaßen die Eurozone und Europa als Ganzes gefährdet.

Rückkehr zur D-Mark ist keine Lösung

Keine Lösung ist dabei aber die von manchen Kommentatoren vorgeschlagene Rückkehr zur DMark.

Diese würde das Ende der Wirtschafts- und Währungsunion bedeuten. Deutschland profitiert

als Exportnation in besonderer Weise vom Europäischen Binnenmarkt und von einer einheitlichen

Währung. Oftmals wird auch unterschlagen, dass der Euro trotz aller Probleme durchaus eine

Erfolgsgeschichte ist. Der Euro ist eine stabile Währung. Die Inflationsrate liegt sogar unter der

Inflationsrate zu Zeiten der D-Mark. Das Statistische Bundesamt hat ermittelt, dass die

Preissteigerung in den 10 Jahren vor der Eurobargeldeinführung mit durchschnittlich jährlich 2,2

Prozent um 0,6 Prozentpunkte höher war als die Preissteigerung in den 10 Jahren nach der

Euroeinführung (1,6 Prozent). Auch im Außenverhältnis ist der Euro eine starke Währung. Bei

seiner Einführung mussten für einen Euro 1,18 US$ bezahlt werden. Aktuell kostet der Euro

ungefähr 1,25 US$ (Stand: 23. August 2012) und der Wert von 1,18 US$ wurde auch während

der Staatsschuldenkrise nie unterschritten. Von einem schwachen Euro kann somit nicht die

Rede sein. Im Gegenteil, das Versprechen, dass der Euro mindestens so stabil sein wird wie

die D-Mark, ist eingelöst worden und die Tradition der D-Mark als stabile Währung wurde und

wird fortgesetzt.

Eine Rückkehr zu nationalen Währungen würde neben einem erheblichen Wirtschaftseinbruch

in Deutschland auch das gesamte Projekt der europäischen Einigung in Frage stellen,

das in den vergangenen 60 Jahren Garant für Sicherheit und Wohlstand in Deutschland war.

Viele Reformen wurden auf den Weg gebracht

Unbestritten ist, dass die aktuellen Probleme einer Lösung bedürfen, um die Eurozone

dauerhaft zukunftsfähig zu machen. Vielfach wird übersehen, dass im Gefolge der Eurokrise bereits

eine Vielzahl von Reformen zur Stärkung der Stabilität der Wirtschafts- und Währungsunion

durchgeführt wurden. Sie dienen dazu, die Wahrscheinlichkeit von Staatsschuldenkrisen und

übermäßigen makroökonomischen Ungleichgewichten und damit auch die Notwendigkeit von

ESM-Nothilfen deutlich zu reduzieren.

Dazu gehören die Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts und das neu geschaffene

Verfahren zur Vermeidung und Korrektur von makroökonomischen Ungleichgewichten. Mit dem

erneuerten Stabilitäts- und Wachstumspakt können Mitgliedstaaten der Währungsunion künftig

früher und schneller mit Sanktionen belegt werden, wenn sie ihre Schuldenstände zu langsam

reduzieren und zu geringe Anstrengungen zum Ausgleich ihrer Haushalte sowie zur Vermeidung und

Rückfiihrung von übermäßigen Defiziten unternehmen. Das Verfahren zur Vermeidung und Korrektur

von makroökonomischen Ungleichgewichten ermöglicht die Sanktionierung von Euro-

Mitgliedstaaten, die nur ungenügende Reformanstrengungen zur Verbesserung ihrer schlechten

Wettbewerbsfähigkeit leisten. Dahinter steckt die Erkenntnis, dass die Eurokrise zu einem großen

Teil von Euro-Mitgliedstaaten verursacht wurden, die eine übermäßige Staatsverschuldung

aufweisen und deren Volkswirtschaften sich durch erhebliche strukturelle Mängel auszeichnen. Ich

verweise ferner auf den von der Bundesregierung durchgesetzten Fiskalpakt, der die

Teilnehmerstaaten zur Verankerung von Schuldenbremsen in ihre nationalen Rechtsordnungen

verpflichtet. Damit wird das deutsche Modell der Schuldenbremse auf den Großteil der EUMitgliedstaaten

übertragen.

