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Samstag, 24. November 2012

„Es ist einfach nicht glaubwürdig zu sagen, es hätte noch etwas mit Geldpolitik zu tun, wenn sich die griechische Regierung notwendiges Geld mit Hilfe von kurzlaufenden Staatspapieren bei griechischen Banken beschafft, die diese Papiere an die EZB weiterreichen und sich damit refinanzieren.“ Diese „Methode der indirekten Kreditgewährung durch die EZB“ sei „so nahe an einer monetären Finanzierung von staatlichen Defiziten, wie dies nur möglich ist“


9-Milliarden-OfferteKritik an Griechenland-Hilfsangebot der EZB

 ·  Der Plan, die Finanzierungslücke im zweiten Hilfspaket für Griechenland vor allem mit Hilfe der Europäischen Zentralbank zu schließen, stößt auf Widerspruch. Ökonomen warnen vor Staatsfinanzierung.
Deutsche Ökonomen und Politiker äußern sich kritisch über die Verlängerung einer Maßnahme, die eigentlich nur als Zwischenfinanzierung gedacht war und nun wohl 9 Milliarden Euro zur Finanzierung Griechenlands beitragen soll.
Der Makroökonom Ansgar Belke von der Universität Duisburg-Essen sagte, es sei „insgesamt offensichtliche Staatsfinanzierung“. „Die EZB bricht ihre eigenen Regeln und verliert dadurch den letzten Funken an Vertrauen“, urteilte der FDP-Politiker Frank Schäffler gegenüber der F.A.Z. Unionsfraktionsvize Michael Meister verwies dagegen auf die Unabhängigkeit der EZB, der er sein Vertrauen aussprach. Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Carsten Schneider, warf der Koalition im Bundestag vor, die Unabhängigkeit der EZB geopfert zu haben. „Wenn Sie in der Euro-Gruppe verabreden wollen, dass die EZB über einen Dispokredit mehr oder weniger dauerhaft in die Staatsfinanzierung Griechenlands eintritt, sollten Sie nie wieder über Inflationsbekämpfung, Stabilitätspolitik und Unabhängigkeit der Geldpolitik reden.“
Im August hatte die EZB überraschend das Limit für griechische kurzlaufende Anleihen (T-Bills), die als Sicherheiten für Notkredite im ELA-Programm akzeptiert werden (Emergency Liquidity Assistance), von 3 auf 7 Milliarden erhöht und damit Griechenland eine Zwischenfinanzierung ermöglicht. In der vergangenen Woche wurde dieser Schritt wie geplant zurückgenommen. Doch nun zeichnet sich eine abermalige Erhöhung ab, allerdings möglicherweise an anderer Stelle. Denn die EZB könnte - anders als von vielen Beobachtern vermutet - nicht die Obergrenze für T-Bills erhöhen, sondern stattdessen andere Wertpapiere zur Beleihung zulassen. Als Käufer neuer Staatstitel kommen fast nur griechische Banken in Frage, die sich das nur leisten können, wenn sie die Schuldtitel bei der Zentralbank beleihen dürfen. Dazu gebe es keinen Beschluss des Rates, hießt es bei der EZB. Andere Stimmen sagten jedoch, ein Entgegenkommen der Zentralbank könne sinnvoll sein, weil das Hilfsprogramm eine Rekapitalisierung der griechischen Banken enthalte. Die griechischen Banken würden dadurch wieder kreditwürdig und weniger angewiesen auf die Notkredite der EZB.
Wie Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nach der Sitzung der Eurogruppe am Mittwoch den Bundestags-Fraktionen berichtete, hatte die EZB angeboten, 9 Milliarden Euro zur Schließung der Finanzierungslücke von insgesamt 14 Milliarden Euro beizutragen. „Die EZB holt 9 Milliarden Euro T-Bills aus der Notenpresse wie der Zauberer das Kaninchen aus dem Hut“, sagte der FDP-Politiker Schäffler. Unionsfraktionsvize Michael Meister sagte demgegenüber nur, die Koalition stehe zur Unabhängigkeit der EZB in ihren geldpolitischen Entscheidungen. „Die EZB muss genau schauen, dass sie sich innerhalb ihres Status bewegt“, mahnte er. Dies habe sie bisher gemacht, und er sei überzeugt, dass sie auch künftig korrekt vorgehen werde.
Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, David Folkerts-Landau, zeigte wenig Zurückhaltung: „Es ist einfach nicht glaubwürdig zu sagen, es hätte noch etwas mit Geldpolitik zu tun, wenn sich die griechische Regierung notwendiges Geld mit Hilfe von kurzlaufenden Staatspapieren bei griechischen Banken beschafft, die diese Papiere an die EZB weiterreichen und sich damit refinanzieren.“ Diese „Methode der indirekten Kreditgewährung durch die EZB“ sei „so nahe an einer monetären Finanzierung von staatlichen Defiziten, wie dies nur möglich ist“. Da die EZB aber erklärt habe, alles zu tun, um den Euro zu retten, gerate sie unter politischen Zugzwang. Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, schlug in dieselbe Kerbe: „Die EZB finanziert faktisch einen Teil der griechischen Staatsausgaben mit der Notenpresse.“

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