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Samstag, 8. September 2012

Troika wieder in Athen

Verhandlungen über Reformprogramm

Troika wieder in Athen

Wirtschaftsnachrichten
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Die Sparbeschlüsse der Regierung haben in der Bevölkerung Proteststürme entfacht.
Die Sparbeschlüsse der Regierung haben in der Bevölkerung Proteststürme entfacht. (Bild: Keystone / AP / Thanassis Stavrakis)
Die Troika und Griechenland verhandeln in den kommenden Tagen über das Reformprogramm Griechenlands, das mit Blick auf die Weiterfinanzierung des Landes von vitaler Bedeutung ist.
Panagis Galiatsatos, Athen
Die Inspektoren der Troika sind am Freitag wieder in Athen eingetroffen. Es handelt sich um den abschliessenden Besuch vor der Erstellung des Berichtes, aufgrund dessen die Entscheidungen über die Weiterfinanzierung Griechenlands getroffen werden sollen. Der Troika-Bericht soll an der Sitzung der Euro-Gruppe in Nikosia am 14. September besprochen werden.

Arbeitsplatzabbau im Fokus

Die Expertengruppen der Troika führen bereits seit zehn Tagen Inspektionen vor Ort durch. Über die Ergebnisse dieser Untersuchungen werden die Inspektoren am Samstag unterrichtet. Am Sonntag werden sie vom Finanzminister Jannis Stournaras empfangen, Montag ist ein Treffen mit Ministerpräsident Antonis Samaras angesetzt. Im Mittelpunkt der Gespräche werden die Einsparungen in Höhe von 11,6 Mrd. € stehen, die die griechische Regierung jüngst beschlossen hat. Laut Informationen soll die Troika Zweifel über die Ergiebigkeit von diversen Massnahmen in Höhe von etwa 2 Mrd. € angemeldet haben. Allenfalls muss das Finanzministerium somit Alternativvorschläge ausarbeiten, die höhere Einsparungen im Renten-Etat zur Folge hätten.
In dieser Hinsicht stellt der staatliche Personalabbau ebenfalls einen wichtigen Punkt dar. Denn die Regierung rechnet damit, 750 Mio. € aus der Kürzung der Betriebskosten des Staates einzusparen, die Troika aber hält diese Einsparungen nur dann für glaubwürdig, wenn sie vom umfangreichen Personalabbau flankiert würden. Die Regierung hat deshalb einen neuen Arbeitsreserve-Plan erarbeitet, der 40 000 Angestellte im öffentlichen Bereich betrifft. Dieser wird von der Troika infrage gestellt, und deshalb ist im Programm der Inspektoren auch ein Treffen mit dem zuständigen Minister Antonis Maniatakis vorgesehen.
Bei den Privatisierungen ist wenig geschehen. Die Privatisierungsbehörde Taiped war in den letzten zwei Monaten führungslos. Die Regierung konnte zwar eine neue Führung nominieren. Es gelang ihr aber nicht, sich durchzusetzen, weil sie nicht über die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament verfügte. Stournaras löste das Problem, indem er das Gründungsgesetz der Privatisierungsbehörde per Ministerial-Dekret änderte. Ebenfalls per Ministerial-Dekret unternahm er punkto Privatisierungen einen für griechische Verhältnisse revolutionären Schritt. Er schaffte die Bestimmungen über den Mindestanteil des Staates an den öffentlichen Unternehmen ab: Nun können sie zu 100% privatisiert werden.
Die Wettbewerbsfähigkeit Griechenlands ist für die Troika ein sehr wichtiges Feld, und deshalb drängt sie auf eine weitere Senkung der Löhne im Privatsektor. In diesem Zusammenhang sorgte eine E-Mail der Troika, die für eine weitere Revision der Mindestlöhne plädierte und die Wiedereinführung der Sechstagewoche in Aussicht stellte, für grosse Aufregung. Die weitere Flexibilisierung des Arbeitsmarktes wird ebenfalls im Mittelpunkt der geplanten Gespräche stehen.

Protestierende Bevölkerung

Die Sparbeschlüsse der Regierung haben in der Bevölkerung einmal mehr einen Proteststurm entfacht. Richter, Ärzte, Polizisten, Feuerwehrleute, Militärs sind bereits auf den Strassen, und die Universitäten werden in der kommenden Woche in den Streik treten. Grosse Streiks sind heute in Thessaloniki mit Blick auf die Eröffnung der internationalen Messe geplant.
Die vorgesehenen Einsparungen erfolgen inmitten einer tiefen Rezession. Die Arbeitslosigkeit hat im Juni die Rekordmarke von 24,4% erreicht, jeder vierte Grieche ist arbeitslos. Allerdings gibt es auch ermutigende Nachrichten. Laut vorläufigen Angaben des Finanzministeriums verzeichneten die Einnahmen aus der Einkommenssteuer im August einen Zuwachs von 85%. Dadurch wurde der Rückstand, den die Steuereinnahmen zum Vorjahr aufwiesen, im Zeitraum Januar bis August auf 0,5% beschränkt. Auch die grösste Sozialversicherungsanstalt konnte ihre Einnahmen im August um 8% erhöhen. Das Finanzministerium ging erstmals energisch und hart gegen die Steuerhinterziehung vor. Die Steuerfahndung beschlagnahmte die Konten, Häuser, Autos, Aktien und Anlagen von 121 überführten Steuersündern.

http://www.nzz.ch/aktuell/wirtschaft/wirtschaftsnachrichten/troika-wieder-in-athen-1.17580518

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