ESM als zukünftiges Kriseninstrument

Jedoch haben die Erfahrungen der letzten Jahre gezeigt, dass im Notfall, zur Wahrung der

Finanzstabilität in der Eurozone insgesamt, ein stabilisierendes Kriseninstrumentarium erforderlich

ist. In einer Krisensituation reicht es nicht, ausschließlich auf Marktdisziplinierung zu

setzen, wenn die Finanzstabilität der Eurozone als Ganzes gefährdet ist. Ein solches

Kriseninstrumentarium ist der ESM, der die temporären Instrumente des Euro-Schutzschirms, den

Europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus (EFSM) und die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität

(EFSF), ablösen und durch eine effizientere Organisationsform

ersetzen soll. Die Mitgliedstaaten der Eurozone haben den Vertrag zur Errichtung des ESM

(ESMV) am 2. Februar 2012 unterzeichnet. Er tritt in Kraft, sobald die Ratifikationsurkunden von

Mitgliedstaaten hinterlegt wurden, deren Anteile am anfänglichen Stammkapital des ESM mindestens

90% betragen. Deutschland hat dabei nach Anhang I des ESMV einen Anteil von 27,1464%.

Mit dem ESM wird eine Art „Europäischer Währungsfonds" gegründet. Zweck des ESM ist es,

Finanzmittel auf den Kapitalmärkten zu mobilisieren und diese solchen Mitgliedstaaten zur

Verfügung zu stellen, die in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind. Dabei kann der ESM die

Hilfe über bestimmte Finanzhilfe-Instrumente vergeben (Darlehen, vorsorgliche Finanzhilfen in

Form von Kreditlinien, Finanzhilfen an ein ESM-Mitglied zur Rekapitalisierung von Banken,

Anleihekäufe auf dem Primärmarkt und auf dem Sekundärmarkt). Diese Finanzhilfen basieren

auf einer unabhängigen Schuldentragfähigkeitsanalyse und werden nur unter strikten

wirtschafts- und finanzpolitischen Auflagen gewährt (Prinzip der Konditionalität). Die Hilfen werden

jedoch nur dann geleistet, wenn sie unabdingbar sind, um die Stabilität des Euro-

Währungsgebiets insgesamt zu wahren (Ultima-Ratio-Prinzip).

Der ESM kann Finanzhilfen bis zu 500 Mrd. Euro vergeben. Damit sich der ESM in dieser Höhe

Geld auf den Finanzmärkten beschaffen kann, wird er über ein Stammkapital von 700 Milliarden

Euro verfügen. Dieses gezeichnete Stammkapital teilt sich auf in 80 Milliarden Euro

einzuzahlendes Kapital, das gewissermaßen als Sicherheit vorhanden sein muss, und weitere

620 Milliarden Euro abrufbares Kapital. Die Finanzierungsanteile der einzelnen Mitgliedstaaten

ergeben sich aus ihrem Anteil am Kapital der EZB, mit befristeten Übergangsvorschriften für einige

neue Mitgliedstaaten. Der deutsche Finanzierungsanteil am ESM beträgt entsprechend dem

EZB-Schlüssel 27,1416%. Dies entspricht rund 22 Mrd. Euro eingezahltem und rund 168 Mrd.

Euro abrufbarem Kapital, insgesamt also 190 Mrd. Euro.

