Die beiden wichtigsten Geldgeber streiten sich offen über die Frage, bis wann Griechenland seine Schulden auf ein “tragfähiges” Niveau senken muss. Das Rettungsteam steht vor einer Zerreißprobe.
Die beiden wichtigsten Geldgeber streiten sich offen über die Frage, bis wann Griechenland seine Schulden auf ein “tragfähiges” Niveau senken muss. Das Rettungsteam steht vor einer Zerreißprobe.
“Es gibt Unterschiede zwischen uns.” Euro-Gruppenchef Juncker und IWF-Chefin Lagarde in Brüssel.Quelle: AFP
BrüsselDer Internationale Währungsfonds und die Euro-Zone waren beim Management der Euro-Schuldenkrise bislang ein gutes Team. Es gab zwar schon den einen oder anderen Dissens zwischen dem Fonds in Washington und der Europäischen Währungsunion.
Doch bislang legte man Wert darauf, Meinungsverschiedenheiten vor der Öffentlichkeit zu verbergen. Das änderte sich schlagartig in der Nacht zum Dienstag. Es war kurz vor Mitternacht als es zum Showdown kam zwischen Euro-Gruppenchef Jean Claude Juncker und IWF-Direktorin Christine Lagarde.
Bis wann muss Griechenland seine Staatsverschuldung auf ein tragfähiges Niveau - nämlich auf 120 Prozent der Wirtschaftsleistung - senken? Diese Frage haben Lagarde und Juncker widersprüchlich beantwortet - und das gleich mehrfach hintereinander. Laut Juncker müssen es die Griechen erst bis 2022 schaffen, laut Lagarde dagegen schon bis 2020. Als Juncker das Datum 2022 zum zweiten Mal nannte, verzog Lagarde das Gesicht zu einem ironischen Lächeln. “Es gibt Unterschiede zwischen uns”, gab sie nach Ende der Pressekonferenz zu Protokoll.
Der Vorfall zeigt, dass die Griechenland-Retter vor einer bislang nicht dagewesenen Zerreißprobe stehen. Beim IWF gelten strenge Regeln für die Kreditvergabe. Und eine der wichtigsten Regeln lautet: Der Fonds leistet nur Hilfe zur Selbsthilfe. Es muss absehbar sein, wann sich ein Land sich wieder eigenständig ohne IWF-Kredite an den Märkten finanzieren kann. Dieser Zeitpunkt ist für Griechenland in allzu weite Ferne gerückt.
Die Euro-Zone müsse dem Land einen Teil der Schulden erlassen, damit das Land bis 2020 wieder auf die Beine kommen kann, verlangt der IWF. Genau das könnte die Währungsunion jedoch in ihre bislang schwerste politische Existenzkrise stürzen. Ein Forderungsverzicht in Griechenland ist höchst unpopulär.
Die Regierungen haben es bislang versäumt, ihre Bevölkerung auf so einen Schritt vorzubereiten. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble schloss einen Schuldenschnitt auf Kosten des Bundeshaushalts sogar kategorisch aus. Kein einziger Euro-Staat hat bislang erkennen lassen, dass er zu einem Schuldenerlass für Griechenland bereit wäre.
Diese Haltung mag politisch nachvollziehbar sein. Ökonomisch vernünftig ist sie aber nicht. Der IWF hat recht: Griechenlands Schuldenlast ist zu schwer geworden. Die Euro-Zone muss einen Teil der Kredite an Hellas abschreiben.
Sonst wird das Land zum Mezzogiorno der Währungsunion und benötigt immer wieder neue Kredite, um die alten abzulösen, wobei der Schuldenberg immer höher wird. Diesen Teufelskreis gilt es zu durchbrechen. Besser ein teures Ende mit Schrecken als ein teurer Schrecken ohne Ende. Der IWF hat das erkannt. Die Euro-Zone muss es offenbar noch lernen.
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