Der ESM verfügt über einen Gouverneursrat, gebildet aus den Finanzministern des Euro-

Währungsgebiets, welche die gewählten Regierungen der Euro-Staaten repräsentieren, sowie

über ein Direktorium, in das jedes Mitgliedsland einen Experten im Bereich Wirtschaft und Finanzen

entsendet. Wesentliche Entscheidungen werden durch die Finanzminister der Euro-Staaten im

Gouverneursrat getroffen. Grundlegende Entscheidungen, etwa über die Gewährung einer

Finanzhilfe — einschließlich der damit verbundenen Auflagen, der einsetzbaren Instrumente und

der Finanzierungsbedingungen — werden vom Gouverneursrat einstimmig gefasst. Für besonders

dringliche Entscheidungen über die Gewährung von Finanzhilfen ist ein Eilabstimmungsverfahren

mit einer qualifizierten Mehrheit von 85 % der Kapitalanteile vorgesehen. Über eher

organisatorische und technische Fragen wird mit qualifizierter Mehrheit von 80% entschieden.

Das deutsche Stimmgewicht beträgt entsprechend dem Anteil Deutschlands am ESM-Kapital

27,1464 %. Das Direktorium ist für den laufenden Geschäftsbetrieb zuständig. Soweit bei

Entscheidungen des Gouverneursrates oder des Direktoriums die haushaltspolitische

Gesamtverantwortung des Deutschen Bundestages betroffen ist, darf der deutsche Vertreter in

diesen Gremien einem Beschluss nicht ohne vorherige Zustimmung des Bundestages

zustimmen. Die Einzelheiten sind im ESM-Finanzierungsgesetz geregelt.

Haftung Deutschlands ist auf 190 Mrd. Euro begrenzt

Verschiedentlich wird der Eindruck erweckt, Deutschland hafte über diese 190 Mrd. Euro hinaus

für das gesamte Stammkapital des ESM in Höhe von 700 Mrd. 'Euro. Diese Darstellung ist

falsch. Vielmehr begrenzt Artikel 8 Absatz 5 ESMV die Haftung Deutschlands „unter allen

Umständen" auf seinen Anteil am genehmigten Stammkapital zum Ausgabekurs, d. h. auf die

bereits erwähnten 190 Mrd. Euro (vgl. Artikel 8 Absatz 2 Satz 2 ESMV in Verbindung Artikel 8

Absatz 1 sowie Anhang H.

Diese Begrenzung gilt auch für alle nach dem ESM-Vertrag vorgesehenen Abrufe des abrufbaren

Kapitals. Einen Abruf des genehmigten, noch nicht eingezahlten Kapitals (= abrufbares Kapital)

können nach Artikel 9 Absatz 1 der Gouverneursrat, nach Artikel 9 Absatz 2 das Direktorium zum

Ausgleich von Verlusten oder nach Artikel 9 Absatz 3 der Geschäftsführende Direktor zur

Verhinderung eines Zahlungsausfalls des ESM vornehmen, jeweils unter festgelegten

Bedingungen. Unter allen Umständen können von Deutschland jedoch zusätzlich zu dem

eingezahlten Kapital in Höhe von 22 Mrd. Euro maximal weitere 168 Mrd. Euro abgerufen werden.

Dies gilt auch für so genannte revidierte erhöhte Kapitalabrufe nach Artikel 25 Absatz 2 ESMV.

Diese Bestimmung regelt die Folgen, wenn ein ESM-Mitgliedstaat auf einen Kapitalabruf nach

Artikel 9 Absatz 2 oder Artikel 9 Absatz 3 ESMV keine Einzahlung vornimmt. Dann muss dieser

Betrag vorübergehend von den anderen ESM-Mitgliedern vorgestreckt werden, um

sicherzustellen, dass der ESM die Kapitaleinzahlung in voller Höhe erhält. Auch in diesem Fall

können von Deutschland maximal 168 Mrd. Euro abgerufen werden. Gleichzeitig muss der

Gouverneursrat geeignete Schritte beschließen, um sicherzustellen, dass das säumige ESMMitglied

seine Kapitaleinzahlung nachholt. Er kann auch Strafzinsen auf den überfälligen Betrag

erheben. Sobald die Kapitaleinzahlung durch den säumigen Staat nachgeholt wurde, erhalten

alle anderen Mitgliedstaaten den zu viel entrichteten Betrag zurück.

Die Haftungsobergrenze für die Bundesrepublik Deutschland könnte nur durch eine Erhöhung des

Stammkapitals nach Artikel 10 Absatz 1 ESMV angehoben werden. Hierzu bedürfte es eines

einvernehmlichen Beschlusses des Gouverneursrates sowie eines nationalen

Zustimmungsverfahrens. Nach Artikel 2 Absatz 1 des ESM-Ratifizierungsgesetzes sind

hierfür eine bundesgesetzliche Ermächtigung zur Bereitstellung weiteren Kapitals und nach § 4

Absatz 1 Nr. 2 des ESM-Finanzierungsgesetzes die vorherige Zustimmung des Plenums des

Deutschen Bundestages erforderlich. Ohne eine solche Kapitalerhöhung ist und bleibt die Haftung

der Bundesrepublik Deutschland „unter allen Umständen" und deshalb in allen denkbaren

Fallgestaltungen auf 190 Mrd. Euro beschränkt.

Keine unbegrenzte Haftung aufgrund eines abweichenden Ausgabekurses

Vereinzelt wurde vorgetragen, durch einen vom Nennwert abweichenden Ausgabekurs von ESMKapitalanteilen

könnte die Haftung Deutschlands unbegrenzt erhöht werden, denn Artikel 8

Absatz 5 ESMV spreche vom Kapitalanteil „zum Ausgabekurs". Auch diese Behauptung ist

falsch. Zwar unterscheidet der ESM-Vertrag zwischen „Nennwert" und „Ausgabewert" des ESMStammkapitals.

Der Nennwert eines Kapitalanteils gibt an, in welcher Höhe ein ESM-Mitglied am

Stammkapital beteiligt ist. Der Gesamt-Nennwert aller Kapitalanteile des ESM beträgt mit seiner

Gründung 700 Mrd. Euro, dieses Stammkapital ist aufgeteilt in 80 Mrd. Euro eingezahltes Kapital

und 620 Mrd. Euro abrufbares Kapital.

Artikel 8 Absatz 2 des ESMV sieht im Fall der Ausgabe von sogenannten „anderen Anteilen" (also

über die 700 Mrd. Euro hinaus) vor, dass diese grundsätzlich zum Nennwert ausgegeben werden,

sofern der Gouverneursrat nicht unter besonderen Umständen einvernehmlich eine Ausgabe zu

einem abweichenden Ausgabekurs beschließt. Die Vorschrift betrifft ausschließlich neue Anteile

(vgl. Artikel 5 Absatz 6 Buchst. b ESMV), d. h. über das anfänglich genehmigte Stammkapital

hinausgehende Anteile.

Es handelt sich dabei um eine Standardvorschrift für den Fall von Kapitalerhöhungen, die auch

in den Statut en anderer Internationaler Finanzinstitutionen wie beispielsweise der Europäischen

Bank für Wiederaufbau und Entwicklung enthalten ist. Eine Ausgabe abweichend vom Nennwert

wäre etwa bei einem Beitritt weiterer Staaten zum ESM denkbar. In diesem Fall könnte der

Gouverneursrat beschließen, die von einem beitretenden Staat zu zeichnenden Anteile zu einem

vom Nennwert abweichenden Kurs auszugeben. Dies könnte dann gerechtfertigt sein, wenn der

ESM aufgrund seiner Geschäftstätigkeit Gewinne erzielt hat (z. 13. aufgrund von Zinseinnahmen)

und der wirtschaftliche Wert des ESM und seiner Kapitalanteile damit über dem Nennwert liegt. Da

auch neu beitretende Staaten von dieser Wertsteigerung profitieren würden, sollten sie also für die

einzelnen Anteile mehr als den Nennwert bezahlen. Auch dann würde die Haftung Deutschlands

nicht über 190 Mrd. Euro steigen, da der abweichende Ausgabekurs nur für die Anteile gelten würde,

die von dem neu beitretenden Staat gezeichnet werden.

Der ESM kann sich nicht bei der EZB refinanzieren

Nach Artikel 21 ESMV nimmt der ESM zur Erfüllung seiner Aufgaben, d. h. zur Refinanzierung

von Finanzhilfen an ESM-Mitglieder, Kapital an den Kapitalmärkten auf. Dies erfolgt

grundsätzlich über Anleihen, aber auch über andere Kapitalmarktinstrumente wie z. B.

Kreditlinien bei Geschäftsbanken. Nicht umfasst davon ist die Refinanzierung des ESM bei der

EZB. Dies ergibt sich aus der Leitlinie für Anleiheoperationen, die die Vorschrift des Artikel 21

ESMV konkretisiert und die diese Art von Refinanzierung nicht vorsieht. Auch die EZB selber hält

eine Refinanzierung des ESM bei der EZB nicht für zulässig.

Etwas anderes folgt auch nicht aus Artikel 32 Absatz 9 ESMV, der besagt, dass der ESM von

jeglicher Zulassungs- oder Lizenzierungspflicht befreit ist, die nach nationalem Recht u.a. für

Banken gilt. Diese Norm bestimmt lediglich, dass der ESM nach nationalem Recht keiner

Zulassung als Bank bedarf, um die nach dem ESM-Vertrag vorgesehenen Tätigkeiten (u. a.

Kredite an ESM-Mitglieder zu vergeben) vornehmen zu dürfen. Dabei handelt es sich um eine

Standardvorschrift, die dem Umstand Rechnung trägt, dass der ESM eine durch völkerrechtlichen

Vertrag gegründete internationale Finanzinstitution ist, die typischerweise nicht der

nationalen Bankenaufsicht unterliegen soll. Die Vorschrift bedeutet jedoch nicht, dass der ESM

eine Banklizenz bereits hat und damit Zugang zur EZB-Refinanzierung hätte.

Über den ESM sind keine „Eurobonds" eingeführt worden

Über den ESM sind auch keine Eurobonds eingeführt worden. Unter Eurobonds wird eine

gemeinsame Kapitalaufnahme der Euroländer zu einem einheitlichen Zinssatz verstanden,

wobei alle Euroländer dann gesamtschuldnerisch dafür haften, dass die Staatsanleihen von

den Euroländern auch zurückgezahlt werden. Würde ein Land ausfallen, müssten alle anderen

Länder dafür einstehen, dass die Gläubiger dieses Landes befriedigt werden.

Davon zu unterscheiden ist der Umstand, dass der ESM zur Erfüllung seiner Aufgaben an den

Kapitalmärkten Kapital aufnehmen darf und Deutschland für diese Kapitalaufnahme mit

seinem Anteil von 27,1464% haftet. Zum einen haftet Deutschland nicht gesamtschuldnerisch

auf die gesamte Summe. Zum anderen ist die Haftung eng begrenzt, da der ESM nur insoweit

Kapital aufnehmen darf, soweit dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. Eine

vergleichbare eng begrenzte Haftung Deutschlands besteht auch in anderen Bereichen, etwa

wenn die EU-Kommission Kredite aufnimmt.

Der ESM darf Geld nicht unmittelbar an Banken geben

Nach Artikel 15 ESMV kann der ESM Darlehen an ein ESM-Mitglied speziell zum Zwecke der

Rekapitalisierung von Banken dieses ESM-Mitglieds gewähren. Wichtig ist dabei, dass das

Darlehen an ein ESM-Mitglied, d. h. an einen ESM-Mitgliedstaat gewährt wird, der das Geld

dann an die entsprechenden Banken weiterreicht. Für die Rückzahlung an den ESM haftet

damit der ESM-Mitgliedstaat.

Eine direkte Rekapitalisierung von Banken, d. h. ohne „Umweg" über den Mitgliedstaat, sieht

der ESM-Vertrag nicht vor. Die Staats- und Regierungschefs der Eurozone haben dies für die

Zukunft jedoch nicht ausgeschlossen, wenn eine Zusammenführung von Haftung und

Kontrolle durch die Einführung einer europäischen Bankenaufsicht gewährleistet ist. Die

Einführung einer direkten Bankenrekapitalisierung würde zumindest eine Änderung der ESMInstrumente

nach Artikel 19 ESMV erfordern, was einen einstimmigen Beschluss im

Gouverneursrat voraussetzt (Artikel 5 Absatz 5 i ESMV). Vor einer Zustimmung müsste

zunächst der Bundesfinanzminister als deutscher Gouverneur durch ein vom Deutschen

Bundestag beschlossenes Bundesgesetz hierzu ermächtigt werden (Artikel 2 Absatz 2 des

ESM-Ratifizierungsgesetz). Auch über die Einführung eines neuen Instruments zur direkten

Rekapitalisierung von Banken können aber die in den Artikeln 12 und 13 ESMV niedergelegten

grundlegenden Prinzipien des ESM nicht abgeändert werden. Es bleibt somit dabei,

dass der jeweilige ESM-Mitgliedstaat für die Rückzahlung der Finanzhilfe haftet.

Immunität und berufliche Verschwiegenheit der ESM-Mitarbeiter sind gerechtfertigt

Nach Artikel 35 ESMV genießen die Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder des

Gouverneursrates, die Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder des Direktoriums, der

Geschäftsführende Direktor sowie die anderen Bediensteten des ESM Immunität von der

Gerichtsbarkeit hinsichtlich ihrer in amtlicher Eigenschaft vorgenommenen Handlungen.

Diese Immunität steht im Einklang mit anderen internationalen Finanzinstitutionen wie dem

IWF und dient dem Schutz des ESM und seiner Anteilseigner. Die Tätigkeit des ESM

beinhaltet äußerst komplexe rechtliche Vorgänge, welche regelmäßig mit erheblichen Risiken

behaftet sind. Durch die Regelungen soll der ESM und sein Vermögen vor unberechtigtem

Zugriff Dritter geschützt werden. Das ist im Interesse der ESM-Mitglieder und damit auch des

deutschen Steuerzahlers. Die persönliche Immunität der Amtsträger und Bediensteten kann

durch den Gouverneursrat des ESM bzw. den Geschäftsführenden Direktor aufgehoben werden.

Dadurch wird Missbrauch entgegengewirkt.

Bei der Vorschrift des Artikel 34 ESMV über die berufliche Verschwiegenheit handelt es sich

ebenfalls um die für solche Organisationen üblichen Regelungen. Die Gouverneure,

Direktoren und Bediensteten des ESM treffen im Rahmen ihrer Tätigkeit auf sensible

Informationen. Es ist sowohl national als auch bei internationalen Organisationen üblich, dass

insoweit eine berufliche Schweigefrist besteht. Durch die Vorschrift wird weder die

haushaltsrechtliche Kontrolle des Bundestages noch die Erfüllung der gesetzlichen

Unterrichtungspflichten seitens der Bundesregierung beeinträchtigt.

Abschließend möchte ich nochmals betonen, dass der ESM ein zentrales und wichtiges

Element in der Strategie der Bundesregierung zur Bewältigung der Eurokrise darstellt.

Weitere Informationen zum ESM enthalten die in der Anlage beigefügten Fragen und

Antworten. Darüber hinaus gibt die Internetseite

www.stabiler-euro.de ausführlich Auskunft. Dort

können Sie unter anderem auch den Text des ESM-Vertrages nachlesen.

Mit freundlichen Grüßen

Steffen Kampeter

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